Verschwörung der Sieben
längeres und gründliches Gespräch. In diesem Punkt verstand er keinen Spaß.
Spenden, Schenkungen und Werbeeinnahmen strömten in solchen Mengen herein, daß der Prediger mit dem Zählen nicht mehr nachkam. Und dennoch war er immer noch nicht zufrieden. An ihm nagte weiterhin das Gefühl, nicht genügend von den Menschen erreichen zu können, die seiner Hilfe bedurften. Und wie stets, wenn er eine Erleuchtung brauchte, ließ Gott ihn auch dieses Mal nicht im Stich.
Der Reverend erkannte die Möglichkeiten, die im gebührenpflichtigen Telefonservice lagen, und er richtete eine entsprechende Leitung ein. Indem sie zwei Dollar für die erste Minute und für jede weitere einen Dollar an Telefongebühren entrichteten, konnten die Bekümmerten und Beladenen im persönlichen Gespräch mit einem seiner Bevollmächtigten Trost und Rat erhalten. Im Durchschnitt dauerte ein Anruf sechsundzwanzig Minuten, und rund um die Uhr gingen mehrere hundert solcher Anrufe bei seinen Mitarbeitern ein. Diese Neuerung bildete bald den krönenden Höhepunkt seiner Mission und stellte die erfolgreichste Vermarktungsmaßnahme in der Geschichte der religiösen Erweckung dar.
Reverend Harlan Frye gehörte bald zu den zehn bekanntesten Persönlichkeiten im Lande. Die unglaubliche Macht, die er nun hatte, empfanden manche als Bedrohung. Andere sahen in ihr ein Mysterium, und wieder andere glaubten an ein Wunder. Der Prediger selbst war jedoch immer noch der Ansicht, erst an der Oberfläche der Bedürfnisse dieser Welt gekratzt zu haben. Der eigentliche Kern entzog sich ihm auch weiterhin.
Harlan betete wieder zu Gott um Führung und Leitung. Genau so, wie er es in jener so vielen Jahre zurückliegenden Nacht in Haleyville getan hatte, kniete er sich vor sein Bett und faltete die Hände auf der Decke. Er erflehte Erkenntnis oder ein Zeichen, das ihm offenbaren würde, was er als nächstes tun sollte. Doch als der Morgen kam und sich nichts ereignet hatte, wuchs in Frye der leise Verdacht, Gott könne sich von ihm abgewandt haben. Sein Glaube geriet ins Wanken, und auch die folgenden Tage brachten nichts, was geeignet war, diesen Prozeß umzukehren. Bis er dann nach Dixonville gelangte, einer kleinen Stadt in Virginia. Harlan zog es an diesen Ort, weil dort eine Schule eingestürzt war und über fünfzig Kinder unter sich begraben hatte. Er stellte sich mitten auf die Trümmer, ließ sich nicht von den Rettungs-Teams abhalten, die unter umgestürzten Mauern nach weiteren Überlebenden suchten, und hielt seinen Gottesdienst ab. Die Minuten, die nun folgten, offenbarten ihm die wahre Grundlage und Inspiration für seine Existenz und seinen göttlichen Auftrag. Die Gedanken stürmten wie eine Flut in sein Bewußtsein, und er kam kaum damit nach, sie in Worte zu fassen. Und mit dieser Woge sah und erkannte er:
Dies war das Zeichen, auf das er gewartet hatte! Wenn diese Kinder es nicht wert waren, gerettet zu werden, wer denn dann? Die Welt als Ganzes befand sich nicht mehr im Zustand der Gnade. Sie mußte von Grund auf erneuert und wieder aufgebaut werden, mußte aus den Trümmern neuerstehen, die sich nur in ihrer Anzahl von denen der Schule unterschieden, in der ihm die Erkenntnis gewährt worden war. Diejenigen, die es wert waren, gerettet zu werden, galt es zu finden und auszusondern, bevor die Reste der alten Welt sie wie diese bedauernswerten Schulkinder verschlingen würde.
Nach diesem Erlebnis las Harlan einen Tag und eine Nacht lang ununterbrochen in der Offenbarung und gelangte schließlich zu der Erkenntnis, daß es ihm bestimmt war, das Werkzeug der Offenbarung zu werden.
Der Tag des Jüngsten Gerichts – der Tag des Gerichts, wie er in der Offenbarung vorhergesagt wurde.
Aber ganz allein konnte er das nicht bewerkstelligen. Johannes berichtete von sieben großen Plagen und einem Erzengel, der jede einzelne ankündigen würde. Somit oblag es Harlan, die sechs anderen zu finden, die im Namen des Herrn sprachen und über Ressourcen und Machtmittel verfügten, die den seinen ähnlich waren. Nach dem Jüngsten Gericht würden nur sie und ihre Gefolgschaft übriggeblieben sein. Und dann würde Harlan Frye sein Königreich errichten, in dem alle Auserwählten ein sorgloses Leben führen konnten.
Das Königreich der Sieben.
Er brauchte vier Jahre, um einen Ort zu finden, der geeignet genug erschien, dort den Tag des Gerichts zu überdauern und sein neues Königreich zu beherbergen. Harlan erinnerte sich gern an den Tag zurück, an dem
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