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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Siegen   – SS – löst das bei dir keine unguten Gefühle mehr aus? Wenn einem mal die Puste ausgeht, muss man ja nicht gleich zur Gegenseite
     überlaufen. Du hast nie gesagt, dass es einfach ist, was in Bewegung zu setzen.«
    Johanna war blass geworden, ihre Augen wurden schmal, SS war zu viel, ihr wurde heiß vor Zorn – oder Scham? Sie hatte geglaubt,
     die Augen verschließen zu können, vor allem anderen und sich selbst, doch sie hatte nicht geahnt, wie viel Kraft es kostete
     und wie weh es tat. Carl nahm sie beim Wort, denn sie hatte stets behauptet, dass jeder genau wusste, was er tat. Und wer
     es nicht wusste, ahnte es zumindest.
    »Das musst ausgerechnet du sagen?«, konterte sie scharf. »Du hast dich unter mein Dach verzogen und mich im Regen stehen lassen!«
     Mit vorgerecktem Kopf stand sie vor Carl und schrie ihn an. Mochte die Nachbarin ihre Freude daran haben. »Deine Scheißliteratur
     war dir immer wichtiger als Luft und saubere Erde. Erinnerst du dich an deinen idiotischen Spruch, dass Schriftsteller die
     Welt nicht ändern? Wer hat dafür gesorgt, dass Jahrzehnte lang keine neuen Atomkraftwerke gebaut wurden?«
    »Für die Baugenehmigungen wirst du wahrscheinlich jetzt sorgen«, sagte Carl völlig ruhig. »Angeblich fehlen 150 in Europa.
     Die Zeiten sind ideal, die Leute lassen sich inzwischen alles bieten   ... Frag mal deinen Anwalt, den Knecht, diesen Wollknecht, was der mit dieser Bürgerinitiative zu tun hat. Bürgerinitiative
     Pro Burgenland, BiPB, bei dem Namen läuten die Glocken: Das klingt mir eher nach British Petroleum.«
    »In deiner Rebenwelt ist alles korrekt, alles blitzblank, alles frei von Schadstoffen? Und Frostschutzmittel im österreichischen
     Wein?«
    »Das haben nur die Behörden bestritten, mit denen du heute bestens zusammenarbeitest; trotz Lebensgefahr haben sie monatelang
     das Maul gehalten, wie bei jedem Skandal.«
    |296| Johanna ging nicht darauf ein. »Ach, ihr feiert euch doch nur selbst, das ganze Theater, alles Selbstinszenierung, Showbusiness
     wie überall. Was ist denn dran am Wein? Farbe und Alkohol. Ihr redet euch besoffen.« Johanna schnappte nach Luft, sie zitterte
     – vor allem deshalb, weil dieser Mann sie mehr als jeder andere in Rage bringen konnte, was sie sich nicht eingestehen durfte.
     Sie hatte es nicht nötig, sich zu verteidigen. Sie sollte verschwinden, sofort. Es ärgerte sie besonders, dass Carl auf ihrem
     Rechner spioniert hatte, weil sie ihn stehen gelassen hatte. »Dass du mich so hintergehst, hätte ich nicht erwartet.«
    »Es war das erste Mal, dass du ihn auf eine Geschäftsreise nicht mitgenommen hast. Und da ich   ... ach   ... « Er zuckte mit den Achseln.
    »Mir nachzuspionieren – wie billig.«
    »Wenn man fündig wird? Allerdings nicht nur virtuell, sondern zufällig auch auf dem Parkplatz in Mörbisch   ... «
     
    »Holst du mir mein Brett und das Segel? Ich muss raus, und gib mir Wind, viel Wind, am besten Sturm. Und du kommst mit!« Johanna
     setzte ihre kleine Reisetasche ab und fiel Hansi um den Hals.
    »Bitte Johanna, nicht vor all den Leuten hier.« Sanft, aber doch energisch schob er sie von sich.
    Verdutzt ließ sie es geschehen, obwohl kaum jemand in der Nähe war, Lehrer wie Schüler vergnügten sich draußen. Für Anfänger
     war es fast zu viel Wind, für die Cracks gerade annehmbar. »Dein Geld habe ich dabei.«
    »Wunderbar, großartig, dann kann ich gleich zur Bank damit.« Er umarmte sie. »Nächste Woche kriegst du es wieder. Wie viel?
     Viertausend?«
    Johanna nickte. »Den Schuldschein tippe ich auf deinem Rechner, du kannst ihn dann gleich unterschreiben.«
    »Einen Schuldschein?« Hansi sah sie ungläubig an. »Für gerade mal eine Woche?«
    |297| »Und noch eine gute Nachricht. Ich bin raus aus Purbach, es geht nicht mehr, Carl ist unerträglich. Ich wohne bis zur Abreise
     bei dir, dann sind wir auch häufiger zusammen.«
    Er zog ein süßsaures Gesicht, was Johanna nicht entging, fasste sich aber rasch. »Du, Schätzchen, das wird   ... äh, schwierig   ... momentan jedenfalls«, stammelte er und bemühte sich um Fassung. »Nächste Woche, da geht es wieder, sie, äh, renovieren
     immer noch, die Handwerker meine ich, die Fenster, die haben Lieferschwierigkeiten, weißt du? Und überall Dreck. Ich würde
     doch sonst nicht im Wohnwagen schlafen. Das mache ich nicht freiwillig.«
    Johannas Lächeln gefror nicht nur äußerlich. »Dann besorge mir bitte in Mörbisch ein Quartier, eines

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