Verschwörung beim Heurigen
eingereicht sein.«
Schau an, dachte Johanna, sie würden sich beeilen müssen, doch dann stutzte sie beim weiteren Blättern in der Suchmaschine.
Da war von Skandalen wegen fahrlässiger Kreditvergabe die Rede. Und wie bei Banken üblich, die mit dem Geld der Steuerzahler
›hantierten‹, »wirtschaften« wäre zu positiv gewesen, hatte üblicherweise nur der Steuerzahler Konsequenzen tragen müssen.
Johanna fand auch den Bericht des Rechnungshofes:
»Das Land Burgenland wird ... eine Gesamtbelastung von
rd.
658
Mill.
EUR
in den Jahren
2004
bis
2025
zu tragen haben.
Diese könnte unter für das Land ungünstigen Zinsentwicklungen
auf insgesamt rd.
728
Mill.
EUR
ansteigen.«
Und noch eine Meldung kam hinzu: »
Die vom Land am
16
. Dezember
2004
beschlossenen Strukturmaßnahmen waren für die Fortführung
der Bank notwendig und werden zu einer voraussichtlichen
Belastung des Landes von rd.
86
Mill.
EUR
führen.«
Da hatten Manager wieder einmal mit öffentlichen Geldern gezockt – einige hatten gewonnen, die Steuerzahler in jedem Fall
verloren. Johanna lehnte sich zurück und starrte aus dem Fenster. Sie musste ernsthaft prüfen, ob sie mit diesem Anwalt gut
beraten waren und sich auf ihn einlassen sollten. Das Internet war eine Fundgrube: Der frühere Bankdirektor, verantwortlich
für gescheiterte Geschäfte, wurde keineswegs zur Wiedergutmachung des Schadens herangezogen, sondern erhielt sogar noch 400 000 Euro Abfindung und war prompt zur Wiener Sparkasse gewechselt.
Wurde Österreich deshalb als »die Insel der Seligen« bezeichnet? Jetzt sollte die Bank verkauft werden – sicher zu |253| besonders günstigen Konditionen an Politikerfreunde. Das muss kein Hinderungsgrund für uns sein, dachte Johanna, solange auch
wir zu den Freunden gehören. Soll sich Wollknecht drum kümmern, aber kontrollieren müssen wir ihn auf jeden Fall. Nur was
lief zwischen Hansi und Wollknecht? Wem würde Hansi mehr vertrauen – ihr oder dem Anwalt?
Sicher war es Neugier gewesen, die Johanna den Namen Maria Sandhofer hatte eingeben lassen. Als sie die Homepage der Kellerei
vor sich sah, konnte sie nicht mehr zurück. Sollte sie mal vorbeifahren und sich den Schauplatz selbst ansehen? Als Touristin
konnte sie um eine Führung bitten –»Besichtigung und Weinprobe nach Anmeldung« stand da.
Der Internetauftritt war übersichtlich und informativ ohne unnötige Spielereien. Es gab Bilder der Kellerei, der Familie und
ihrer Geschichte, man gewann eine Vorstellung; die Arbeitsabläufe im Weinberg waren geschildert wie auch die Tätigkeit der
Winzerin im Weinkeller. Das Ganze war eindeutig auf ihre Person hin orientiert, der Vater blieb schemenhaft. Diese Maria musste
erfolgreich gewesen sein, viele Weine waren ausgezeichnet worden. Unter der Rubrik Freundinnen und Freunde fand Johanna Fotos
und Pressemeldungen über Die Sieben. Das waren also die Weiber, mit denen Carl sich die Zeit vertrieb, dachte sie eifersüchtig
und fühlte sich mal wieder ausgeschlossen.
Freundinnen – seit Environment Consult war alles in die Brüche gegangen, zu viel Arbeit ... keine Zeit ... Geschäftsreisen ... nicht zuletzt die bornierten Meinungsverschiedenheiten. So sah es Johanna. Es gab Fotos von Maria Sandhofer mit Kollegen
vor Kellereien, beim Verkosten und bei Empfängen. Ein Bild in der Rubrik »Freunde« fiel ihr auf: Maria mit einem blendend
aussehenden Mann vor einer Baustelle. Der Rohbau ragte mit seinen gerippehaften Dauben aus dem Erdreich, die alles zusammenhaltenden
Fassreifen fehlten noch.
»So vertieft?«
Johanna fuhr herum, der Anwalt war lautlos eingetreten. |254| »Zeit für eine Pause.« Er wollte mit einem raschen, aber unauffälligen Blick über Johannas Schulter sehen, was ihre Aufmerksamkeit
fesselte, aber Johanna drückte gekonnt beiläufig auf die Exit-Taste. Das allerdings entging dem Anwalt nicht.
»Ich möchte mich noch frisch machen«, sagte Johanna und stand auf. Während ihr der Anwalt den Weg zur Toilette zeigte, dachte
sie daran, ihr Passwort zu ändern, damit niemand ihr Laptop benutzte. Carl kannte das Wort. Sie schloss die Tür und trat vor
den Spiegel. Mehr nachdenklich als kritisch betrachtete sie ihr Gesicht, strich sich über die Stirnfalten, zog die Augenbrauen
hoch, presste die Lippen aufeinander, streckte den Hals und frisierte sich. Erst nachdem sie die Lippen kräftiger nachgezogen
hatte, gefiel sie sich.
Diese Maria ... was hatte
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