Verschwörung beim Heurigen
dann melde, wenn er eine falsche
Bewegung machte, und verbiss sich die Schmerzen.
Die Holzfässer im Barriquekeller ruhten auf Balken in einem Kiesbett. Das hielt sie feucht und gab ein ausbalanciertes Fundament
ab – ähnlich wie bei Eisenbahngleisen. Im angrenzenden Keller standen die großen Fässer mit 500 und 2000 Litern, für den St. Laurent und den Zweigelt.
Nach dem Rundgang ließ Karola den Fotografen seine Arbeit machen und zog Carl ins Büro, ein Chaos voller Akten, Büchern und
Karten. Auf dem Schreibtisch war kaum Platz für die Tastatur des PC, und damit Carl sitzen konnte, schichtete Karola einen
Stapel Fachzeitschriften um.
»Mir lässt da etwas keine Ruhe. Du bist dir sicher, dass diese Person, dieser Mann, den Hof verlassen hat, als du kamst, und
dass sein Verschwinden mit deinem Auftauchen in Verbindung stand?«
Carl konnte diese Frage nicht beantworten. Er hatte gesagt, was er gesehen hatte und was er dachte. Zweifel blieben immer.
Was ich auch sage, es kommt darauf an, ob sie mir glaubt, dachte er. Maria hatte am Boden gelegen – und fertig! Es würde sich
nicht beweisen lassen, ob sie gefallen oder gestoßen worden war. Oben am Gärtank würden sich seine Fingerabdrücke finden,
er hatte sich beim Hinunterschauen festgehalten, das war sicher. Also würden sie ihn verdächtigen – das sagte er Karola.
»Jetzt noch eines«, sagte sie, »nimm mir die Frage nicht übel. Es ist vielleicht persönlich, aber ihr Tod ist bereits viel
zu persönlich.« Carl wusste nicht, ob sie ihm ansah, wie sehr ihn das alles berührte.
|149| »Was war zwischen dir und Maria?«
Das kam klar und ohne jede Umschweife. Auf die Frage, wie er sie kennen gelernt hatte, hatte er der Polizei lediglich vom
ersten Treffen erzählt und dass man sich nach dem Motto verabredet hätte, »wenn du mal im Burgenland bist, komm vorbei.« Aber
niemand fährt
nur so
ins Burgenland. Hier aber sollte er über sich reden, das war ungewohnt, vor allem Fremden gegenüber. Ob Karola mit den Frauen
darüber sprechen würde?
»Meine Ehe läuft nicht besonders, wenn du weißt, was ich meine.« Karola winkte ab. »Sie ist Biologin und überzeugte Umweltschützerin;
deshalb ist sie auf Umwelttechnik umgestiegen, nur um zu lernen, auf welche Weise Industrieanlagen umgerüstet werden könnten,
damit weniger Dreck entsteht. Erneuerbare Energien, nachhaltige Entwicklung, das war ihr Credo, sie nahm das ernst. Sie hat
auch mit Greenpeace gearbeitet, spektakuläre Sachen, hat sich angekettet, du kennst die Bilder aus den Zeitungen, man hat
sie mehrmals festgenommen, Greenpeace war ihr bereits damals zu kommerziell. Auch ihr erster Job war ein Fiasko. Sie war als
Umweltbeauftragte in einer Kleinstadt tätig – nur Ärger, nicht mit der CDU, sondern mit der SPD und den Grünen! Das ging so
weiter, bei jeder Anstellung. Ich fand sie damals großartig, und sie mochte meine Arbeit. Anfangs war ich als Simultandolmetscher
viel unterwegs, dann weniger, dafür reiste sie mehr. Doch mit den Jahren verlor sie den Elan, dann den Mut, zuletzt die Hoffnung.
Wenn du ständig aneckst, wirst du müde. ›Die Welt ist im Eimer‹, sagte sie, ›da hilft kein Umweltschutz mehr‹. Sie hält den
Menschen für dumm, für zu feige, um sich zu wehren – und für zu faul. Vor zwei Jahren lernte sie ihren heutigen Chef kennen,
und der hat ihr eine Karriere versprochen. Wir waren knapp bei Kasse, konnten das Geld gebrauchen. Ich hätte wieder gedolmetscht,
damit wir finanziell klarkommen, aber im Grunde genommen war sie ausgebrannt, hatte weder Hoffnung noch |150| Illusionen, und wenn man seine Ideale aufgibt, bleibt eigentlich nur die Kohle.«
»Das ist bei uns nicht anders«, warf Karola ein. »Wenn wir nur ans Geld denken, wird der Wein schlecht; man könnte meinen,
er bestraft uns. Auch der Weinberg merkt das. Wer sich aufs Geldmachen konzentriert, vernachlässigt seine Arbeit. Wenn die
gut ist, kommt das Geld von allein.«
»Schon möglich. Aber sie ist von einem Extrem ins andere gefallen, so entschlossen, wie sie immer war, arbeitet sie heute
für die Gegenseite, und zwar perfekt, jedoch ausschließlich unter dem Gesichtspunkt, was für sie dabei rausspringt. Ja – dann
ein großes Auto, so aggressiv wie der Job, die Klamotten wurden teuer, dafür blieben unsere Freunde weg, Johanna hingegen
fand, dass sie geistig stehen geblieben wären.« Er tippte sich an die Schläfe. »Dafür gingen wir
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