Verschwoerung der Frauen
überreden.«
»Die brauchst du nicht zu überreden, dich selbst mußt du überreden. Anne, Dorinda und Nellie kannst du es einfach sagen. Na, bin ich dir nicht eine große Hilfe?«
»Schrecklich hilfreich bist du – wie eine spartanische Mutter, die ihrem Sohn sagt, er soll entweder mit dem Schild in der Hand oder darauf aufgebahrt zurückkehren.«
»Ich habe immer geglaubt, du hättest kein Interesse an Männern, die dir nur erzählen, was du hören willst.«
»Hoch erfreut, daß du weißt, was ich hören will. Macht es dir etwas aus, mir das zu erzählen?«
»Du willst hören, daß du es einfach tun mußt, eine moralische Verpflichtung hast, dir keine andere Wahl bleibt.«
»Und was glaubst du?«
»Daß du die Wahl hast. Ich finde, du solltest die Risiken und Vorteile abwägen und dann deine Entscheidung treffen. Wenn du hineingedrängt werden willst, dann laß dich von deinem offenkundi-gen Wunsch hineindrängen. Aber wenn du aus Angst vor dem Wirbel, der auf dich zukommt, davon abgehalten werden willst, dann suche keinen Trost bei mir.
Es wird wahrscheinlich einen Riesenwirbel geben. Man wird Gabrielle utopische, lächerliche Ideen vorwerfen, mit denen sie das Patriarchat und alle möglichen religiösen Überzeugungen untergraben will. Und dich wird man als unweibliche, männerverschlingen-170
de, eierzertretende, geharnischte, schrille lesbische Emanze hinstel-len.«
»Solche Ausdrücke gebraucht heute keiner mehr.«
»Dann wird man sie wieder ausgraben oder noch schlimmere erfinden. Wenn dir das alles zu schrecklich klingt, und das tut es ja in der Tat, schieb jemand anderem den Schwarzen Peter zu. Es gibt genug Leute, die ganz wild auf Medienrummel sind und sich Ruhm und Erfolg davon versprechen.«
»Aber Anne und Dorinda und Nellie…«
»Wenn du die Wahrheit wissen willst – im Grunde glaube ich nicht einmal, daß sie existieren.« Reed marschierte in die Küche und kam mit den Ingredienzien für einen Drink zurück. »Whisky?« fragte er, den Eiskübel rüttelnd.
»Sie existieren.«
»Aber darum geht es bei dieser Entscheidung nicht.«
»Sie vertrauen mir.«
»Die Zahl der Leute, die dir allein, seit ich dich kenne, nicht mit-gerechnet die Zeit davor, vertraut haben, übersteigt mein Zählver-mögen. Aber bisher hat dich das nicht dazu verführt, verschollene Manuskripte herauszugeben und verstümmelte Biographien zu schreiben. Verdammt, Kate, schlaf darüber. Wenn du aufwachst, ist dir klar, was du willst. Wir haben die Sache nun genug gedreht und gewendet und alle unbewußten oder bewußten Bedenken erörtert.
Möchtest du von meinem Tag hören? Die Jurastudenten fangen an, den Wert der sokratischen Methode in Frage zu stellen. Die Welt, wie ich sie kannte, geht mit rapiden Schritten unter – und das ist gut so.«
»Meine Gouvernante las mir oft ein Märchen vor, in dem eine Frau ständig sagte: Der Morgen ist weiser als der Abend«, verkündete Kate.
»Siehst du, deine Gouvernante ist ganz meiner Meinung«, sagte Reed. »Wir haben dich zwar zu verschiedenen Zeiten deines Lebens erwischt, aber wir beide wußten, das Richtige zu sagen. Mach dir keine Sorgen. Morgen früh siehst du klar. Skol!«
Und er prostete ihr zu.
Reed behielt recht. Am Morgen rief Kate Simon Pearlstine an und sagte ihm, sie müsse ihn sofort sehen. Zum Lunch war er ausge-bucht, schlug aber vor, sich um sechs zu einem Drink im Stanhope mit ihr zu treffen. Kate verbrachte den Tag damit, sich auf eine Art für das Gefecht zu rüsten, die hoffentlich Ariadnes und Dädalus’
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Zustimmung gefunden hätte.
Und Annes und Dorindas und Nellies. Denn alle drei würde sie schon bald zu sich zitieren – sowie es ihr gelungen war, Nellie von Genf nach New York zu locken.
Aber zuerst war Simon an der Reihe.
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K ate näherte sich dem Stanhope nur zögernd. Es war kein Treff-punkt nach ihrem Geschmack. Nur die »richtigen« Leute waren hier gern gesehen, und man hatte unweigerlich das Gefühl, daß es eine Ehre war, überhaupt hier geduldet zu werden. Kate lag es nicht, irgendwelchen Oberkellnern um den Bart zu gehen, um in den Kreis der erlauchten Gäste aufgenommen zu werden. Simon dagegen beherrschte die Kunst, Maîtres zu beeindrucken, offenbar bis zur Vollendung, denn als sie eintrat, entdeckte sie ihn an einem der be-vorzugten Tische. Während er sich erhob und ihr den Stuhl zurecht-rückte, sah er sie an, als sei er auf das Schlimmste gefaßt.
»Sie gucken mich an, als wäre ich drauf und dran, ein
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