Verschwörung im Zeughaus
Pfeile, Armbrüste … Zwanzig Taler, hundert Taler, dreihundert Turnosen für Harnische.» Irritiert blickte sie Adelina an. «Hat er seine Waffen und die Ausrüstung gezählt?»
«Lass sehen.» Adelina nahm ihr das Buch ab. « Nein, das kann unmöglich sein eigener Besitz sein», entschied sie. «Dies hier sind Waffen für ein ganzes Söldnerheer. Schau, hier hat er auch Verluste vermerkt und deren Wert eingetragen.» Sie runzelte die Stirn. «Sind das vielleicht die Bestände des Kölner Zeughauses? Weshalb hat er so genaue Aufzeichnungen darüber? Das ist doch normalerweise nicht seine Aufgabe. Der Rentmeister führt die Bücher über die städtischen Waffen.» Entschlossen schlug sie das Buch zu. «Wir nehmen es ebenfalls mit. Es könnte ja sein, dass –»
«Was wollt Ihr mitnehmen?» Rigo war in der Tür erschienen und blickte misstrauisch von Adelina zu Mira und wieder zurück.
Adelina deutete auf das Buch und die Karte. «Weißt du vielleicht, was es damit auf sich hat? Hast du diese Karte schon einmal gesehen?»
Rigo trat an das Pult und beugte sich darüber. «Hmm, ja, hab ich. Über diese Karte haben sich die beiden Hauptmänner mehrmals die Köpfe heißgeredet. Ich weiß nich, worum genau es ging. Ich glaube, es hatte was mit Überfällen auf Handelsreisende zu tun.»
«Und das hier?» Mit fragendem Blick hielt Adelina ihm das Buch unter die Nase.
Rigo schlug es auf und blätterte darin. «Weiß nich», brummelte er. «Ich kann nich lesen. Was is das?»
«Eine Auflistung aller städtischen Waffen», antwortete Adelina. «Zumindest glauben wir, dass es sich darum handelt. Kannst du dir einen Grund vorstellen, weshalb mein Bruder die hier aufbewahrt?»
«Städtische Waffen?» Er kratzte sich am Kopf. «Nein, wozu sollte er eine Liste davon brauchen? Das is doch Sache des Rentmeisters.»
«Deshalb wundern wir uns ja darüber», erklärte Adelina. «Es ist wohl wirklich das Beste, wir nehmen Buch und Karte mit, um sie in Ruhe anzusehen. Und keine Sorge, Rigo, wir bringen beides bald wieder zurück. Jetzt sollten wir aber allmählich aufbrechen, der Vormittag ist schon recht weit fortgeschritten; ich muss mich um meine Apotheke kümmern.»
«Also gut.» Rigo nickte zögernd. «Nehmt die Sachen mit. Aber ich bin nicht schuld, wenn der Hauptmann Euch aus Zorn über Eure Eigenmächtigkeit den Kopf herunterreißt.» Er hielt inne. «Wenn Ihr ihn seht, sagt ihm, wir stehen alle hinter ihm.»
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7. KAPITEL
B ei ihrer Rückkehr in die Apotheke fand Adelina dort eine ganze Menschentraube vor. Männer und Frauen drängten sich im Apothekenraum zusammen und redeten laut durcheinander, offenbar darauf wartend, dass Griet sie endlich bediente. Das Mädchen hatte alle Hände voll zu tun, teures Konfekt in Schachteln zu verpacken und Säckchen mit bereits gemischten Arzneien zu verkaufen. Colin und Katharina saßen in einer Ecke des Raumes auf dem Boden und spielten mit kleinen Holzfiguren. Adelina wunderte sich, was die beiden hier wohl zu suchen hatten. Wo steckten Franziska und Magda? Hoffentlich ging es Tilmann nicht noch schlechter! Bei diesem Gedanken wurde ihr flau im Magen.
Kurzerhand drückte sie Mira Buch und Karte in die Hände und forderte sie mit stummen Blicken auf, beides rasch hinab in den geheimen Raum unterhalb des Kellers zu bringen. Das Mädchen gehorchte. Adelina trat hinter den Verkaufstresen und fragte den nächstbesten Kunden nach seinem Begehr.
Griet warf ihr einen dankbaren Seitenblick zu, der deutlich zeigte, dass sie sich ein wenig überfordert gefühlt hatte. Überall hörte man Husten und Schniefen. Während Adelina neue Kräuterarzneien mischte, erzählte ihre Stieftochter ihr, dass sich Franziska und Magda tatsächlich unten im Laboratorium aufhielten, weil am früheren Vormittag Georg Reese da gewesen war. Er hatte sich nach Adelina erkundigt; da sie jedoch nicht zu Hause war, hatte er ausrichten lassen, dass er gegen Mittag mit einigen Bütteln zurückkommen werde. Offenbar hatte der Vogt veranlasst, das Apothekenhaus sowie Adelinas Wohnräume durchsuchen zu lassen. Sie wunderte sich, dass Reese das Risiko auf sich nahm, sie zu warnen. Wenn der Vogt davon erfuhr, konnte das für den Gewaltrichter schwere Konsequenzen nach sich ziehen. Vermutete Reese vielleicht, dass Adelina ihn angelogen hatte? Sie verspürte ein schlechtes Gewissen, Geheimnisse vor dem alten Freund zu haben, hoffte jedoch, er würde ihr dies verzeihen können. Möglicherweise hatte er
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