Verschwörung beim Heurigen
zischte sie böse.
»Durchaus nicht, gnädige Frau. Weshalb sind Sie so aggressiv? Wir machen lediglich unsere Arbeit wie jeder andere. Außerdem
müssen wir klären, ob Maria Sandhofer verunglückt ist oder ob sie jemand ... Es geht möglicherweise um ein Kapitalverbrechen.«
»Sie drängen mich in eine Ecke.«
»Wenn Sie den Eindruck haben, verstehen Sie mich falsch. Es tut mir leid. Kannten Sie Maria Sandhofer?«
Johanna überlegte jetzt genau, was sie sagte. »Ja und nein.«
|131| »Wie soll ich das verstehen?« Der Kommissar sah verunsichert zu seinem Kollegen hin, als wollte er sehen, wie er darauf reagierte.
»Ich habe diese Frau am Abend der Weinprobe vor dem Esterházy-Schloss gesehen, mit Carl und noch anderen Damen.«
»Woher wussten Sie, dass sie es war?«
»Das wusste ich da nicht, ich habe es erst an jenem Abend erfahren, als ich meinen Mann gefragt habe, wer das gewesen ist,
und gestern sah ich ihr Foto in der Zeitung.«
»Kannte Ihr Mann die Winzerin vorher, ich meine vor dem Urlaub?«
Das hätte Johanna auch gern gewusst. Die Frage war eigentlich nicht überraschend, aber Johannas Antwort kam ein wenig zu spät.
»Das kann ich Ihnen leider nicht sagen, er hat sie mal erwähnt. Aber sie war offensichtlich bedeutungslos für ihn.« Hoffentlich
hatte sie sich nicht verrannt.
»Das muss ja nicht heißen, dass er sie nicht gekannt hat«, erwiderte Herrndorff.
»Das ist lediglich eine Annahme, Herr ... «
»Chefinspektor, Chefinspektor Herrndorff ... «
» ... aus Wien, ja, ich weiß, entschuldigen Sie.« Johanna bemerkte aus den Augenwinkeln, wie der Inspektor an der Tür sich das
Schmunzeln verbiss. War er der Klügere von beiden? Möglich, dass er sich deshalb im Hintergrund hielt. Dann musste sie sich
vor ihm mehr in Acht nehmen. Der Chefinspektor war allerdings in seiner Eitelkeit sicher gefährlicher. Der Art nach, wie er
insistierte, schien er sich auf Carl einzuschießen. Der wäre den beiden nie gewachsen. Die nächste Frage bestätigte ihren
Verdacht, dass sie Carl im Visier hatten.
»Wie ist es eigentlich um Ihre Ehe bestellt, Frau Breitenbach?«
Johanna hatte Erfahrung darin, in kritischen Momenten ruhig zu bleiben, auch wenn sie ihrem Gegenüber am liebsten |132| den Hals umgedreht hätte. Und diese Frage provozierte derartige Impulse.
»Wie es in meiner Ehe aussieht, geht niemanden etwas an. Das ist Privatsache, das verstehen Sie bestimmt, Herr ... «, sagte sie mit dem charmantesten Lächeln auf den Lippen. »Aber ich kann Sie beruhigen, in unserer Ehe ist alles wunderbar.
Wir verstehen uns bestens.«
Langsam hob der Inspektor an der Tür den Kopf und sah sie an. »Das war gelogen«, sagte sein Blick.
|133| 7
Karola Angermann in Mörbisch war die einzige erklärte Bio-Winzerin in der Gruppe der Sieben, und als Marias beste Freundin
stand sie als Erste auf Carls Besuchsliste. Er wusste, wie er nach Mörbisch kam, seit er Johanna zum Yachthafen gefahren hatte.
Das war an jenem Tag gewesen, als das mit Maria passiert war.
Wann hatten sie eigentlich zuletzt miteinander geschlafen? Nicht einmal mehr zu flüchtigen Berührungen war es gekommen, obwohl
die so wichtig waren. Ihr mit dem Finger eine Locke aus dem Gesicht zu streifen, wann hatte er das in der letzten Zeit getan?
Verdammt, er merkte, dass er Sehnsucht hatte, nach Maria – oder nach der »alten« Johanna, nach der lebendigen, die sich immer
quergelegt hatte? Er hatte alles in bester Erinnerung, die schönen Momente, die tiefen, die wahnsinnigen, ihre Reisen, das
Tanzen, Augenblicke der Nähe, der Sorge, wenn sie unterwegs war, sich irgendwo querlegte, auf Straßen oder Eisenbahnschienen,
und er Angst um sie gehabt hatte. Auch jetzt hatte er Angst um sie, aber es war eine andere Angst, wie die um einen lungenkranken
Raucher, unheilbar ... Aber meine Wirklichkeit ist anders geworden, dachte er, als er tief über den Lenker gebeugt an den Rebzeilen vorbeihuschte
und den Rhythmus verlor, weil er zu viel nachdachte.
Es war Maria gewesen, die ihn bei Karola angemeldet hatte, damit er Einblick in den biologischen Weinbau gewann |134| . Dem fühlten sich die Sieben mehr oder minder verpflichtet, die eine mit mehr, die andere mit weniger Elan, aber in der Tendenz
waren sich alle einig. »So wenig chemischsynthetische Dünger und Spritzmittel wie nötig!« Doch da begann die Debatte, die
Frage nach dem Maß: Wie viel ist nötig? Was bleibt davon als Rückstand im
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