Verschwörung im Zeughaus
Hilflosigkeit zu schaffen machte.
An der Luke zum Kellergelass kam ihnen Griet entgegen.
«Mutter, Vater!», rief sie erschrocken, bemühte sich dann aber sichtlich, eine gleichmütige Miene aufzusetzen. «Ich war … ähm, gerade unten, um nach Ludmilla zu suchen. Aber sie ist noch nicht zurück, nicht wahr?»
«Offensichtlich nicht», antwortete Neklas. «Was wolltest du denn von ihr?»
Auf Griets Wangen erschien eine leichte Röte. «Ach, nichts Wichtiges. Ich wollte sie nur etwas fragen. Aber das kann ich auch noch ein andermal tun.» Sie huschte an ihnen vorbei zur Treppe. «Ich geh dann mal … Mira in der Apotheke helfen.»
Adelina warf ihr einen irritierten Blick nach.
«Etwas stimmt mit dem Mädchen nicht», murmelte sie.
«Da hast du recht», bestätigte Tilmann zu ihrer Überraschung.
«Was meinst du damit?», fragte Neklas alarmiert.
Tilmann bedeutete ihm, dass er zuerst die Stiege hinabsteigen wollte. Als sie unten angekommen waren und er sich wieder auf sein Krankenlager begeben hatte, sprach er weiter: «Es geht mich zwar nichts an, aber kann es sein, dass die Kleine sich hin und wieder heimlich aus dem Haus schleicht?»
«Um Himmels willen, wie kommst du denn darauf?», rief Adelina erschrocken. «Warum sollte sie das tun?»
«Ein heimliches Stelldichein?», schlug Tilmann vor.
«Nein.» Adelina schüttelte heftig den Kopf. «Dazu ist sie viel zu jung … und abgesehen davon würde sie so etwas nicht tun.»
«Sicher nicht?» Tilmann rutschte auf seiner Matratze hin und her, bis er eine bequeme Lage gefunden hatte. «Dann frage ich mich, weshalb sie heimlich hier hinabgeschlichen ist, nachdem ich zu euch gekommen war.»
«Sie hat was getan?» Ungläubig starrte Adelina ihn an.
«Sie ist in den Keller geschlichen. Und wenn mich mein Gehör nicht verlassen hat, klang es ganz so, als sei sie durch die Gänge davon», wiederholte Tilmann mit ernster Miene. «Vorgestern ist sie auch an mir vorbei, als sie dachte, ich schliefe.»
«Wohin ist sie denn gegangen?», hakte Neklas sofort nach.
«Das weiß ich nicht. Sie war eine knappe halbe Stunde verschwunden», erklärte Tilmann. «Ich hielt es in meiner lädierten Verfassung nicht für ratsam, ihr nachzugehen.»
«Ich muss sofort mit ihr reden», sagte Adelina erschüttert.
«Das werden wir gemeinsam tun», stimmte Neklas mit grimmiger Miene zu.
«Was werdet ihr gemeinsam tun?», fragte Ludmilla, die in diesem Moment aus dem Gang kam, der in Richtung des alten Beinhauses führte. Sie hatte sich inzwischen angewöhnt, diesen Weg zu nehmen, damit niemand sah, dass sie im Apothekenhaus ein- und ausging.
«Wir müssen mit Griet sprechen», antwortete Adelina erregt. «Tilmann sagt, sie habe sich schon mindestens zweimal davongeschlichen. Wenn sie die Geheimgänge benutzt hat, um das Haus zu verlassen, will ich wissen, wohin sie gegangen ist.»
«Ach herrje.» Ludmilla hüstelte. «Du solltest dir keine Gedanken machen, Adelina. Das Mädchen ist alt genug, um hin und wieder eigene Wege zu gehen.»
«Wie bitte?»
Ludmilla lachte krächzend. «Nun sag bloß, du bist als junges Mädchen nicht auch ab und zu der Obhut deiner Eltern entwischt.»
«Also das …» Adelina errötete leicht.
«Ach?» Interessiert blickte Neklas sie von der Seite an.
Ludmilla legte ihm die Hand auf den Arm. «Macht euch keine Sorgen. Sie hat nichts Unrechtes getan.»
«Du wusstest davon?» Ungläubig blickte Adelina die alte Frau an.
Ludmilla zögerte kurz. «Sagen wir so: Sie hat mich ein-, zweimal um einen … Rat gebeten.»
«Sie ist doch wohl nicht krank?», fragte Neklas besorgt.
«Ach was, davon kann keine Rede sein.» Ludmilla winkte ab. «Aber nun zu etwas anderem. Auf dem Weg durch die Stadt ist mir etwas zu Ohren gekommen, das Euch, Hauptmann Greverode, interessieren dürfte.»
«Und das wäre?» Tilmann hob den Kopf und brachte sich schließlich unter Ächzen wieder in eine sitzende Position. Sogleich war Adelina bei ihm und stopfte ihm das Kissen in den Rücken, so gut es ging.
Ludmilla stellte den Korb ab, den sie wie immer bei sich trug, und setzte sich auf den Hocker. «Mir ist eine der Mägde aus van Dalens Haushalt über den Weg gelaufen. Ich kenne sie, weil ich ihrer Schwester bei der Geburt eines Kindes geholfen habe. Dora heißt sie. Erst wollte ich sie ansprechen und ein bisschen ausfragen, aber sie schien es recht eilig zu haben. Sie verschwand in einer kleinen Winkelapotheke am Laurenzplatz, also wartete ich auf sie. Als sie
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