Verschwörung im Zeughaus
sowie ein paar Scheiben des gerösteten Brotes. «Ich kann ihm ja ein wenig Gesellschaft leisten.»
Ludmilla kicherte. «Ausgerechnet du? Glaubst du nicht, dass ihm in deiner Anwesenheit das Essen im Halse stecken bleiben wird? Wenn ich mich recht entsinne, geht ihr einander schon an die Kehle, wenn ihr nur dieselbe Luft atmet. Eine gemeinsame Mahlzeit könnte unter diesen Umständen gefährlich werden.»
Miras Wangen färbten sich rosa. Sie zog die Augenbrauen zusammen und schob trotzig das Kinn vor. «Soweit ich mich erinnere, war er von der Aussicht auf deine Gesellschaft auch nicht gerade angetan. Ein bisschen Abwechslung wird ihm schon nicht schaden. Außerdem habe ich nicht vor, mich mit ihm zu streiten.»
«Nicht?» Neklas schmunzelte nun ebenfalls. «Aber auch, wenn du mit den besten Absichten zu ihm gehst, werdet ihr doch früher oder später wieder aneinandergeraten. Deshalb bitte ich dich, gnädig mit ihm zu sein. Er ist derzeit nicht in der Lage, sich mannhaft gegen deine spitze Zunge zu wehren.»
Zu Adelinas Überraschung vertiefte sich die rote Farbe auf Miras Wangen noch. Die Gesellin presste die Lippen fest zusammen, griff nach der Schüssel, einem Löffel und ihrem eigenen Teller und hastete aus der Küche. Die Tür fiel mit einem leisen Klappen hinter ihr zu.
Irritiert runzelte Adelina die Stirn. «Ich muss sagen, Mira überrascht mich immer wieder.»
Ludmilla kicherte erneut in sich hinein. «Wenn ich es nicht besser wüsste …» Sie schüttelte den Kopf. «Aber nein, das gäbe nur Mord und Totschlag. Ihr solltet aufpassen, dass die beiden bei ihren Wortgefechten nicht in Brand geraten.»
«Was soll das denn bedeuten?» Verständnislos blickte Adelina die alte Frau an.
«Das, was ich gesagt habe. Könnte sein, dass sich die beiden aneinander die Finger verbrennen. Und das wäre bestimmt schmerzhaft.»
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11. KAPITEL
N achdem Mira die Kellertreppe hinabgestiegen war, blieb sie für einen Augenblick im Laboratorium stehen und atmete mehrmals tief ein und aus. Obgleich sie sich eine dumme Gans schalt, spürte sie ihre flatternden Nerven. Warum sie darauf bestanden hatte, dem Hauptmann sein Abendessen zu bringen, konnte sie sich selbst nicht erklären. Es hätte durchaus gereicht, wenn Ludmilla es später mitgenommen hätte. Neugier, sagte sie sich, war wohl der Hauptgrund. Greverode hatte behauptet, dass Ailff van Wesel ein Betrüger, möglicherweise sogar ein Verräter war. Der Graf war zwar nicht mit ihr blutsverwandt, wohl aber mit ihrem Stiefvater. Auch wenn sie beiden Männern nicht sonderlich viel Zuneigung entgegenbrachte, waren solche Anschuldigungen doch ein Angriff auf die Familienehre der von Raderbergs. Sie musste herausfinden, ob Greverodes Verdacht der Wahrheit entsprach. Doch was, wenn es stimmte? Van Wesel und ihr Stiefvater waren nicht nur Vettern zweiten Grades, sondern auch gute Freunde. Wusste ihr Stiefvater von diesem angeblichen Verrat? Hoffentlich nicht, denn das würde bedeuten, dass er sich durch dieses Wissen mitschuldig machte.
Mira schloss kurz die Augen, um sich zu sammeln. Als sie sie wieder öffnete, blickte sie auf den Teller und die Schüssel in ihren Händen. Wenn sie jetzt nicht allmählich in das Kellergelass ging, wäre das Rührei eiskalt. Noch einmal nahm sie einen tiefen Atemzug, dann stieg sie entschlossen die schmale Treppe hinunter.
Im Laboratorium war es kühl gewesen, denn schon lange hatte der große philosophische Ofen nicht mehr gebrannt. Unten in dem Versteck war es ein wenig wärmer, jedoch immer noch unangenehm. Mira blieb am Fuß der Stiege stehen und blickte sich um. Das Feuer im Kohlebecken glimmte nur noch leicht. Greverode hatte seine Wolldecke bis hinauf zum Kinn gezogen, vermutlich fror er. Seine Augen waren geschlossen, sein Atem ging ruhig und gleichmäßig. Offenbar hatte Ludmilla recht gehabt, er ruhte. Oder schlief er sogar?
Mira zögerte und sah sich erneut unschlüssig um. Sollte sie doch lieber später wiederkommen?
«Wer ist da?» Greverode öffnete die Augen und drehte den Kopf so weit, dass er sie erkennen konnte. Sogleich erschien eine steile Falte zwischen seinen Augen. «Jungfer Mira? Was habt Ihr hier zu suchen? Seid Ihr allein? Wo steckt die alte Nebelkrähe?»
Mira schluckte und kämpfte das erneute Flattern ihrer Nerven entschlossen nieder. Sie trat an das Krankenlager und reichte Greverode die Schüssel mit dem Rührei und dem Brot. Ihren eigenen Teller stellte sie auf dem Hocker
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