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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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einbilden, dass ihm das gefallen könnte? Man soll in seiner Klasse bleiben, sich höchstens nach oben orientieren
     – wer hatte das gesagt? Wie blauäugig war sie eigentlich, wie dämlich? Sie hatte sich allen Ernstes gefragt, ob sie sich operieren
     lassen sollte, hatte zwei Wochen gehungert. Tat man das immer, wenn man verliebt war? War sie verliebt oder – blind? Ach,
     sie hatte ihm gefallen wollen, wollte seine Anerkennung, seine Zärtlichkeit. Wo war ihr Verstand geblieben, ihr gesundes Misstrauen?
    |356| Sie kam erst wieder zu sich, als der Pirat ihr das Glas hinhielt. »Geht’s besser?«
    Sie nickte wortlos und in sich gekehrt. Nach einer Weile – es war nur das Rascheln der Zeitung zu hören, die der Pirat las
     – stand sie auf und zog sich um. Beim Aufriggen saß jeder Griff wie hundertmal geübt, mechanisch, leer, betäubt   ... Sie schob das Surfbrett ins Wasser. Der einzige klare Gedanke war, ob sie Carl unterwegs treffen würde. Wo mochte er sein?
     Bei der herrschenden Windrichtung käme sie mit halbem Wind ohne Anstrengung nach Breitenbrunn. Außer ihm gab es niemanden,
     mit dem sie über alles würde sprechen können. Ach, Unsinn, das war vorbei. Unglaublich, welchen Quatsch man sich zusammenreimen
     konnte.
    Als sie zurückkam, wartete Hansi Petkovic am Ufer. Er spielte den Schuldbewussten, raufte sich das blonde Haar und stützte
     verzweifelt den Kopf in die Hände. »Ich weiß, es ist mein Fehler, Johanna, ich hätte mit dir darüber sprechen müssen«, murmelte
     er fahrig, »aber ich wollte dich nicht gleich verschrecken. Du bist eine so faszinierende Frau   ... ich kann dich beruhigen, wir sind auseinander, sind getrennt, da ist nichts mehr, wir sind nur gute Freunde.«
    Johanna sah ihn entsetzt an.
    »Nein, ich meine natürlich meine Frau und ich, meine Ehefrau«, schob er sofort entschuldigend nach. »Bitte, versteh mich richtig.
     Wir haben zwar eine gemeinsame Adresse, doch die meiste Zeit arbeitet sie sowieso in Sopron, drüben in Ungarn, aber die Liebe
     ist längst vorbei, das schwöre ich dir, lange vorbei, Ehrenwort. Wir haben uns längst nichts mehr zu sagen. Du weißt, wie
     das ist: nicht anders als bei dir und deinem Mann.«
    Johanna hätte ihm liebend gern geglaubt, aber ihr Gefühl trog sie diesmal nicht – Hansi log ihr geradewegs ins Gesicht, und
     dann griff er sogar nach ihrer Hand.
    »Man lebt noch zusammen, du und dein Mann, weil man sich nicht trennen kann, obwohl das längst überfällig ist. |357| Man schiebt es vor sich her. Ich lasse mich scheiden, bestimmt.«
    Jämmerlich, diese Suche nach Gemeinsamkeiten. Worauf hatte sie sich eingelassen? Auf ihre fadenscheinigen Ausreden? Was wusste
     sie von ihm? Nichts als das, was er ihr erzählt hatte. Was sie aus eigener Anschauung kannte, waren die Surfschule, der muffige
     Wohnwagen (wie hatte sie es darin überhaupt ausgehalten?), das ramponierte Auto und seine obskuren Beziehungen zu Wollknecht
     und diesem Angeber Thurn. Es war nicht viel, und wenn sie es kühl analysierte, wenn sie sich von Hansis Augen löste, von seiner
     kraftvollen Gestalt und seinem Lachen. Wenn sie   ... ja, wie war eigentlich ihr erster Eindruck von ihm gewesen? Sie erinnerte sich, mit welcher Leichtigkeit er ihr die Ausrede
     geliefert hatte, damit sie eine Nacht mit ihm draußen auf dem Pfahlbau verbringen und den Sonnenaufgang gemeinsam erleben
     konnte. Und wie er sich gestern sofort mit dem vermeintlich Stärkeren arrangiert und mit dem Anwalt auf ihr rumgetrampelt
     hatte.
    »Du darfst mich nicht verurteilen«, bettelte Hansi weiter. »Du hast das in den falschen Hals bekommen. Du überblickst die
     Hintergründe gar nicht. Es ist viel komplizierter.«
    Wie wahr, dachte Johanna und sah seine fleckigen Augen vor sich. Jämmerlich – was war er für ein miserabler Schauspieler.
    »Du musst mir vertrauen, du musst mir eine Chance geben, wir haben gemeinsame Pläne, wir wollen surfen   ... «
    »Und die Siege gehören Wollknecht? Nein danke. Weshalb setzt er mich vor die Tür?«, fragte sie böse, es klang wie eine Drohung,
     und da ging Hansi merklich auf Distanz.
    »Du kannst mir daraus keinen Vorwurf machen. Ich rufe Günther sofort an, das geht natürlich nicht. Ein Unding, eine Unverschämtheit.
     So kann man mit Menschen nicht umspringen.« Entschieden griff er nach dem Telefon. »Ich bringe das in Ordnung. Verlass dich
     darauf. Es ist schließlich unser Projekt.«
    |358| »Wenn es was hilft«, sagte Johanna, aber sie

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