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Verschwörungsmelange

Verschwörungsmelange

Titel: Verschwörungsmelange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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lässt, sag mir
bitte, was du von Ehrentrauts Frau Bettina hältst.« Wieder lag das breite,
joviale Lächeln auf Juriceks Gesicht.
    »Keine Ahnung«, drückte Leopold herum. »Das Einzige, was mir
einfällt, ist, dass die Ehe praktisch nur mehr auf dem Papier bestanden hat.«
    »Leopold, enttäusch mich nicht. Die Frau war gestern Mittag
hier im Kaffeehaus, das weiß ich. Das hast du dir doch nicht entgehen lassen,
oder?«
    »Ja, sie war kurz da«, gab Leopold widerwillig zu. »Aber wir
haben nur über ein paar Belanglosigkeiten geplaudert. Soll’s jetzt etwa die
gewesen sein? Erinnere dich, Richard: Wir gehen davon aus, dass der Mörder das
Messer aus der Kantine verschwinden hat lassen. Und Bettina war nie dort.«
    »Sie könnte einen Komplizen gehabt haben.« Juricek strich
sich genüsslich übers Kinn.
    Leopold setzte sein unschuldigstes Gesicht auf. »Wen denn?«,
fragte er.
    »Ihren Freund Gerry Scheit, den Privatdetektiv. Der müsste
dir eigentlich auch schon bekannt sein. Zumindest kann ich mir nicht
vorstellen, dass ihn dein Freund Korber gestern aus eigenem Antrieb
fotografiert hat. Also bist du ja schon auf einer heißen Spur.«
    »Das ist unfair, Richard«, protestierte Leopold. »Ich glaube
fast, du spionierst mir mehr nach als irgendjemand anderem. Und wie soll ich
dir behilflich sein, wenn du ohnedies schon alles weißt?«
    »Immer mal langsam«, sagte Juricek. »Es hat uns eben
interessiert, was die Ehefrau des Verstorbenen am Tag nach seinem Tod so alles
treibt. Dich offenbar auch. Es hat dir aber niemand angeschafft, ihr
nachzuspionieren. Es wäre vernünftiger und effizienter, wenn du dich unter dem
Fußballpublikum umhörst, wie wir es besprochen haben. Da hast du ja schon
einiges herausbekommen. Aber du weißt, was ich von deinen anderen Aktivitäten
halte. Und du kennst mittlerweile meinen Kollegen Bollek.«
    Leopold stand auf. Freilich, am liebsten wäre er im Erdboden
versunken. Vielleicht war es am besten, jetzt schnell den Dienst anzutreten, um
den Ärger darüber, dass er seinen gesamten Ermittlungsvorsprung verspielt
hatte, durch Arbeit zu verdrängen.
    Juricek griff derweil, immer noch breit lächelnd, nach seinem
breitkrempigen Sombrero. »Übrigens«, meinte er beim Aufsetzen, »dieser Scheit
könnte es tatsächlich gewesen sein. Gretl Posch behauptet, dass sie ihn am
Mordabend in der Kantine gesehen hat. Möglicherweise war er auch schon vorher
einmal dort. Er hatte also die Gelegenheit, sich das Messer zu nehmen.«
    Während er zahlte, teilte er Leopold mit: »Übrigens, was ich
dir neulich geklagt habe, wegen meiner Wehwehchen: Wenn du auch einmal das
Gefühl hast, die Toten sitzen dir im Genick und drücken dich nieder, sodass du
nicht mehr aufkommst, schalt einfach einmal total ab und mach einen
ausgedehnten Spaziergang an der frischen Luft. Ich habe beinahe schon
vergessen, welche Wunder das wirken kann. Ich fühle mich heute geradezu
prächtig, wie neugeboren. Du schaust mir allerdings ein bisschen abgespannt
aus. Übertreib es also nicht. Kopf hoch und … na, du weißt ja.«
    Als er durch die kleine Küche ging, um sich für
seinen Dienst umzuziehen, spürte Leopold wieder das leichte Stechen in der
Seite. Sein Kopf war auch etwas schwammig nach all dem, was er sich von Juricek
hatte anhören müssen. Wahrscheinlich lag er bereits weit hinter den
polizeilichen Ermittlungen zurück. ›Es ist doch ein Schub‹, dachte er
kopfschüttelnd. ›Da kann man nichts machen.‹

     
    *

     
    Leopold hatte sich noch viel zu wenig mit seiner
Zukunft beschäftigt. Was, wenn es ihm wirklich einmal schlechter gehen sollte?
Oder, viel schlimmer, wenn man ihn eines Tages einfach nicht mehr brauchte?
    Normalerweise waren ihm solche Gedanken verhasst, er
verdrängte sie. Aber jetzt, er wusste auch nicht warum, fiel ihm immer wieder
die Geschichte mit den Händetrocknern ein, bei jedem Gast, der die Toilette
aufsuchte. Zuerst würde der Händetrockner das Handtuch ersetzen, dann würden
überhaupt neue WC-Anlagen kommen, dann eine neue Küche. Auch sonst würde kein
Stein auf dem anderen bleiben. Die Billardbretter, die Kartentische, die
Zeitungen, alles würde wegkommen. Im Geist sah Leopold Joe Brown mit einer
dicken Zigarre dastehen und lautstark Befehle austeilen, und mit jedem Befehl
würde etwas Neues von dieser kleinen Welt Besitz ergreifen, die so wenig Neues
vertrug. Er hörte Musik aus Dutzenden Lautsprechern auf ihn eindringen,

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