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Verschollen

Titel: Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Smedberg
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es leicht gewesen und in wenigen Sekunden überstanden. Er erinnerte sich an den gurgelnden Laut, als das Messer die Kehle durchschnitt und der Kopf nach vorne kippte. Er ließ sie zu Boden sinken und stach mehrmals in den Brustkorb, ohne ihr dabei ins Gesicht zu sehen.
    Er wollte sicher sein. Wollte nicht, dass sie ihn noch einmal ansehen konnte, wollte ihrem Blick nicht begegnen.
    Dede hatte die ganze Zeit einige Schritte entfernt gestanden. Er versuchte, ihren Gesichtsausdruck zu deuten. Einen Augenblick lang hatte er gedacht, in ihren Augen läge Ekel. Aber dann erkannte er, dass er sich geirrt hatte. Ihr Blick war leer, sie hatte nichts gesehen. Sie sah auch ihn nicht. Er hätte genauso gut nicht dort sein können.

2
    Wenn man dem Telefonbuch glauben durfte, gab es nicht nur einen Bengt Andersson. Es gab Hunderte davon, allein in der Stockholmer Gegend. Und darunter befand sich auch der Besitzer jenes inzwischen abgeschalteten Anschlusses, den er sich einst notiert hatte. Bengt Andersson war mit der im Telefonbuch angegebenen Adresse noch polizeilich gemeldet. Über einen Kontakt beim Finanzamt war es ihm gelungen, seine Sozialversicherungsnummer sowie Angaben zu seiner Steuererklärung herauszubekommen.
    Nielsen starrte eine Weile auf die Angaben vor sich. Bengt Andersson, geboren 1950, selbstständiger Unternehmer - Vertreter, wofür, ging daraus nicht hervor. Sein Einkommen war erstaunlich gering, stellte er fest. Zumindest das angeführte. Aber vielleicht irrte er sich auch, dachte er. Womöglich hatte er es hier mit einem rechtschaffenen, aber nicht besonders erfolgreichen Unternehmer zu tun. Offensichtlich allein stehend. Und noch lebendig, zumindest laut Einwohnermeldeamt. Auch wenn er telefonisch nicht erreichbar war.
    Nielsen war drei Tage lang zu Hause gewesen. In erster Linie hatte er die Zeit genutzt, um zwei Artikel abzuschließen, die er schon letzten Monat hätte einreichen sollen. Er schrieb ununterbrochen, ohne sich besonders in die Materie zu vertiefen. Gleichzeitig dachte er über eine Fortsetzung seines Anna-Greta-Sjödin-Artikels nach. Es war nichts Neues geschehen. Zwei kurze Telefonate mit Ivarsson hatten nur bestätigt, was bereits vorher bekannt gewesen war. Die beiden anderen Leichen waren noch immer nicht identifiziert worden. Weitere Ermittlungen hatten vor allem deshalb keine so große Dringlichkeit, da man mit größter Wahrscheinlichkeit davon ausgehen konnte, dass diese Taten mehr als fünfundzwanzig Jahre zurücklagen. Auch bezüglich des Unbekannten im Kahlschlag hatten sich keine weiterführenden Neuigkeiten ergeben. Und Kennet Eriksson hatte auch noch nichts von sich hören lassen.
    Olle Ivarsson antwortete einsilbig, wirkte bei den Telefonaten so, als würde er sie am liebsten umgehend beenden. Seine Stimme war irritiert und gleichzeitig unkonzentriert, als denke er an etwas vollkommen anderes.
    »Werden Sie sich melden, wenn sich etwas Neues ergibt?«, hatte Nielsen gefragt.
    »Finden Sie nicht, dass schon genug passiert ist?«, erwiderte Ivarsson mürrisch. »Außerdem bin ich kein verdammter Pressesekretär.«
    Er hielt einen Moment inne, ehe er mit einem Seufzer fortfuhr.
    »Ja, ja, schon gut. Wenn es etwas ist, was wir herausgeben dürfen. Und wenn ich Lust dazu habe.«
    Nielsen schüttelte ärgerlich den Kopf, nachdem er aufgelegt hatte. Olle Ivarssons Stimmungswechsel begannen ihm auf die Nerven zu gehen. Er hatte etwas von einer Primadonna oder von einem verzogenen Kind an sich. Und er war jemand, den man auf jeden Fall bei guter Laune halten musste und dem man nicht auf die Zehen treten durfte. Und beides beherrschte er nicht gerade mit Bravour.
    Tjarrko knurrte im Flur, wo er dicht an die Haustür gedrückt lag. Dann drehte er sich auf den Rücken und lag eine Weile schamlos mit gespreizten Beinen da, ehe er mit einem Mal zusammenzuckte, aufsprang und auffordernd bellte. Nielsen schnappte sich seine Jacke, öffnete die Tür, ließ den Hund hinaus und folgte ihm.
    Es war ein milder, wolkenverhangener Tag. Draußen war es wieder wärmer geworden. Etwas trügerisch Frühlingshaftes lag in der Luft, zu dem die Dunkelheit, die immer früher einsetzte, nicht passte. Der Waldrand auf der anderen Seite des Flusses wirkte bereits jetzt, gegen vier Uhr, unscharf und unwegsam.
    Der Hund schnüffelte konzentriert an der Treppe, wie er es schon die letzten Tage getan hatte. Er bellte ein paar Mal, als würde er ihm etwas mitteilen wollen. Dann schüttelte er sich und kam hinter

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