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Verschwörung in Florenz

Verschwörung in Florenz

Titel: Verschwörung in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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einer kleinen bescheiden eingerichteten Kammer. Vor dem Fenster stand ein Stuhl mit einer hohen Lehne. Zwei dunkle Rechtecke hoben sich deutlich von der hellen Wand ab, ein kleineres, fast quadratisches und ein größeres daneben. Ein Schrank und eine Tür, vermutete Anne. Darüber hing wie ein schwarzer Tintenfleck ein Kreuz. Das Bett stand dem Fenster gegenüber. Es war ebenfalls dunkel und so kurz, dass es sich eigentlich nur um ein Kinderbett handeln konnte. Oder … vielleicht … Bilder tauchten aus ihrer Erinnerung auf, unzusammenhängende Bilder, Bilder aus verschiedenen Museen in ganz Europa. Doch sie traute sich nicht, den Gedanken, der mit diesen Bildern aufgetaucht war, zu Ende zu denken.
    Wo um alles in der Welt war sie? War sie immer noch im Palazzo Davanzati, oder war sie verschleppt worden? Sie dachte an Giuliano, der so nett und zuvorkommend gewesen war. Er hatte behauptet, Giuliano de Medici zu sein. Welch aberwitziger Gedanke. Nur ungern erinnerte sie sich, dass sie in der Nacht noch bereit gewesen war, ihm zu glauben. Hatte dieser Giuliano ihre Verwirrung unter dem Einfluss von Mecideas Droge ausgenutzt? Waren seine Freundlichkeit und sein Mitgefühl nur vorgetäuscht gewesen? Hatte er lediglich auf den richtigen Augenblick gewartet und sie dann, als sie ohnmächtig geworden war, an einen geheimen Ort gebracht?
    Die Tür öffnete sich. Hastig legte sich Anne wieder hin und tat, als ob sie schliefe. Doch mit einem Auge beobachtete sie zwei Gestalten, die ins Zimmer huschten. Die eine blieb im Hintergrund stehen, die andere beugte sich über sie. Es war eine Frau, mit einer hellen Haube auf dem Kopf.
    Eine Nonne, dachte Anne und war erleichtert. Natürlich, dieser Giuliano muss mich irgendwo an einem Straßenrand ausgesetzt haben, und Nonnen haben mich gefunden.
    »Signorina? Signorina, seid Ihr wach? Wie geht es Euch?«, fragte die Frau. Ihre Stimme klang freundlich und ehrlich besorgt. »Wir haben Euch eben rufen hören.«
    Anne setzte sich auf. »Mir geht es gut«, erwiderte sie. »Ich habe mir nur meinen Kopf an dem Bett gestoßen.«
    Die Frau lächelte wie es schien erleichtert und nickte der anderen zu, die den Vorhang zurückschob. Dahinter verbargen sich keine Rollläden oder Jalousien, und das Fenster war auch nicht mit Brettern zugenagelt. Es waren Fensterläden, massive, schwere Fensterläden wie vor hundert Jahren. Die Scharniere ächzten und knarrten, als sie geöffnet wurden, und gleißender Sonnenschein durchflutete den Raum. Anne musste sich geblendet die Hand vor die Augen halten, doch schon nach kurzer Zeit hatte sie sich an die Helligkeit gewöhnt, und endlich konnte sie ihr Zimmer und die beiden Frauen besser sehen.
    Der kleine, fast quadratische Raum war wirklich sehr spartanisch eingerichtet. Außer dem Bett gab es noch den Stuhl vor dem Fenster und eine Kommode. Der einzige Schmuck war ein hölzernes Kruzifix an der weiß getünchten Wand. Doch auch wenn die Einrichtung an eine Klosterzelle erinnerte, Nonnen waren die beiden Frauen nicht. Sie trugen zwar knöchellange, ein wenig farblose Kleider mit großen weißen Schürzen, erinnerten aber dennoch eher an Bauersfrauen auf einem Gemälde von Rembrandt als an Ordensschwestern. Die Frau, die mit ihr gesprochen hatte, hatte ein rundes, freundliches, mütterliches Gesicht. Dichte Strähnen grauen Haares schauten unter ihrer weißen Haube hervor. Die andere Frau war fast noch ein Mädchen. Schüchtern, mit ineinander verschränkten Händen stand sie in der Nähe des Fensters und blickte zu Boden. Beide machten einen harmlosen Eindruck. Trotzdem traute Anne ihnen nicht.
    »Es ist gut, dass es Euch wieder besser geht«, sagte die ältere Frau und hob mindestens ein halbes Dutzend dicke Kopfkissen auf, die verstreut auf dem Boden lagen. »Ihr habt sehr unruhig geschlafen und Euch immer wieder ans Fußende gekauert wie ein verängstigter junger Hase.« Sie schüttelte energisch die Kissen und stopfte sie Anne in den Rücken. »So, so ist es besser.«
    »Wo bin ich?«, fragte Anne und beobachtete ein paar weiße Federn, die zu Boden schwebten. »Und wer sind Sie?«
    »Oh, ich verstehe, Ihr könnt Euch nicht erinnern. Der junge Herr sagte schon, dass es Euch so ergehen könnte.« Die Frau setzte sich auf die Bettkante und nahm Annes Hand in ihre. »Ich bin Matilda, und die junge Magd dort hört auf den Namen Ludmilla. Ihr seid Gast im Haus des jungen Herrn Giuliano. Bei dem Festmahl der Familie vor zwei Tagen wurdet Ihr

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