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Verschwörung in Florenz

Verschwörung in Florenz

Titel: Verschwörung in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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auf dem Sofa hinzulegen, das nach den Maßstäben des 21. Jahrhunderts nicht gerade bequem gepolstert war.
    »Soll ich Ihnen noch etwas bringen?«, fragte er und zündete die Kerze an.
    »Nein, danke. Das Ganze ist mir ehrlich gesagt ziemlich peinlich. Ich bin Ihnen ein schöner Gast. Erst erschnorre ich mir eine Einladung, dann beleidige ich Sie durch meine Fragen und mein Verhalten, und jetzt auch noch das.«
    »Das alles ist unwichtig, Anne«, sagte Mecidea. Und sowohl der Klang seiner Stimme als auch der Ausdruck auf seinem Gesicht gefielen Anne überhaupt nicht. Erneut überschwemmten sie Befürchtungen. Sie dachte an die Mafia, an Geisteskrankheit, ja, sogar an Vampire. »Sie sind gekommen, und das allein zählt. Und glauben Sie mir, ich habe so lange auf diesen Tag gewartet, dass ich Ihnen nahezu alles verzeihen würde.«
    Verwirrt darüber, ob sie seine Worte wirklich richtig verstanden hatte, richtete Anne sich auf dem Sofa auf und sah Mecidea nach, der hinter sich die Tür schloss. Und dann hörte sie einen Schlüssel, der mehrfach umgedreht wurde. Zu ihrem Entsetzen erkannte sie, dass die Tür weder Griff noch Drücker hatte. Trotz ihres Schwindels und der Kopfschmerzen, die sich mit rasch zunehmender Intensität in ihren linken Augapfel bohrten, stand sie auf und schleppte sich zu der Tür. Sie klopfte und hämmerte dagegen, sie schrie um Hilfe, doch niemand schien sie zu hören. Die Musik, das Lachen der anderen Gäste drang zu ihr herein. Keiner nahm Notiz von ihr. Sie war gefangen. Das allein war schon schlimm genug, aber nun war sie auch noch Cosimo Mecidea hilflos ausgeliefert. Was um alles in der Welt hatte er nur mit ihr vor? Wozu konnte sie einem Mann wie ihm nützlich sein? Und was hatte er damit gemeint, dass er schon lange auf sie gewartet hatte? Kannte er sie doch? War das Ganze vielleicht nichts weiter als ein Racheakt? Sie konnte sich zwar keinen Grund dafür vorstellen, denn sie gehörte nicht zu dieser Art von Kollegen. Sie war Journalistin und keine Klatsch- und Skandalreporterin, aber hatte sie ihn oder einen Angehörigen seiner Familie vielleicht doch irgendwann in einem Artikel beleidigt?
    Die Kopfschmerzen wurden immer schlimmer. Mittlerweile tat ihre ganze linke Gesichtshälfte so weh, dass sie die Haut nicht einmal berühren konnte. Sie musste niesen und schrie auf. Es war ein Gefühl, als wäre die linke Hälfte ihres Schädels einfach explodiert. Mühsam schleppte sie sich zum Sofa zurück und ließ sich auf die harten Polster sinken. Wenn jemals ein Migräneanfall zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt gekommen war, dann jetzt. Mit diesen Kopfschmerzen konnte sie nichts tun. Gar nichts. Sie konnte nicht klar denken, sie konnte ja noch nicht einmal richtig sehen. Alles um sie herum, die schlichten ocker gestrichenen Wände des Raums, die beiden düsteren Porträts, sogar das Licht der Kerzen verschwanden hinter einem goldenen Nebelschleier.
    O Anne, wo hast du dich da nur hineingeritten, dachte sie und schloss die Augen. In Dunkelheit und Reglosigkeit war eine Migräneattacke erfahrungsgemäß besser zu ertragen. Trotzdem wagte sie es nicht, die Kerzen auszupusten. Sie fürchtete sich vor der vollständigen Finsternis in diesem fensterlosen Raum. Mühsam drehte sie sich auf die rechte Seite und den Kerzen den Rücken zu. Vielleicht sollte sie einfach hier still liegen. In ein paar Stunden würden die Kopfschmerzen verschwunden sein – wahrscheinlich. So war es meistens. Und dann, mit einem klaren Kopf, würde sie sich überlegen, wie sie Cosimo Mecidea entkommen konnte. Jetzt in diesem jämmerlichen Zustand war sie kaum mehr als ein hilfloses wimmerndes Bündel Mensch, dem bereits ein greller Lichtstrahl zum Verhängnis werden konnte. Wenn die Kopfschmerzen vorbei waren, würde sie sich um ihre Rettung Gedanken machen. Und mit diesem Vorsatz schlief sie ein.

III
    Stunde des Erwachens
    »Signorina!«
    Die Stimme war nicht laut, doch sie erklang direkt neben Annes Ohr und ließ sie jäh aufschrecken. Ein breiter Streifen Licht schien ihr direkt ins Gesicht und blendete sie.
    »Signorina, das Fest ist zu Ende. Alle Gäste sind bereits gegangen. Ihr müsst das Haus nun ebenfalls verlassen.«
    Anne setzte sich auf, ohne zu wissen, wo sie war. Verwirrt sah sie sich um – ein dunkler fensterloser Raum, zwei Porträts an den Wänden, ein hartes, ziemlich unbequemes Sofa und zwei Diener in seltsamer mittelalterlich anmutender Kleidung und einem dreiarmigen Leuchter mit brennenden

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