Verschwörung in Florenz
gestehen, dass Euer Wunsch, mich zu sprechen, mich ziemlich überrascht hat. Wärt Ihr so freundlich, mir nun mitzuteilen, weshalb Ihr mich so dringend zu sprechen wünscht?«
Dies war vielleicht nicht gerade die höflichste Einleitung, die man sich vorstellen konnte, aber nach allem, was sie über Cosimo wusste, schien er sich ohnehin nicht unbedingt an Konventionen zu halten.
Er lachte leise, doch das Lachen klang keineswegs spöttisch, sondern eher gezwungen, so als würde er krampfhaft seine eigene Nervosität zu bekämpfen versuchen.
»Ihr verschwendet nicht gerade viel Zeit, Verehrteste«, sagte er und stellte seine Tasse ab. Das dünne kostbare Porzellan klirrte leise. Cosimos Hand zitterte, seine Stimme bebte. Offensichtlich war er nicht ganz so kühl und selbstbewusst, wie er scheinen wollte. War es die Anspannung, oder hatte er etwa Angst? Angst vor Giovanna und dem, was sie und Anne miteinander besprochen haben konnten? »Aber ich muss gestehen, dass es mir gefällt. Meine Hochachtung.«
»Ich fühle mich geschmeichelt. Dennoch habt Ihr meine Frage noch nicht beantwortet. Weshalb seid Ihr hier, Cosimo?«
Je mehr seine Nervosität zunahm, um so sicherer fühlte sich Anne. Mittlerweile war sie nur noch neugierig. Neugierig und gespannt.
»Lasst es mich so sagen …« Er lehnte sich zurück, legte den Kopf in den Nacken und starrte zur Decke, als würden dort oben irgendwo zwischen den Holzbalken seine Spickzettel kleben. »Als mein Vetter Giuliano mich vor nunmehr fast zwei Wochen zu Euch gerufen hat, zeigtet Ihr mir einen Brief. Einen Brief, der eine Einladung beinhaltete und Euch gewisse Anweisungen gab. Einen Brief, der in meiner Schrift geschrieben worden war.«
Anne sah ihn gespannt an. Sie hatte gehofft, dass er wegen des Briefes zu ihr gekommen war. Vielleicht würde sie nun endlich ein paar der Antworten erhalten, die sie so dringend brauchte.
»Ja?«
Cosimo schluckte, warf sich dann mit einem Ruck nach vorne und beugte sich über den Tisch. Wieder klirrte das Porzellan, und Anne überlegte, ob man sie wohl ins Gefängnis werfen würde, wenn eine der wertvollen aus China stammenden Tassen zu Bruch ging.
»Wer hat Euch den Brief gegeben?«
Seine dunklen Augen hielten sie gefangen. Er sah sie an wie ein hungriges Raubtier, verschlang sie fast mit seinem Blick und schien dabei bis zu ihrer Antwort seine Herzschläge zu zählen. Seine Finger trommelten unablässig auf die Tischplatte.
Wenn das sein Herzschlag ist, werde ich gleich den Notarzt rufen müssen, dachte Anne. Er hat Angst, fürchterliche Angst. Aber warum? Oder besser gesagt, wovor?
»Wer hat Euch den Brief gegeben?«, wiederholte er ungeduldig. »Los, sagt es mir. Wenn Ihr schweigt, um jemanden zu schützen, so seid Euch bewusst, dass es keinen Sinn hat. Ich kenne viele Mittel und Wege, um herauszufinden, was ich wissen will.«
Anne hob überrascht eine Augenbraue. »Es klingt, als wolltet Ihr mir drohen«, sagte sie. »Meint Ihr, dass dies die richtige Art ist, ein Gespräch zu führen?«
Sein Gesicht wurde noch eine Spur blasser, und seine Augen funkelten wie glühende Kohlen. Deutlich konnte sie das Knirschen seiner zusammengebissenen Zähne hören. Die Muskeln an seinen schmalen Wangen arbeiteten. Er machte den Eindruck, als würde er sich nur unter äußerster Willensanstrengung im Zaum halten.
»Treibt nicht Eure Spielchen mit mir«, sagte er leise, und seine Stimme bebte vor mühsam unterdrücktem Zorn. Er rieb seine linke Hand, an der schneeweiß die Knöchel hervortraten. Vielleicht kämpfte er gerade gegen den Impuls an, seine Faust einfach auf das zarte zerbrechliche Porzellan niedersausen zu lassen. Oder wollte er sie schlagen? Anne fühlte sich, als würde ihr gegenüber ein schwarzer Panther sitzen, der sich ihr langsam und leise knurrend näherte. Sie erinnerte sich an ein Interview, dass sie vor vielen Jahren mit einem Zirkusdompteur geführt hatte. »Niemals Angst zeigen, das ist das Wichtigste beim Umgang mit Raubtieren«, hatte er gesagt. Niemals Angst zeigen … Der Mann hatte gut reden. In diesem Augenblick bereute Anne, dass Giuliano nicht doch anwesend war. Er hätte sie bestimmt vor seinem Cousin schützen können. »Ich bin nicht gekommen, um mich von Euch zum Narren halten zu lassen, Signorina Anne. Beantwortet einfach meine Frage. Wer hat Euch den Brief gegeben?«
»Ihr«, antwortete Anne und versuchte dabei so kühl und gelassen wie möglich zu wirken. »Ihr wart es selbst.«
»Du lügst!«,
Weitere Kostenlose Bücher