Verschwoerung gegen Baron Wildenstein
Wunder, dass ich Kaspar in letzter Zeit kaum noch gesehen habe!”, meinte Wolfram und grinste. “Der Schlaumeier hält sich lieber an dich, weil er genau weiß, dass du an der Knochenquelle sitzt!”
“Es kommen sicher auch wieder andere Zeiten, in denen uns allen der Magen knurrt.
Jetzt wird alles mit vollen Händen auf den Tisch geworfen, weil der Burgherr damit Eindruck machen will! Aber später wird es uns fehlen und selbst die hohen Herrschaften werden den Gürtel wieder enger schnallen müssen!” Ansgar war ebenfalls stehen geblieben. Er beobachtete Maria und Wolfram.
“Du brauchst nicht auf mich zu warten, Ansgar. Ich komme gleich nach!” Ansgar zuckte die Schultern. “Lass dich nur von Thomas, diesem Speichellecker, nicht erwischen. Er wird dich sonst wieder bei der Burgherrin melden!”
“Ich passe schon auf!”
Während Ansgar sein Pferd davon führte, platzte es aus Maria heraus: “Was hat dein Freund bitteschön gemeint?”
Wolfram überlegte kurz. Eigentlich hatte er Maria gegenüber gar nichts erwähnen wollen. Aber jetzt hatte es keinen Sinn, weiter zu schweigen. In knappen Worten berichtete er ihr, dass er von der Burgherrin persönlich zurechtgewiesen worden war.
Marias Gesicht lief rot an. “Das Schlimme ist, dass Baronin Margarete sogar Recht hat”, sagte sie. “Wir gehören verschiedenen Ständen an und ein rechter Umgang für dich bin ich sicherlich nicht!”
“Ich unterhalte mich aber gerne mit dir und es ist mir ziemlich gleichgültig, was die Burgherrin davon denkt.”
“Ich möchte nicht, dass du Ärger bekommst, Wolfram.”
“Den halte ich schon aus”, widersprach der Page. “Außerdem ist meine Burgherrin wohl in erster Linie darüber besorgt, dass meine Eltern meine Erziehung in dieser Burg gering schätzen könnten, sobald herauskäme, dass ich mich mit Angehörigen niederer Stände abgebe!” Wolfram schüttelte den Kopf. “Mach dir keine Sorgen. Das eigentliche Problem ist dieser Thomas, der es wohl irgendwie auf mich abgesehen hat!”
“Wenn du meinst …”
(Hier sollte vielleicht rein, dass sich Wolfram kurz Gedanken macht, ob er Maria wirklich von dem verschwundenen Evangeliar erzählen soll oder nicht, und was es nützen könnte, wenn sie davon weiß! Schließlich hat er dem Baron und dem Grafen geschworen, kein Wort zu erzählen!)
Wolfram druckste etwas herum. Er wollte Maria gerne von dem verschwundenen Evangeliar erzählen. Schließlich bekam sie als Küchenmädchen sicher viele Gerüchte mit, die unter den einfachen Leuten auf der Burg im Umlauf waren. Und wenn sie sich ein wenig umhörte, konnte sie vielleicht etwas erfahren.
Andererseits hatte er geschworen, mit niemandem über diese Sache zu sprechen.
„Was ist los?“, fragte Maria. „Du bist irgendwie so… eigenartig!“ Wolfram atmete tief durch.
„Ich kann dir doch vertrauen, oder?“
„Sicher.“
“Dann hör mir genau zu. Was ich dir jetzt sage, dürftest du eigentlich gar nicht erfahren. Ich erzähle es dir aber trotzdem, weil du vielleicht etwas aufschnappst, was uns helfen könnte.”
“Uns?”, fragte Maria verwirrt. “Um ehrlich zu sein verstehe ich im Moment überhaupt nichts.
“Wir – das sind in erster Linie Pater Ambrosius und ich. Ambrosius ist nämlich in einer verzweifelten Lage und ich möchte ihm gerne helfen.” In knappen Sätzen berichtete Wolfram Maria, was sich hinter den Mauern des nahen Klosters St. Ingbert zugetragen hatte.
Maria hörte atemlos zu.
“Ich vertraue dir”, sagte Wolfram zum Schluss. “Wenn du irgendetwas von dem, was ich dir gesagt habe, verraten solltest, bin ich wirklich dran!”
“Ehrenwort, ich sage nichts!”, schwor sie.
“Baron Norbert ist im Moment sowieso nicht allzu gut auf mich zu sprechen. Ich müsste vielleicht sogar die Burg verlassen und nach Hause zurückkehren. Eine Riesenschande für meine ganze Familie …”
“Ich sagte doch: Ich werde nichts verraten. Oder hältst du mich für ein Tratschweib?”
“Nein, natürlich nicht. Also, hör dich um. Vielleicht bekommst du irgendetwas mit.“
“Du kannst auf mich zählen”, versprach Maria.
“Gut.”
*
Das Festbankett war in vollem Gange. Die Gäste saßen streng ihrer Rangfolge entsprechend an den Tischen. Es wurden gerade Wein, Fleisch und Früchte gereicht.
Graf Gernot und seine Frau Margunda verspäteten sich etwas. Offenbar hatte der Graf etwas länger auf seine Frau einreden müssen, um sie davon zu überzeugen, nichts über den Diebstahl verlauten
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