Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verschwiegen: Thriller (German Edition)

Verschwiegen: Thriller (German Edition)

Titel: Verschwiegen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Landay
Vom Netzwerk:
Zündflamme.
    Wir gingen den kleinen Hügel zur Schule hinauf auf das Gebäude zu.
    Jacob latschte zwischen uns. Er trug eine verwaschene braune Kapuzenjacke, Jeans, die an ihm herunterhingen, und Markenturnschuhe. Seinen Rucksack hatte er über eine Schulter geworfen. Sein Haar war etwas zu lang. Es hing ihm über die Ohren und verdeckte seine Stirn bis über die Augenbrauen. Ein Junge mit mehr Mut hätte dieses Erscheinungsbild auf die Spitze getrieben und sich als Goth oder Hipster oder irgendeine andere Ikone präsentiert, doch war das nicht Jacobs Art. Er wagte nicht mehr als einen Hinweis auf sein Unangepasstsein. Er lächelte leicht und etwas verwundert. Anscheinend gefiel ihm die ganze Aufregung, die auf jeden Fall die Langeweile des Schulalltags durchbrach.
    Als wir den Gehsteig gegenüber der Schule erreicht hatten, nahm uns eine Gruppe von Müttern in Empfang, deren Kinder alle mit Jacob in einer Klasse waren. Die Energischste, Lebhafteste und natürliche Anführerin der Gruppe war Toby Lanzman, der ich anlässlich der Schiwa bei den Rifkins begegnet war. Sie trug eine glänzende schwarze Trainingshose, ein eng sitzendes T-Shirt und eine Baseballmütze, durch deren Loch sie ihren Pferdeschwanz gezogen hatte. Toby war fitnesssüchtig. Ihr schlanker Körper und das magere Gesicht verrieten ihre Leidenschaft für das Joggen. Auf die Väter wirkte ihre Durchtrainiertheit zugleich aufregend und einschüchternd, auf jeden Fall wirkte sie belebend. Meiner Meinung nach war sie die herausragendste Persönlichkeit hier. Sie war genau die Freundin, die man in einer schwierigen Situation zur Seite haben möchte. Jemand, der zu einem hält.
    Während Toby die Gruppe von Müttern anführte, war Laurie ihr emotionales Zentrum – ihr Herz und vermutlich auch ihr Verstand. Laurie war jedermanns Vertraute. Wenn irgendetwas schieflief, wenn eine von ihnen ihren Job verlor oder der Ehemann auf Abwege geriet oder ein Kind in der Schule Probleme hatte, wandte man sich an Laurie. Zweifellos fühlten sie sich von der gleichen Eigenschaft angezogen wie ich: Laurie besaß Empathie, eine warmherzige Intelligenz. Manchmal überkam mich das unbestimmte Gefühl, dass diese Frauen meine Rivalinnen waren, dass sie genau das Gleiche von ihr wollten wie ich (Zuwendung, Liebe). Und als ich sie so versammelt sah, gleichsam als Abbild einer Familie, mit Toby in der Rolle des gestrengen Vaters und Laurie als warmherzige Mutter, konnte ich nicht umhin, mich ein wenig eifersüchtig und ausgeschlossen zu fühlen.
    Toby nahm uns in den kleinen Kreis auf dem Gehsteig auf und begrüßte jeden von uns dreien nach einem Protokoll, das ich niemals ganz verstanden habe: für Laurie eine Umarmung, einen Kuss auf die Wange für mich – mwah , flüsterte sie in mein Ohr – und einfaches Hallo für Jacob. »Ist das alles nicht furchtbar?« Sie seufzte.
    »Ich stehe unter Schock«, gestand Laurie, froh, sich im Kreis ihrer Freundinnen zu befinden. »Ich komme damit nicht klar. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.« Ihr Gesicht drückte mehr Verwirrung als Trauer aus. Sie vermisste in dem Geschehen jeden Sinn.
    »Und du, Jacob?« Toby wandte ihren Blick Jacob zu, fest entschlossen, den Altersunterschied zu überspielen. »Wie geht’s dir?«
    Jacob zuckte mit den Schultern. »Gut.«
    »Wieder bereit für die Schule?«
    Er ging über die Frage mit einem weiteren, noch ausgiebigeren Schulterzucken hinweg – er zog die Schultern ganz weit nach oben und ließ sie dann einfach fallen –, um ihr zu zeigen, dass ihm klar war, dass sie ihn wie einen kleinen Jungen behandelte.
    »Du machst dich besser auf den Weg, Jake, sonst kommst du zu spät. Du musst auch noch durch die Sicherheitskontrollen, vergiss das nicht«, mahnte ich.
    »Okay, alles klar.« Jacob verdrehte die Augen, als ob diese ganze Aufregung um die Sicherheit der Kinder nichts als ein weiterer Beweis für die unendliche Dummheit der Erwachsenen wäre. Hatten die denn nicht begriffen, dass es dafür längst zu spät war?
    »Jetzt geh schon«, forderte ich ihn mit einem verständnisvollen Lächeln auf.
    »Keine Waffen, keine scharfen Gegenstände?«, feixte Toby. Sie zitierte eine Anweisung der Schulleitung, die per E-Mail herausgegangen war und verschiedene neue Sicherheitsmaßnahmen für die Schule aufführte.
    Mit seinem Daumen zog Jacob seinen Rucksack ein paar Zentimeter von der Schulter. »Nur Bücher.«
    »Alles klar. Und jetzt los, lern was.«
    Jacob winkte den Erwachsenen zu, die ihm

Weitere Kostenlose Bücher