Verschwoerung der Frauen
Nebentischen hoben die Köpfe und sahen ihn mit einer Mischung aus Neugier und Miß-
billigung an.
»Wir haben die Papiere aus der Bank geholt und in ein Haus in Highgate gebracht, das Anne mitsamt Katze gemietet hatte. Nachdem wir die Papiere aus der Versenkung geholt hatten, fanden wir eine sehr nette Taxifahrerin… aber ich glaube, den Teil überspringe ich lieber.« Kate lächelte Simon an, und er lächelte verzagt zurück.
»Die Papiere waren wild durcheinander, und wir brauchten fast eine Woche, um sie in irgendeine vernünftige Ordnung zu bringen. Nun, ich will Sie nicht auf die Folter spannen: Bei Gabrielles geheimnis-vollen Papieren handelt es sich um einen Roman, sozusagen das Gegenstück zu Emmanuel Foxx’ ›Ariadne‹. Daß wir überhaupt in der Lage waren zu entscheiden, wohin die einzelnen Seiten gehörten, war allein der Tatsache zu verdanken, daß Gabrielle ihren Roman, zumindest in groben Zügen, auf Foxx’ aufgebaut hatte. Sie hat ihre eigene Version der Ariadne-Geschichte aufgeschrieben, die Emmanuels Version widerspricht. Und wenn Sie jetzt noch wissen wollen, warum ich heute nachmittag hier sitze und diesen herrlichen Scotch trinke – nun, ich möchte Ihnen vorschlagen, daß ich den Roman herausgebe, und, falls Sie mit meinem Vorschlag einverstanden sind und das Buch herausbringen wollen, ein kurzes biographisches Porträt Gabrielles hinzufüge, das ich so elegant wie möglich abfassen werde. Außerdem habe ich meinen Vorschuß mitgebracht, werde Ihnen aber keine Scheine hinblättern, sondern, bar jeder Dramatik, einen Scheck. Falls Sie interessiert sind, werden wir wohl einen neuen Vertrag aufsetzen müssen, falls nicht, zerreißen Sie den alten einfach. Ich hoffe, Sie spielen jetzt nicht den pingeligen Geschäfts-mann und fuchteln nicht mit Paragraphen herum, obwohl ich natürlich zugebe, daß ich Sie in eine peinliche Situation gebracht habe.«
»Peinlich. Von allen Worten dieser Welt hätte ich genau das ge-wählt.«
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»Ich glaube wirklich, lieber Simon, daß Sie und Ihr Verlag mit diesem Roman sehr gut dastehen werden. Meiner – unmaßgeblichen
– Meinung nach wird er die bisherige Betrachtungsweise der klassischen Moderne auf den Kopf stellen. Er wird die Frage nach männlicher und weiblicher Sicht dieser literarischen Periode aufwerfen und aufzeigen, wie reaktionär und männerzentriert sie war. Er wird einfach Furore machen, das kann ich Ihnen versichern.«
»Ich muß das Ganze erst in unserer Lektoratssitzung vortragen, aber natürlich wollen wir den Roman veröffentlichen. Warum wollen Sie mir den Vorschuß überhaupt zurückgeben?«
»Weil wir eine völlig neue Abmachung treffen müssen. Die Tantiemen aus Gabrielles Roman gehen an Nellie und Anne. Für mein biographisches Porträt können Sie mir ein angemessenes Honorar zahlen, wenn Sie wollen, vielleicht sogar einen kleinen Tantiemen-anteil für Einleitung und Herausgabe – ganz, wie Sie es für angemessen halten. Wenn Sie mir darüber hinaus bei den Kosten für Recherchen, Tippen, Kopieren und dergleichen ein wenig unter die Arme greifen, würde ich das selbstverständlich begrüßen. Kommen wir also ins Geschäft – vorausgesetzt natürlich, Ihre Verlagsleitung ist einverstanden?«
»Sie haben mich überwältigt – aber doch nicht so sehr überwältigt, daß ich vollkommen ignorieren könnte, wieviel Informationen über Gabrielle sie haben und offenbar für sich behalten wollen. Es muß ja wohl einen Grund haben, wenn Sie den Plan einer vollständigen Biographie so schnell und so bereitwillig fallenlassen. Wir könnten doch Gabrielles Roman herausbringen und eine vollständige Biographie, was spräche dagegen?«
»Wir könnten«, sagte Kate. »Aber so viel möchte ich mir nicht aufladen. Und da alle Briefe verbrannt sind – auf welches dokumen-tarische Material sollte ich zurückgreifen? Wer Gabrielle in Wirklichkeit war, was sie dachte und worin – neben ihrer Rolle als Emmanuels Frau – ihr Leben eigentlich bestand, das wird aus ihrem Roman ersichtlich. Wissenschaftler und Biographen werden ihr Leben in Zukunft nach diesem Roman rekonstruieren. Simon, bitte nehmen Sie den Scheck, bestellen Sie uns noch einen Drink, und finden Sie so schnell wie möglich heraus, ob Ihr Verlag Gabrielles Roman machen will.«
»Kate, niemand gibt einen Vorschuß zurück, es sei denn nach langwierigen Gerichtsverhandlungen oder durch höhere Gewalt. Im Gegensatz zu meinem früheren Rat fürchte ich, Sie brauchen
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