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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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«
    »Dass Sie nicht meinetwegen anrufen, ist mir klar«, unterbrach Johanna ihn unwirsch.
    »   ... er wird vermisst. Man hat sein Surfbrett gefunden, es wurde angetrieben, sein Surflehrer hatte uns verständigt. Wir haben
     eine Suchaktion eingeleitet.«
    »Ach, der findet sich wieder. Der lernt gerade surfen, der ist höchstens vom Brett gefallen. Außerdem kann man im See überall
     stehen   ... «
    »Ich glaube nicht, dass es sich um eine Lappalie handelt, Frau Breitenbach! Er ist seit mehreren Stunden überfällig, immerhin
     geht es um Ihren Mann – auch wenn Ihnen Ihr Surflehrer im Moment wichtiger ist.«
    Das war unter der Gürtellinie. Johanna wollte sich gerade derartige Unverschämtheiten verbitten, da sprach Fechter bereits
     weiter:
    »Sie unterschätzen mal wieder den Ernst der Situation, Frau Breitenbach. Das Surfbrett wurde gerammt, es weist Spuren einer
     Schraube auf, da ist jemand mit einem Außenbordmotor drübergefahren und nicht mit dem Elektroboot. Auch das Segel ist zerfetzt.
     Wir   ... «, er machte betont eine Pause, »   ... wir zumindest rechnen mit dem Schlimmsten. Also, noch einmal: Wann können Sie hier sein?«
    »Wo sind Sie, Herr Fechter?«
    »Im Hafen von Rust, bei der Einsatzleitung   ... «
     
    |361| Sie konnte nichts tun – wenn man das Warten nicht als Tätigkeit betrachtete. Radio Burgenland hatte Carls Verschwinden in
     den Abendnachrichten gebracht, und so beteiligten sich auch viele freiwillige Helfer an der Suche. Der Hubschrauber würde
     erst bei Tagesanbruch wieder starten, dann sollten auch die Kanäle im Schilf abgesucht werden. Dort, wo man das Surfbrett
     gefunden hatte, musste der Unfall nicht geschehen sein, der Wind konnte es abgetrieben haben. Johanna hatte das Surfbrett
     gesehen, »als wäre ein Hai darüber hergefallen«, hatte Fechter in seiner sarkastischen Art bemerkt und sich gleich für den
     makabren Scherzentschuldigt. Es war grauenhaft mit diesem Mann, Johanna wusste nie, ob er es ernst meinte.
    Die Kommentare des Chefinspektors waren widerlich. Für Herrndorff war alles klar. »Der Verdächtige hat seinen Abgang inszeniert,
     um die Behörden in die Irre zu führen und unterzutauchen. Wahrscheinlich hat er den Unfall vorgetäuscht und sich von besagtem
     Boot nach Ungarn bringen lassen. Schlepperbanden funktionieren auch in entgegengesetzter Richtung. Aber wir führen die Ermittlungen
     gegen ihn weiter!« Daraufhin hatte er Johanna über die letzten beiden Tage ausgefragt und versucht, die Zeit, die sie heute
     selbst auf dem See gewesen war, mit Carls Verschwinden in Verbindung zu bringen. »Sie haben ihn auf dem See getroffen!« So
     ein Spinner. Als ein zusätzliches Boot mit einem großen Scheinwerfer losgeschickt wurde, sprang er als Letzter auf und zeterte
     an Bord weiter.
    »Das glaube ich auch nicht«, war Fechters Kommentar, als er sich zu Johanna auf die Bank am Ufer setzte und ihr einen Becher
     mit Kaffee in die Hand drückte. »Aber jetzt sind Sie dran. Packen Sie endlich aus. Alles. Bitte keine dummen Fragen und Ausflüchte
     mehr.«
    »Wo soll ich anfangen?«, fragte Johanna und merkte, wie ihre Standfestigkeit immer weiter abnahm.
    »Am Anfang, am Anfang fängt alles an.«
    |362| Aber wo war der? War Maria Sandhofer der Anfang, war es ihr Wechsel zu Environment Consult? Oder die Begegnung mit Hansi Petkovic?
     Gab es überhaupt so etwas wie einen Anfang?
    »Ich werde es versuchen, Herr Inspektor   ... «
     
    Sie erzählte Fechter, was sie wusste. Sie saß vornübergebeugt, das Gesicht in den Händen verborgen, und redete, wie sie es
     seit Jahren nicht getan hatte, konzentriert und verzweifelt gleichermaßen. Sie sprach von ihrer Angst und auch von der gegenüber
     der Polizei, wie junge Polizisten auf sie eingeschlagen und sie getreten hatten, über ihre Festnahmen bei Sitzblockaden, sie
     sprach über Carl, seine Lethargie, über Geld und ihre Verzweiflung, das Überlaufen zu Environment Consult, weil ihr die Kraft
     und der Glaube zum Weitermachen gefehlt hatten. Auch aus ihrer Arbeit für Hansi, für sein Surfcenter und für Rechtsanwalt
     Wollknecht machte sie keinen Hehl. Der Inspektor wurde hellhörig.
    »Mich hat das sehr erstaunt«, sagte Johanna. »Er weiß anscheinend vieles, was nur die deutsche Polizei wissen kann. Und er
     gibt es weiter. Sicher hat er Zugang zu Polizeidaten.«
    Fechter zuckte hilflos mit den Achseln.
    »   ... oder jemand verschafft sie ihm. Wer könnte das sein, Herr Inspektor?«

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