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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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hielt es für ein Ablenkungsmanöver. Der Fall war klar, der Anwalt kannte ihre
     Vergangenheit und war zu dumm, die Vorteile, die sich daraus ergaben, zu sehen. »Ich wüsste zu gern, was dahintersteckt.«
    Sie beobachtete Hansi beim Wählen, hörte das Rufzeichen, dann sprach er mit der Sekretärin, dabei wusste er bestimmt längst,
     dass Wollknecht nicht zu erreichen war. Wozu die Farce? Ob das, was hier geschah, ihrer Karriere schadete? Wenn Environment
     Consult davon Wind bekam – eine Katastrophe. Dann konnte sie da weitermachen, wo sie vor zwei Jahren aufgehört hatte. Inzwischen
     wusste sie besser, wie der Hase lief. Allerdings würde man ihr in ihrer alten Welt den Ausflug in die schöne neue der Konzerne
     kaum verzeihen. Sie konnte nur hoffen, dass sie sich nicht zu viele Feinde gemacht hatte. Auch da bestanden Netzwerke, auch
     da wurde getratscht, auch da ging es um Geld   ...
    »Spar dir deine Bemühungen, Hansi!« Sie stand auf. »Wollknecht ist in Wien. Der Staub, den mein Mann aufgewirbelt hat, wird
     sich legen, so wie alles.« Sie würde packen und ihr Surfbrett und das Segel gleich mitnehmen. Es gab noch andere Strände am
     Neusiedler See. »Ich habe dringend was zu erledigen«, sagte sie süßlich, »wir sehen uns morgen. Irgendwie muss es ja weitergehen.«
     Von jetzt an würde sie ihn an der Nase herumführen. Nur wohin?
     
    Heute nahm Johanna den Anblick der Weinberge zum ersten Mal bewusst in sich auf. Der frühe Abend war warm, die Sonne ging
     unter und tauchte die Rebzeilen in ein weiches, schmeichelndes Licht: gelb, rosa, orange und violett, fließende Übergänge,
     darüber im Osten ein tiefes Blau, bald würde der erste Stern erscheinen   ... auch der leichte Wind stimmte sie versöhnlich. Es hätte ein wunderbarer Tag sein können   ... Wir werden geboren, dachte Johanna, um uns die Welt anzusehen, und dann sterben wir wieder. Und die Zeit dazwischen |359| – sie dachte an Carl und das kurze Leben der Maria Sandhofer – weshalb machen wir sie uns zur Hölle? Das Leben geht nicht
     schlecht mit uns um: Wir gehen schlecht mit uns um – und mit den anderen. Jeder gegen jeden, totale Konkurrenz als Prinzip
     unserer Tage? Sie erinnerte sich an eine Untersuchung über kooperative Modelle: Je besser die Zusammenarbeit, desto größer
     der Nutzen für alle. Stattdessen der immerwährende Kampf darum, wer im Supermarkt als Erster an der Kasse war.
    Sie parkte an einem Wirtschaftsweg und ging ein Stück hinab zwischen die Rebzeilen, strich in einer freundlichen Geste mit
     der Hand über die Blätter. Was für ein wunderbares Gefühl, es kitzelte an ihrer Handfläche, die Blätter wichen federnd zurück
     und nahmen ihre ursprüngliche Form wieder an. Die Trauben waren prall, aber noch grün, oder handelte es sich hier um Weißwein?
     Die Laubwand, gestützt durch Ständer und Drähte, war so hoch, dass sie nicht mehr drüberschauen konnte, Gräser wuchsen zwischen
     den Reihen, hinten am Ende stand ein Baum, eingehüllt in einen leichten Dunst, der vom See heraufzog und die Farben der untergehenden
     Sonne annahm. Der Wind schlief ein. Ruhe herrschte nach einem von der Sonne gequälten Tag, der Flügelschlag eines Vogels war
     über ihr zu hören, und im Schneckentempo bewegten sich Segelboote auf die Häfen von Rust und Mörbisch zu. Am jenseitigen Horizont
     funkelten erste Lichter.
    Ein Polizeiboot hielt von Rust aufs jenseitige Ufer zu, erst jetzt bemerkte sie das Blaulicht, dort war ein Hubschrauber in
     der Luft, geräuschlos wie ein hingemalter Punkt. Aber er bewegte sich. Ein Unfall, dachte sie, schrecklich an einem so wunderschönen
     Abend, dabei war ihr zum Heulen zumute. Mein Leben rinnt mir durch die Finger wie der Sand einer Düne. Die Zeit wartet auf
     niemanden.
    Sie fuhr weiter, bog in Rust rechts ab, wollte sich eigentlich am Rathausplatz auf die Terrasse eines Restaurants setzen,
     etwas essen, vor sich die Architektur des Barockstädtchens |360| , an nichts denken, aber alles war besetzt, überall waren lärmende Menschen, unter denen sie sich total verlassen vorkam.
     Sie fuhr die Dammstraße zum Hafen hinunter, als ihr Telefon klingelte. Es war der mickrige Inspektor.
    »Hallo? Wo sind Sie, wo befinden Sie sich gerade?«, fragte er nach knapper Begrüßung.
    »Was geht Sie das an«, sagte Johanna, erbost darüber, dass ihr der Polizist den Abend zusätzlich vergällte, wo sie mühsam
     um ihr Gleichgewicht kämpfte.
    »Es ist wegen Ihres Mannes   ...

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