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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Schiff den Hafen und drehte auf das Ostufer zu, ein grauer Streifen
     im rötlichen Dunst. Carl spürte den kühlen Wind im Gesicht, die wärmenden Strahlen der Sonne, man konnte fast sehen, wie sie
     stieg. Er fühlte sich frei und unabhängig, fast eine Art Neuanfang, niemandem verpflichtet, und auch nicht mehr von der Polizei
     und diesem Wiener Inspektor bedroht, seit er den Mörder kannte und die Radwege benutzte, auf denen Autos ihm nicht folgen
     konnten. Auf der Fähre war niemand, der ihm verdächtig vorkam, die beiden vom Heurigen, die ihn auch in Begleitung von Frank
     Gatow verfolgt hatten, waren sicher von Fechter abgezogen worden. Er sah die Bewegung des Schilfs im Wind, ein Segelboot wich
     aus, ein Schwarm Gänse flog in Formation flach übers Wasser, irgendwohin Richtung Horizont.
    Er drehte sich nach dem Leithagebirge um, grün und |288| friedlich lag es im Morgendunst. Das wollten sie durch eine Autobahn verschandeln? Ein brachialer Eingriff. Wo gebaut wurde,
     musste zerstört werden. Würde die Menschheit zufrieden sein, wenn endlich alle Bäume abgehackt, kein Laub mehr zu kehren war
     und keine Wespen um die Marmelade schwirrten? Wunderbar, zwischen allen Häusern nur Beton und täglich Tierfilme im TV.   Dafür lohnte es sich zu leben. Carl schüttelte sich und sah den Störchen nach. Da saß ein Kind an Deck und spielte selbstvergessen
     mit einer Papiertüte, setzte sie sich auf den Kopf und lachte.
    Das Schiff machte leichte Fahrt, ließ die frühen Windsurfer hinter sich, die bei dem schwachen Wind nicht mithalten konnten
     oder wollten. Drüben meinte er, den Leuchtturm von Podersdorf zu sehen, dann war die Fahrt vorbei – leider. Er schob sein
     Rad an Land, niemand folgte ihm, nach einer halben Stunde kam er an der Wallfahrtskirche von Frauenkirchen vorbei, folgte
     der Hauptstraße und bog schließlich links ab.
    Hermine hatte ein kleines Frühstück vorbereitet, und bereits bei der ersten Semmel kam Carl auf sein Thema zu sprechen: »Kennst
     du einen Winzer namens Thurn, Thomas Thurn?«
    Sie lachte, fast ein wenig von oben herab. »Den guten Thomas? Immer dabei, aller Orten, und stets bester Laune. Erst neulich
     habe ich ihn in der ›Dankbarkeit‹ getroffen.«
    »In der Dankbarkeit?«
    »Ein Restaurant, in Podersdorf, pannonische Küche. Er hat wie üblich angegeben, ein Aufschneider, mehr noch als dieser Rechtsanwalt
     an seinem Tisch. Soweit ich weiß, spielt der auch in der Bürgerinitiative mit, von der ich dir erzählt habe; ein nutzloser
     Verein. Einen Surflehrer hatten sie auch dabei, Typ Beach Boy, du weißt schon, Kalifornien auf Österreichisch, das zieht bei
     deutschen Damen. Dass Frauen immer noch auf so was reinfallen   ... «
    Carl ahnte, wer gemeint war, ihm wurde heiß, er fühlte |289| das Blut in den Kopf steigen. Wer konnte es schon ertragen, wenn er Hörner aufgesetzt bekam? Er stand da wie der Depp, ein
     Trottel. Johanna führte ihn vor, und er war ihr hilflos ausgeliefert. Was gab es ihr, ihn vor allen zu blamieren? Er schämte
     sich, Hermine nach weiteren Einzelheiten zu fragen, und überspielte seine Beschämung mit einer Frage: »In welcher Verbindung
     stand Maria zu diesem Thurn?«
    Hermine blickte auf den Tisch, als suche sie nach den richtigen Worten, die aber lagen nicht dort. Ihr Gesicht schien dunkler
     zu werden, es dauerte eine Weile, bis sie sich zu einer Antwort durchrang. »Du fragst sicher nicht ohne Grund. Darüber redet
     man besser nicht, besonders wenn es um Verstorbene geht – aber wenn es dir hilft – sie waren mal eine Zeit lang – sozusagen
     befreundet.«
    »Mit dem? Fest – oder nur   ... nur so?«
    »Keine Ahnung, wir kannten uns damals nicht so gut.«
    »Damals? Wie lange ist es her?«
    »Zwei Jahre, drei? Man hakt vieles unter der Rubrik Jugendsünde ab. Das passiert jedem. Aber irgendetwas an der Geschichte
     war anders, ich weiß nicht, ob er ihr was versprochen oder ob er sie betrogen hat, jedenfalls muss er sie ziemlich mies behandelt
     haben.«

|290| 14
    »Wieso steht mein Rechner auf dem Tisch?« Johanna sah sich kurz im Wohnraum um, riss die Tür zum Schlafzimmer auf und warf
     ihre Reisetasche aufs Bett. Verblüfft bemerkte sie, dass die Bettwäsche gewechselt worden war. »Hast du in meinem Bett geschlafen?«
    »Dein Bett? Oh, das muss mir entgangen sein«, murmelte Carl abwesend. Ärgerlich über die Störung sah er von einem Brief auf
     und legte den Füllhalter beiseite. »
Du
kannst im Wohnzimmer

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