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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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zerstörte.
     Warum war nur alles so schwer?
    Johanna trat vors Haus. Da hatte man sie also vor die Tür gesetzt. Orientierungslos schaute sie sich um und betrachtete die
     Kirche gegenüber. Haydn da unten in seinem Grab hatte Ruhe, ein berühmter Mann, dessen Werk heute noch auf der ganzen Welt
     geschätzt wurde. Esterházy, sein Geldgeber, hatte ihn nicht loslassen wollen. Erst nach dem Tod des Fürsten war Haydn frei
     gewesen.
    Johanna ließ ihr Laptop im Wagen und ging zum Schloss, wo sie sich einer Führung anschloss, von der sie nicht viel mitbekam,
     denn ihre Gedanken waren weit weg: bei Hansi, bei Carl, der auf so blöde Ideen kam, wie zu Surfen, was ihm überhaupt nicht
     zu Gesicht stand. Sie sah den See vor sich, Carl auf dem Board im Neoprenanzug, einfach lächerlich. Aber wieso eigentlich?
     Sie hatte ihn oft genug darum gebeten und hätte sich gefreut, wenn sie es gemeinsam getan hätten. |354| Er war mal mitgekommen und hatte sich zu dusselig dabei angestellt. Und jetzt, auf einmal – und was tat sie? Freiwillig hatte
     sie ein Weingut besichtigt, hatte an der Nichte dieser ermordeten Maria Gefallen gefunden, besonders an Annelieses vertrauensvoller
     Art, die sie geradezu beschämte. Eine Maus, die zur Schlange Zutrauen fasste. Wenn sie erfährt, womit ich mein Geld verdiene,
     dachte Johanna, wird sie mich verachten. Das wird die Enttäuschung ihres Lebens. Na ja, man kann nie früh genug anfangen,
     sich daran zu gewöhnen. Aber es war doch entsetzlich.
    War es die Musik, die sie bewegte? Waren es diese Gedanken? Noch während des Stücks, das zum Abschluss der Führung im Haydn-Saal
     gespielt wurde, fühlte Johanna diesen Kloß im Hals, wie gestern. Sie musste an die frische Luft, sonst würde sie losheulen,
     sie musste auf den See, sie brauchte den Wind, sie brauchte dringend Urlaub.
     
    In der Surfschule herrschte Hochbetrieb, doch leider war Hansi nicht da. Sie hätte ihn gebraucht, nicht um den Rausschmiss
     aus der Kanzlei Wollknecht zu klären, sondern um sich bei ihm anzulehnen. Wie üblich ging sie zur Espressomaschine und schaltete
     sie ein. Hinter Hansis Schreibtisch saß ein junger Bursche, der erst seit kurzem mitarbeitete. Er erhob sich, als ein anderer
     Junglehrer den Pavillon betrat. Den hatte sie noch nie anders als mit einer um den Kopf gebundenen Piratenflagge gesehen.
     Einen Ohrring trug er auch, eine Kreole; wenn er jetzt noch ein Messer zwischen die Zähne genommen hätte – er trug die Kopfbedeckung,
     wenn er morgens kam, er trug sie beim Surfen und hatte sie auf, wenn er sich abends auf seinen Roller schwang.
    »He, Alter, hier ist ’ne Notiz von seiner Frau«, sagte der Junge am Schreibtisch. »Hansi soll sie dringend anrufen, wenn er
     kommt. Ich muss jetzt los, hab da ’ne coole Braut kennen gelernt, muss ihr ’n paar Tricks vorführen.«
    Sein Kumpel grinste. »Zeig ihr nicht zu viel. Es könnte auf |355| mich zurückfallen   ... « Dann bemerkte er Johanna, die stocksteif und aschfahl neben der Espressomaschine stand.
    »Was hat er gesagt? Eine Notiz von seiner Frau?« Johanna fühlte sich wie auf einem schwankenden Surfbrett, kein Gabelbaum
     zum Festhalten, die Knie wurden weich.
    »He, ist dir nicht gut?« Der Pirat merkte, dass etwas ganz fürchterlich schieflief und dass es mit der Nachricht zusammenhing.
     »Setz dich lieber, soll ich dir ’n Wasser holen? Vielleicht die Sonne, ist tierisch heiß heute   ... sagt man so, seine Frau, ja, was weiß ich, wer da angerufen hat, kann ja jede sein, uh, auch falsch? Also, willste nun
     ’n Wasser? Ich geh eins holen. Ich mach’s gern. Kalt?«
    Ich hatte keine Ahnung, dachte Johanna, hatte ihn nicht gefragt. Weshalb hätte er es mir dann sagen sollen? So ein Schwein,
     trotz dem. So ein mieser Lump, so primitiv, und ich falle darauf rein. Deshalb sind wir in dem stinkenden Wohnwagen geblieben,
     er hat sich da genommen, was er wollte.
    Johanna starrte vor sich hin, die Gedanken überschlugen sich, und ihr war kalt. Lässt mich ins offene Messer laufen, der Schuft,
     gaukelt mir was von Zukunft vor, Surfen und Siegen, Schwachsinn, nutzt mich aus, lässt mich die Arbeit machen, leiht sich
     auch noch Geld von mir, viertausend   ... Aber ich bin selbst schuld, ich habe das Verleihen nicht an Bedingungen geknüpft. Ob er mir das Geld wiedergibt? Ich habe
     keinen Beleg, nichts. Was kann man von so einem Mann erwarten? Oder sind alle Männer so? Nein, Carl nicht. Zehn Jahre jünger,
     wie kann ich mir

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