Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
niemand an. Und ich hatte irgendwann die Schnau   ..., die Nase voll, mich mit diesen Autisten zu befassen, obwohl – sie haben mich gut bezahlt, außerdem bin ich viel herumgekommen.«
    »Das tun wir auch«, sagte Maria. »Mir gehen allerdings die Reisen von der Zeit ab, die ich für den Wein brauche. Man muss
     sich ihm ganz widmen, sonst wird es nichts.«
    Danach probierten sie den Rotwein. Sie begannen mit dem St. Laurent, einem frischen, saftigen Wein, der sogar ein wenig samtig
     wirkte. Ob er besser oder schlechter als andere war, konnte Carl nicht sagen, er hätte dazu noch zwei oder drei andere daneben
     probieren müssen.
    »Den St. Laurent erkennst du im Weinberg leicht, das Blatt ist wenig gebuchtet und nicht so gezackt wie der Zweigelt. Das
     ist eine Kreuzung aus St. Laurent und Blaufränkisch. Die Rebsorte hat auch wenig Tannin, deshalb verschneide ich ihn mit ein
     wenig Cabernet Sauvignon, um ihm ein kräftigeres Gerüst und Stabilität zu geben.«
    Als sie den Zweigelt probierten, einen farbintensiven kräftigen Wein, fiel Carls Blick zufällig auf seine Armbanduhr und er
     sprang erschrocken auf. »Mensch, Johanna, ich muss los, sie abholen, hab total die Zeit vergessen   ... Wann sehen wir uns wieder?«
    |59| »Und was wird deine Frau dazu sagen?«, fragte Maria schüchtern und so zurückgenommen, wie sie war, wenn es nicht um Wein ging.
    »Ich werde ihr nichts davon sagen.«
    »Hältst du das für richtig?«
    Carl bekannte seine Ratlosigkeit. »Woher soll ich das wissen? Ob richtig oder falsch – das Einzige, was ich weiß, ist, dass
     es so ist!«
    Sie standen auf, er trat zu ihr, wollte sie auf die Wangen küssen, doch der Mund kam dazwischen, und er küsste sie zaghaft,
     sie erwiderte den Kuss scheu, dann heftiger, schließlich umarmte sie ihn zum Abschied.
    »Weißt du immer, was du tust?«, fragte er.
    »Nein, überhaupt nicht.« Sie verkorkte den Zweigelt und reichte ihm die fast volle Flasche. »Für heute Abend. Denk an mich«,
     sagte sie fröhlich.
    »Ich rufe dich an?« Erst als sie genickt hatte, ging er versonnen lächelnd über den Hof zur Einfahrt. Dort drehte er sich
     noch einmal um und winkte. Aber sie war gegangen.
    Wie im Schwebezustand stieg er in den Wagen, lächelte noch immer, fuhr zur Hauptstraße, wartete ganz im Gegensatz zu sonst
     geduldig, bis er einbiegen konnte, und schwebte auf der Landstraße weiter durch die Weingärten in Richtung Purbach. Die Sonne
     stand über dem Leithagebirge, die rötlichen Strahlen beleuchteten die barocken Fassaden der Häuser und tauchten den Kirchturm
     oberhalb von Donnerskirchen in ein warmes Orange. Carl hatte gerade die Gleise hinter der Bahnstation von Oggau überquert,
     als er das Fehlen seiner Mappe bemerkte. Auch das Mobiltelefon hatte er liegen lassen. Wie sollte er Johanna ohne das Ding
     in der Hafenanlage von Mörbisch ausfindig machen? Er war bereits eine Viertelstunde zu spät, er hatte ihr versprochen, sie
     um sieben Uhr abzuholen. Er wendete und fuhr zurück.
    Sicher hatte Johanna längst angerufen und war wütend geworden, dass sich nur die Mailbox meldete. Nein, nicht |60| nur das Mobiltelefon, auch die Mappe war wichtig, sie enthielt die Adressen der Sieben. Mit dreien ihrer Winzer-Freundinnen
     hatte Maria bereits Besuche vereinbart. Er musste die Mappe jetzt holen, denn mit Johanna im Auto würde er lieber nicht bei
     Sandhofer vorbeifahren.
    Das Tor der Scheunengasse war angelehnt, das Schloss nicht eingeschnappt, und er trat ein. In der Durchfahrt zur Scheune war
     niemand, aber in der Scheune hörte er Schritte. Doch der Hof war leer, nur die Oleanderbüsche raschelten. »Maria?«
    Carl erhielt keine Antwort. Als er fast das Ende der Durchfahrt erreicht hatte, hörte er vor sich feste, harte Schritte, Schritte,
     die er nie wieder vergessen sollte. Es waren nicht die von Maria. Er sah die Beine eines Mannes, den Rücken im Rahmen der
     vorderen Tür, die Gestalt verschwand zur »guten« Seite hin. Hinter ihr knallte die Tür zu, laut hallte es durch den Hof.
    »Maria! Hallo, ich bin’s, Carl   ... « Die Worte klangen hohl. »Maria?«
    Er wandte sich nach links der Scheune zu, das Tor stand offen, drinnen war es dunkel – hatte er nicht eben Licht gesehen?
     Da lag was, er schaute genauer, seine Augen mussten sich erst ans Dunkel gewöhnen. Ja, etwas Längliches, weiter hinten, zwischen
     einem Eisenträger und einer Maschine. O Gott – da lag – ein Mensch?
    Es war Maria. Sie lag auf dem Rücken.

Weitere Kostenlose Bücher