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Verschwörung im Zeughaus

Verschwörung im Zeughaus

Titel: Verschwörung im Zeughaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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mit jeder Minute. Ich fürchte, wir haben ihm mit diesem Transport keinen guten Dienst erwiesen. Die Wunden sind noch zu frisch, und ich kann nicht einmal sagen, wie schlimm seine inneren Verletzungen sind. Vielleicht hatte er Glück, aber wenn die Wunden brandig werden, solltest du nicht zögern, einen Priester zu holen.»
    Adelina nickte betroffen. So sehr sie sich in der Vergangenheit immer wieder über Tilmann Greverode geärgert hatte, so schlimm ihre Auseinandersetzungen mit ihm gewesen sein mochten – sie wollte nicht, dass er starb. Er war ihr Bruder. Es hatte eine Weile gedauert, bis sie diese Tatsache verarbeitet und das Handeln ihrer Mutter so viele Jahre zuvor akzeptiert hatte.
    Sieglinde Merten hatte Tilmann außerhalb der Ehe empfangen und geboren und ihn gleich nach der Geburt der Familie seines Vaters überlassen, ohne sich jemals wieder nach ihm zu erkundigen. Adelina wusste nicht einmal, ob ihr eigener Vater eine Ahnung von der Existenz dieses Kindes gehabt hatte. Heute fragte sie sich manchmal, welche Geheimnisse ihre Eltern wohl noch vor ihr verborgen hatten. Vermutlich würde sie es nie erfahren.
    «Hol einen Eimer frisches Wasser und saubere Tücher», wandte sie sich an Franziska. «Und einen Stuhl und …» Sie blickte sich in dem kargen Raum um. «Ein Kohlebecken. Es ist kalt hier unten.»
    «Wir sollten auch noch eine zweite Strohschütte herbringen», ergänzte Neklas. «Es muss ständig jemand bei ihm sein, auch nachts.» Er ging zur Treppe. «Ich hole die Matratze am besten gleich. Und ein paar Decken.»
    Adelina nickte zustimmend. «Wir sollten uns mit der Krankenwache abwechseln.» Ein wenig verzagt rieb sie sich über die Stirn. «Tilmann hat gesagt, er wollte Clais warnen. Wovor?»
    «Vor seinen Mördern vermutlich.» Marie trat neben sie und legte ihr einen Arm um die Schultern.
    Dankbar lehnte Adelina sich an sie. «In welche Geschichte ist er denn bloß hineingeraten? Selbst wenn beide sich für das Amt des Stimmeisters bewerben wollten, ist das noch lange kein Grund, sich gegenseitig umzubringen. Es muss etwas anderes dahinterstecken.»
    «Das glaube ich auch», stimmte Marie zu. «Tilmann mag ja ehrgeizig sein, aber er ist nicht skrupellos.» Sie strich Adelina über den Arm. «Es wird euch wohl nichts anderes übrigbleiben, als zu versuchen, die Wahrheit herauszufinden.»
    Nachdenklich blickte Adelina auf ihren Bruder, dann nickte sie. «Ich glaube, dabei werden wir eure Hilfe brauchen.» Unsicher blickte sie von Marie zu deren Gemahl.
    Jupp lächelte. «Du weißt, dass ihr immer auf uns zählen könnt. Und da wir uns sowieso schon mitschuldig gemacht haben, indem wir geholfen haben, den Hauptmann hier zu verstecken, kann es schlimmer kaum noch kommen, was?» Sein Lächeln wurde breiter und ließ zwei Reihen strahlend weißer Zähne sehen. «Irgendwie zieht ihr das Ungemach an wie Licht die Mücken. Mir scheint, es war schon viel zu lange nichts mehr los im Hause Burka.»

[zur Inhaltsübersicht]
    4. KAPITEL
    E rst nach dem Abendessen fand die Familie wieder Zeit und Muße, sich zu beraten. Colin war gleich nach dem gemeinsamen Mahl zu Bett geschickt worden, und Vitus hatte sich ihm bereitwillig angeschlossen. Zusammen mit seiner Katze hatte er sich in seine Kammer begeben, aus der inzwischen ein leises Schnarchen drang. Adelina hatte auch Katharina zu Bett bringen wollen, doch das kleine Mädchen schlief in letzter Zeit sehr unruhig und wachte oft schreiend und weinend wieder auf. Heute hatte die Kleine sich vehement gewehrt, allein in der Kammer unter dem Dach zu bleiben, die sie mit Griet teilte. Deshalb hatte sich Adelina erweichen lassen und sie wieder mit hinunter in die Küche genommen, wo das Kind nun auf ihrem Schoß und an sie gekuschelt selig lächelnd eingeschlummert war.
    Mit abwesendem Blick streichelte Adelina über den weichen schwarzen Haarschopf ihrer Tochter und dachte nach. Um sie herum war es still, denn weder das Gesinde noch Neklas oder die Mädchen schienen so recht zu wissen, was sie sagen sollten.
    Schließlich fasste Griet sich ein Herz und brach das Schweigen.
    «Mutter? Was hat der Hauptmann zu dir gesagt, als er wach war?» Sie nannte ihn nach wie vor nicht bei seinem Vornamen, obgleich er ja ihr Onkel war – auch wenn sie nur Adelinas Stieftochter war –, zumindest ein angeheirateter. Doch das Mädchen hatte viel zu großen Respekt vor dem oftmals herrisch auftretenden Tilmann und hielt lieber ausreichend Abstand zu ihm, um – ähnlich wie

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