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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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schlafen, wenn du überhaupt noch hier übernachtest. Bezahlt ist ja alles«, fügte er hinzu und senkte
     den Kopf wieder übers Papier.
    Johanna starrte ihn an. Sie hatte sich ihre Rückkehr anders vorgestellt. Seine Zeilen interessierten ihn weit mehr als sie.
     Es musste wichtig sein, da er mit dem Füllhalter schrieb, da kamen nur enge Freunde wie dieser Bob in Bristol in Betracht,
     mit dem sie sich bei seinem letzten Besuch zerstritten hatte. Schade eigentlich.
    Nein, sie hatte sich gar nichts vorgestellt, dafür war sie noch viel zu nah am See, Hansi zu gegenwärtig, in ihr, um sie herum,
     fast hautnah, aber gleichzeitig, und das verunsicherte sie, waren sie in den zwei Tagen und drei Nächten, die sie für sich
     gehabt hatten, auseinandergedriftet. Etwas stand zwischen ihnen, das sie auf Abstand hielt, und es ging nicht nur von ihm
     aus. Bereits gestern Abend war er merkwürdig zurückhaltend gewesen, sie hatte mit ihm auf der Veranda gesessen und die |291| Beine baumeln lassen, sich angelehnt und seine Zärtlichkeit genossen, bis er abgerückt war. Er hatte über Segel geredet, über
     die Entstehung von kurzen, harten Wellen in flachen Gewässern und darüber, dass der See den Esterházys gehörte, weshalb alle
     Besitzer von Pfahlbauten Pacht an deren Stiftung zahlen mussten, denn einen Fürsten, der die Geschäfte führte, gab es nicht
     mehr. Das hatte Johanna insoweit interessiert, als diese Besitzverhältnisse auch für das Surfcenter von Bedeutung waren, außerdem
     stand noch das Angebot des Anwalts, sie durch das Weinbaumuseum des Schlosses zu führen.
    Hansi hatte bei Sonnenuntergang herumgewerkelt, statt sich ihr zu widmen, er musste ein Fenster reparieren, eine morsche Latte
     auswechseln und hatte sich ereifert, wie leicht man durch die Bodenklappe von unten in den Pfahlbau eindringen könne, weil
     die Beschläge verrostet und das Holz drumherum völlig verrottet waren. Sie hatte gesehen, wie er eine Schraube fast mit den
     Fingern herausgezogen hatte. Jedes Wort über ihre Zukunft hatte er vermieden, nichts angesprochen, was sie beide betraf, sich
     immer mehr abgeschottet. Danach hatten sie miteinander geschlafen, aber sie zumindest hatte die Lust nur vorgetäuscht, und
     der Grobian hatte es nicht einmal gemerkt. Wollte sie zu schnell zu viel? Sicherlich kam er mit ihrer dominanten Art nicht
     klar, oder war er in Bezug auf ihre Mitarbeit oder Teilhaberschaft unsicher geworden? In dem Maß, wie sie auf ihn zuging,
     zog er sich zurück, dann war auch sie auf Abstand gegangen. Das hatte ihn aber nicht davon abgehalten, sie wenig später um
     Geld zu bitten.
    Viertausend Euro. »Ich muss die Rechnung für eine neue Partie Segel bezahlen. Möglichst sofort. Sonst liefern sie nicht. Ich
     habe das Geld im Moment nicht flüssig. Der neue Kurs beginnt erst nächste Woche. Wenn die Teilnehmer zahlen, kriegst du dein
     Geld sofort zurück.« Das war seine Erklärung in den für ihn typisch kurzen Sätzen.
    Viertausend Euro war für sie nicht viel, das konnte er heute kriegen. Trotz dem war er distanziert geblieben, hatte |292| Sorgen vorgeschützt, mit denen er sie nicht behelligen wolle, und außerdem ließ er die Surfschule nicht gern so lange in der
     Hand seiner Junglehrer. Er war tagsüber dort geblieben und hatte
sie
auf dem Pfahlbau allein gelassen.
    Später war das Thema Eltern dran gewesen, ihr Unverständnis gegenüber seiner Sportbegeisterung, die Enge einer Wiener Vorstadtfamilie,
     ein übel gelaunter Vater, der sich in alles eingemischt und ihm die Sporthochschule verweigert hatte, eine Mutter, die Essen
     kochte, und langweilige Geschwister. »Gerade wenn man zur Ruhe kommt, so wie jetzt«, hatte Hansi gesagt, »kommen die unangenehmen
     Erinnerungen hoch – wenn man sich so entspannt fühlt wie mit dir.« Es wäre ihr lieber gewesen, er hätte es in seinem Verhalten
     gezeigt.
    Dass Carl sie mit offenen Armen empfangen würde, hatte sie nicht erwartet – aber so gleichgültig? Er schien ihre Abwesenheit
     mit einer ihr neuen Gelassenheit akzeptiert zu haben, absolut desinteressiert geradezu, unverständlich. Dass er bezüglich
     dieser Winzerin nichts beschönigte, sich nicht verteidigte, aber auch nichts erklärte, verunsicherte sie. Dabei hatte er sie
     hintergangen, sie geradezu vorgeführt, sie der Lächerlichkeit preisgegeben, sich weder entschuldigt noch versucht, sich rauszureden.
     Und auf die Frage, die wesentliche, ob sie was miteinander gehabt hatten, schwieg er

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