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Verschwörung in Florenz

Verschwörung in Florenz

Titel: Verschwörung in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Klappern der Hufe dröhnte in ihrem Kopf. Von dem Komfort des Bentley war hier keine Spur. Unsanft wurde sie hin und her geschüttelt. Jeden Stein, jedes Loch spürte sie in allen Knochen, als würde sie auf einem dünnen Stuhlkissen sitzend über das Kopfsteinpflaster geschleift werden. Und was sie befürchtet hatte, geschah auch. Nach einer Weile meldeten sich ihre Kopfschmerzen zurück. Zwar waren sie lange nicht so stark wie vorher, doch das war nur eine Frage der Zeit. Sie brauchte jetzt unbedingt innerhalb der nächsten halben Stunde zwei Aspirin, eine heiße Dusche und danach einen Espresso mit Zitrone, wenn sie nicht den Rest des Tages als kopfschmerzgeplagter Zombie durch die Gegend laufen wollte.
    Als Anne schon befürchtete, die Fahrt würde gar kein Ende nehmen, hielt die Kutsche an. Das geschah so abrupt, dass sie beinahe von der Bank gefallen wäre. Im letzten Moment fing sie sich, raffte ihr Kleid zusammen und stieß wütend die Tür der Kutsche auf.
    »Was fällt Ihnen ein …« Eigentlich wollte sie den Kutscher für seine unsanfte Fahrweise zurechtweisen. Für die baulichen Mängel der Straßen konnte er nichts, doch er hätte ihr wenigstens Bescheid geben können, bevor er so Hals über Kopf gebremst hatte. Aber die Worte blieben ihr im Hals stecken. Für einen Moment glaubte sie ihren Augen nicht zu trauen, als sie sah, wo sie angekommen war. Direkt vor ihr erhob sich die schlanke, eindrucksvolle und absolut einmalige Fassade des Palazzo Davanzati. Der Kutscher war im Kreis gefahren.
    »Sagen Sie mal, wollen Sie mich vielleicht auf den Arm nehmen?«, fuhr sie den Mann an, der mit gesenktem Kopf auf dem Kutschbock saß. Stoisch wie ein Ochse ließ er ihre Schimpftirade über sich ergehen. »Ich wollte keine nächtliche Spazierfahrt durch Florenz machen. Ich wollte nach Hause ins Hotel!«
    In diesem Augenblick öffnete sich die Tür des Palazzo. Drei Männer kamen heraus, und ein schrecklicher Gedanke durchzuckte sie. Der Kutscher gehörte bestimmt auch zu Cosimo Mecideas Leuten. Hatte man ihm den Befehl gegeben, sie kreuz und quer durch die Stadt zu fahren, um sie in Sicherheit zu wiegen und so ihre Flucht zu verhindern?
    Hektisch blickte sie die Straße auf und ab. Nirgendwo brannte Licht, nicht einmal eine winzig kleine Kerze. Alles war dunkel – abgesehen von dem Lichtschein, der aus der offenen Tür des Palazzo Davanzati auf die Straße fiel.
    Im nächsten Moment waren auch schon zwei der Männer bei ihr. Einer von ihnen war der Diener, der dem Kutscher die Anweisungen gegeben hatte. Der dritte Mann ließ sich noch ein bisschen Zeit, und Anne zweifelte keine Sekunde daran, dass es sich um Mecidea handelte. Noch bevor sie überhaupt daran denken konnte, fortzulaufen, wurde sie an den Armen gepackt und festgehalten. Sie stieß und trat um sich und schrie aus Leibeskräften, in der Hoffnung, dass jemand sie hören würde. Irgendjemand musste doch aufmerksam werden und die Polizei rufen, bevor man sie wieder ins Haus gezerrt hatte. Doch die beiden Männer waren ihr weit überlegen. Sie hatten sie so fest gepackt, dass sie kaum noch Luft bekam, und einer der beiden hielt ihr den Mund zu. Trotzdem gab Anne nicht auf. Es gelang ihr, ihren Kopf zu befreien und dem, der hinter ihr stand, so in die Hand zu beißen, dass er vor Schmerz aufschrie und sie losließ. Dann stieß sie dem anderen ihr Knie genau zwischen die Beine. Der Mann knickte zusammen wie ein Strohhalm und schnappte mühsam nach Luft. Aber Anne war noch nicht fertig. Sie wirbelte herum und stieß dabei dem ersten Diener ihren Ellbogen ins Gesicht. Erst dann begann sie zu laufen. Ihre Schuhe klapperten auf dem Pflaster. Ein Absatz blieb zwischen zwei Steinen stecken, doch sie ließ den Schuh einfach dort, zog den zweiten ebenfalls aus und lief barfuß weiter. Hinter ihr erklang lautes Fluchen und Schimpfen. Als sie einen kurzen Blick über die Schulter warf, sah sie, dass sich die beiden Diener wieder aufgerafft hatten und nun ihre Verfolgung aufnahmen.
    Hoffentlich nehmen sie nicht die Kutsche, hoffentlich nicht die Kutsche, dachte Anne, während sie in eine schmale Seitenstraße einbog, die ihrer Einschätzung nach direkt auf die Piazza della Repubblica führen musste. Sie lief so schnell sie konnte. Das Kopfsteinpflaster fühlte sich unter ihren nackten Füßen seltsam an – feucht und glitschig, als hätte erst vor kurzer Zeit ein heftiger Regenschauer Schmutz und Unrat aufgeweicht. Dabei hatte es schon lange keinen Niederschlag

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