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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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groß, der Wind reißt dich weg   ... «
    Hansis Rat war goldrichtig gewesen. Der Wind nahm zu, starke Böen kräuselten die Wasseroberfläche, Johanna vergaß schnell,
     dass er am Tag zuvor erst gesagt hatte, es sei nie bei ihm eingebrochen worden, und kaum hatte sie die Abdeckung des Landes
     verlassen und freies Wasser erreicht, begann der Flug. Rasend schnitt sie durch die Wellen, dann glitt sie darüber hinweg,
     nur noch das hintere Drittel des Brettes im Wasser, darunter schoss die Gischt pladdernd zu den Seiten weg. Es war ein Rausch,
     der alle Sinne gefangen |117| nahm und von ihr das Maximum an Kraft und Konzentration sowie Körperbeherrschung erforderte. So liebte sie es, im Trapez hängend
     mitgerissen zu werden, nahe daran, jede Haftung zur Oberfläche zu verlieren und sich in die Luft zu erheben, eins werden mit
     dem Wind und den Kopf verlieren, nur der Instinkt zählte, da war auch ein Sturz ein Erlebnis. Sie hätte schreien können vor
     Begeisterung, wie beim   ... War Brandungssurfen noch schöner, noch mitreißender, wenn Brett, Segel und Mensch sich über den Wellenkamm hoben, so wie
     auf Hansis T-Shirts ? Sie stellte es sich noch packender vor. Und auch das Kiten, hochgerissen von Schirmen, von denen heute viele um sie waren,
     die rasend schnell über den See zogen, an ihr vorbeipreschten und ab und zu jemanden aus den Fluten hoch über die Wellen hoben.
     Was für ein Kick   ...
    So raste sie bei halbem Wind über den See nach Norden, quer zu den Wellen auf Neusiedl zu. Ewig hätte sie weiterfahren können.
     Aber heute dachte sie rechtzeitig an den Rückweg, und als sie keuchend an Land ging, Brett und Rigg achtlos liegen ließ und
     sich Hansi in die Arme werfen wollte, war sie glücklich, alles vergessen zu haben, was sie belastete, und es weit hinter sich
     gelassen zu haben, da draußen auf dem See, sauber, befreit   ... Sollte das graue Wasser mit dem Müll zurechtkommen, der sich in ihr angesammelt und den sie eben abgelassen hatte. Es
     war ihr egal, wichtiger war, sich gehen zu lassen und ihre Wünsche zu zeigen, jede Vorsicht außer Acht lassend.
    »Grandios«, schwärmte sie, als sie jemanden auf sich zukommen sah, während sie ihr Haar frottierte, aber es war nicht Hansi.
    »Der ist im Wohnwagen«, sagte der Hilfslehrer, »mit den Ungarn, glaube ich jedenfalls, der kommt gleich wieder.« Den abfälligen
     Blick, mit dem er sie bedachte, interpretierte Johanna als Neugier und nicht als Mitleid. Sie fühlte sich großartig.
    |118| Zugezogene Vorhänge? Demnach wieder eine geschäftliche Besprechung wegen des Surfzentrums. Sie zerrte sich den Anzug von den
     Schultern und ließ ihn über die Hüfte baumeln, doch als ein anderer Surfer in gleicher Weise an ihr vorüberging, das Neoprenteil
     wie eine Wurstpelle um sich baumelnd, zog sie sich schleunigst um. Als sie aus der Kabine kam, verabschiedete Hansi sich gerade
     von den beiden Gesprächspartnern. Unangenehme Männer, sie mochte keine Glatzköpfe. Als er sie sah, winkte er ihr zu.
    »Wie war’s?«
    »Saugut, fantastisch, ein Mal dachte ich, dass ich mich überschlagen würde, die Spitze hat in einer ziemlich hohen Welle unterschnitten.«
    »Habe ich dir gesagt. Ist ein wundervolles Revier«, meinte Hansi leutselig. »Komm rein, ich brauche deinen Rat.«
    Es tat ihr gut, das zu hören, sie hatte es sich gewünscht. In der niedrigen Tür des Wohnwagens zog sie den Kopf ein, aber
     sie betrat ihn wie den Konferenzsaal eines Energiekonzerns, der ein neues Kohlekraftwerk plante. Kaum angekommen, war sie
     wichtig, wurde gebraucht, auch hier war ihr Rat gefragt, und möglicherweise wurde daraus ein neues Projekt, vielleicht ihr
     eigenes? Sie war auf dem richtigen Weg. Vorher gab es jedoch mehr als eine Frage zu beantworten, und dieser billige Wohnwagen
     musste schleunigst verschwinden, der machte einen miserablen Eindruck.
    Hansi guckte ernst. »Du musst mir was versprechen.« Er stützte das Kinn auf die Faust und kniff die Augen zusammen. »Du musst
     mir versprechen, dass nichts von dem, was wir beide bereden, nach außen dringt. Absolut nichts!«
    Johanna wollte etwas erwidern, aber er winkte ab. »Kein Wort, zu niemandem. Verstanden? Wenn nicht – ich nehm’s dir nicht
     übel. Aber dann bist’ draußen.«
    Für Johanna war Stillschweigen eine Selbstverständlichkeit. Carl hatte gemeint, sie würde ihre beruflichen Aktivitäten vor
     ihm verstecken, weil er ihre »Machenschaften«, wie |119| er ihre Arbeit nannte,

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