Verschwoerung der Frauen
Kaninchen aus der Tasche zu zaubern«, sagte Kate schließlich.
»Gut beobachtet. Ich war aber eher darauf gefaßt, daß Sie gleich Ihren Vorschuß aus der Tasche ziehen und mir die Scheine wieder hinblättern.«
»Sie sind also auf etwas Dramatik vorbereitet?«
»Sollte ich das nicht?«
»Doch, in gewisser Weise schon. Lassen Sie mich Ihnen zuerst erzählen, was geschehen ist, und dann, wenn’s recht ist, komme ich mit Vergnügen auf den Vorschuß zurück, wenngleich nicht in bar.
Tut mir leid, wenn ich nicht genug Dramatik in meinen Auftritt lege.
Das Ganze ist dramatisch genug. Scotch und Soda«, sagte sie zum Kellner, »kleiner Scotch, großes Soda.«
»Für mich das gleiche«, bestellte Simon. »Das Soda bitte extra.
Und könnten wir etwas zum Knabbern haben?«
»Gewiß doch, Sir«, sagte der Mann, als hätte Simon ihm einen grundlosen Vorwurf gemacht. Wehmütig dachte Kate an das Café in Genf zurück, in dem sie und Nellie gesessen hatten und niemand sie beeindrucken, hetzen oder beschämen wollte. Aber war sie wirklich fair? Vielleicht projizierte sie nur ihr eigenes Unbehagen auf die Umgebung. Daß die Leute eher aus Statusgründen hierherkamen und kaum, um sich zu amüsieren, war unverkennbar. Kate hatte nie etwas davon gehalten, auf ein Vergnügen zu verzichten, es sei denn, aus den schwerwiegendsten Gründen, aber gewiß nicht wegen so etwas Nebensächlichem und Überflüssigem wie Status… Ohne ersichtlichen Grund spürte Kate plötzlich, daß alles gut laufen würde. Warum sollte Simon schließlich seinen Drink nicht im Stanhope ein-173
nehmen? Er wohnte um die Ecke, und spätnachmittags hier zu sitzen, war wirklich sehr angenehm.
»Wenn Sie fertig mit Tagträumen sind«, sagte Simon, »seien Sie doch bitte barmherzig und erlösen mich von meiner Qual. Sagen Sie einfach keine Biographie, falls das, wie ich fürchte, die schreckliche Nachricht ist. Erklären können Sie mir alles später. Hier ist Ihr Drink. Wenn Sie wirklich so schlechte Nachrichten haben, bestelle ich mir am besten gleich einen zweiten Scotch, einen doppelten, gemixt mit Alka Seltzer. Ist es so – keine Biographie?«
»Ganz recht. Keine Biographie. Aber ich hätte, wenn Sie wollen, ein sehr aufregendes Buch für Sie, dem ich eine kurze Biographie, genauer gesagt, ein biographisches Porträt hinzufügen könnte.« Kate griff zu ihrem Drink, fügte das Soda hinzu und nahm dankbar den ersten Schluck. »Es ist eine ziemlich lange Geschichte, fürchte ich.«
»Ich darf also davon ausgehen, daß Nellie wirklich alle Briefe zerstört hat – und damit auch Ihre Lust an einer Biographie über ihre Großmutter.«
Die gar nicht ihre Großmutter ist, wollte Kate schon sagen, hielt sich aber zurück. Sie hatte beschlossen, niemandem (außer Reed) etwas von den Geheimnissen zu erzählen, die sie erfahren hatte. Das war für sie ein unverrückbarer Teil des Abkommens. Die Wahrheit über Nellies und vielleicht sogar über Annes Vater würde womöglich eines Tages ans Licht kommen, aber Kate sah es nicht als ihre Aufgabe an, diese Geschichten in Umlauf zu bringen. Sie hatte einen Handel mit Anne abgeschlossen, und dabei sollte es bleiben: Sie würde Gabrielles Roman herausgeben, dazu eine (wie sie hoffte) gutgeschriebene, prägnante Biographie Gabrielles, und die Foxx-und Goddard-Ge-heimnisse in Frieden schlummern lassen. Diese zu lüften, blieb dem detektivischen Eifer einer anderen Generation überlassen.
»Erinnern Sie sich an die Papiere, die Gabrielle Anne anvertrau-te? Sie hat sie in einem Safe deponiert und dann vier Jahrzehnte vergessen.«
»Aber selbstverständlich! Schließlich war ich derjenige, der Ihnen Annes Memoir geschickt hat, oder sollte Ihnen das entgangen sein?«
»Simon, bitte, seien Sie nicht so empfindlich. Haben Sie etwas Geduld mit mir. Meine Geschichte wird nicht ewig dauern, aber ich muß sie auf meine Art erzählen.«
»Geduld ist mein Losungswort, geradezu mein Lebensmotto.«
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»Erfreut zu hören. Ich dachte immer, Geduld…«
»Kate, wenn Sie jetzt einen wissenschaftlichen Disput über Geduld anfangen sollten, und sei er noch so scharfsichtig, werde ich Sie auf der Stelle erwürgen, und dann bekomme ich nie wieder einen Tisch im Stanhope in der Fifth Avenue. Was geschah also mit Gabrielles Papieren, nachdem sie vier Jahrzehnte lang in irgendeiner verdammten Bank vor sich hingeschlummert hatten?«
»Die Bank war vollkommen in Ordnung.«
»Kate«, schrie Simon auf, die Gäste an den
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