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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Luft, dem Wasser. »Sie pflastern
     uns mit Beton und Asphalt zu, bis wir nicht mehr atmen können«, das hat sie immer gesagt, »jede neue Straße zieht Verkehr
     an«, und sie hat versucht, die Winzer zum Protest zu bewegen. Selbst hat sie oben am Wald einen Weinberg   ... «
    »Ich glaube, da sind wir gewesen«, warf Carl ein, »am Nachmittag vor ihrem   ... «
    »Na, dann weißt du ja, worum es geht«, sagte Hermine, wich Carls Blick aus und suchte nach einem Taschentuch, mit dem sie
     sich über die Augen wischte.
    Carl schwieg und erinnerte sich, wie es damals gewesen war, wenn man ihn wegen des Todes seiner Eltern bedauert hatte. Jede
     Berührung, jedes Wort darüber war ihm zuwider gewesen. Und heute steckte er im Chaos, wusste nicht mehr, ob er um Maria trauerte,
     ob alles zum Albtraum wurde, und als er an Johanna dachte, wurde ihm schlecht.
    Er griff nach einem Glas mit Wasser. »Du sagtest, unten am See wird die Autobahn gebaut, aber Marias Weinberge sind oben   ... «
    »Es gibt drei Varianten. Eine Strecke am See, eine am Hang des Leithagebirges durch die Weinberge und eine oben durch den
     Wald. Die wird es wohl werden.«
    |229| »Mittendurch? Sind die wahnsinnig?«
    »Weil man sie nicht sieht; und was man nicht sieht, ist ungefährlich, wie bei Kleinkindern, sie halten sich die Augen zu.
     Du sagst es – wahnsinnig. Maria hatte dort einige Reblagen, genau am Waldrand. Sie hat sich immer über den Wildverbiss aufgeregt.
     Rehe lieben junge Weintriebe, die Wildschweine haben mehr für reife Trauben übrig.«
    Carl erinnerte sich an die Elektrozäune dort oben.
    »   ... sie hat das Land trotz dem behalten, sie sah es als Sperrgrundstück gegen die Autobahn. Und jetzt ist unser lieber Cousin
     Richard am Zug, der wird nicht lange zaudern, da wird verkauft.«
    »Und wer ist der Käufer?«
    »Der Staat, die Asfinag, eine Aktiengesellschaft, die bei uns den Autobahnbau finanziert, irgendeine Scheinfirma, Strohmänner   ... was weiß ich. Frag Bruno, ihren Vater. Für Politiker und Manager ist das hier keine Heimat und auch keine Erde. Der Neusiedler
     See ist lediglich ein Argument, wenn es um Wahlen geht, oder ein Marketingpickerl, ein Aufkleber fürs Auto. Für die so genannte
     Wirtschaftselite sind wir nichts als ein Wirtschaftsraum, eine Anlagesphäre, wir Winzer mit unseren Familienbetrieben sind
     so was wie Rehe im Tierpark, den man nutzen muss, um Geld zu machen. Und wenn es denen hier zu laut werden sollte, kaufen
     sie sich woanders eine Villa, wo es keine Autobahn gibt, und wir zahlen auch noch den Umzug. Richard war es, Carl, glaub mir,
     erinnere dich an meine Worte.«
     
    »Lass mich damit in Ruhe«, sagte Frank Gatow, als Carl ihm von dem Gehörten berichten wollte. Der Fotograf hob panisch die
     Hände. »Ich will nichts wissen. Nichts!«, stieß er hervor. »Außerdem bin ich in zwei Tagen weg. Ruf mich an, meinetwegen auch
     in Italien. Wenn du mal eine Auszeit brauchst, komm zu uns, wir freuen uns über liebe Gäste, bring deine Übersetzungsarbeit
     mit, oder ’ne Freundin, |230| kannst gern einen Monat bleiben oder zwei, Antonia kocht fantastisch, aber verschone mich mit Polizeigeschichten!«
    Frank Gatow hatte mit seinem Wagen vor einem Hotel an der Hauptstraße von Gols gewartet. Es war unmöglich, sich in dem Straßendorf
     mit nur einigen Querstraßen zu verfehlen. Die Kellerei von Thomas Thurn allerdings befand sich weit außerhalb, vom See entfernt.
     Der runde Neubau lag an einem flach ansteigenden Hang und erinnerte mit seiner hölzernen Verblendung an ein vergrabenes Barrique,
     nur das obere Drittel schaute heraus, darüber war ein flaches Dach. Sogar die Fassreifen fanden sich als dunkel abgesetzte
     Elemente in der Fassade wieder. Rechts war ein großer Parkplatz, dahinter die Einfahrt zum Hof und den Kellern.
    Gatow ärgerte sich über die beiden Reisebusse. »Die müssen weg, so kann ich nicht fotografieren, Busse will keiner auf den
     Fotos, und bei dem Massenandrang frage ich mich, wie der Wein sein wird. Aber an Thurn kommt angeblich keiner vorbei.«
    »Bei seinem Renommee kann der Wein nicht allzu schlecht sein«, meinte Carl, verwundert über Gatows plötzlichen Stimmungswandel.
     Er fand das Gebäude interessant, die Lage oberhalb von Gols und die südliche Ausrichtung des Weingartens ideal, und bisher
     hatte er nur freundliche Winzer getroffen, beziehungsweise Winzerinnen.
    »In der Szene erlebst du dein blaues Wunder. Überall wird geblufft. Du glaubst

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