Verschwörungsmelange
das machen?«, fragte er.
»Ihr Problem, aber stellen Sie sich nicht so dumm. Es gibt
das Meldeamt, das Internet und alte Telefonbücher. Es gibt Zeitungen von
früher, in denen sicher etwas über Zelenys Tod gestanden ist. Es gibt die
Vereine, bei denen er gespielt hat, zum Beispiel Pötzleinsdorf. Also fragen Sie
nicht ständig herum, sondern beeilen Sie sich.«
»Ich werd’s versuchen«, sagte Scheit, aber es klang nicht
sehr überzeugend. Dann klickte es in der Leitung. Er hatte aufgelegt, ohne sich
zu verabschieden. Leopold fürchtete, dass er sich wieder in seinem Bett
verkriechen würde, anstatt nach Beweismaterial zu suchen.
*
»Hello, Boys!« Mit diesen Worten betrat Joe
Brown kurz vor dem Schautraining die Kabine der Kampfmannschaft von Eintracht
Floridsdorf. Klaus Stary, der mit ihm gekommen war, hielt derweil draußen
Wache.
»I have no idea, ob ihr wisst, wer ich bin, Boys«, fabulierte
Brown in seinem unverwechselbaren Akzent. »Ich war ja schon ein paar Mal hier
und habe mir eure Spielwiese angesehen, aber das tut nichts zur Sache, das ist
wirklich nicht important. Mein Name ist Joe Brown. Ich bin Präsident von euren
Kollegen, den Floridsdorfer Kickers. Really nice club! Wir können tatsächlich
Meister werden, und wenn wir Champions sind, haben wir große Ziele. Dann wollen
wir den anderen einmal Feuer unterm Arsch machen, wie man hier bei euch so
sagt. Aber dazu fehlt noch ein kleines Stück.
Ich weiß, wovon ich rede. Ich bin ja selbst aufgewachsen hier
in Floridsdorf, und dann hinüber über den großen Teich nach Kanada. I had a
dream, Boys, ich habe einen Traum gehabt. Da drüben gibt es nämlich viel Holz,
und ich habe mir gedacht, es ist doch unnötig, wenn dieses ganze schöne Holz
einfach im Wald stehen bleibt. Also habe ich die Ärmel aufgekrempelt. ›Des werd
ma glei hob’n‹, habe ich gesagt, und was ist heute? Heute gehört mir eine der
größten Möbelketten von Amerika, Boys, that’s for sure.
Und jetzt habe ich noch so einen Traum. Ich möchte was
erreichen mit dem Football hier in Floridsdorf. Hat mich schon etliche Mäuse
gekostet. Aber warum sollen zwei Klubs jeder für sich allein dahinvegetieren,
habe ich mir gedacht. Sind wir nicht gemeinsam stärker, die Kickers und ihr?
Wir wollen to the Top. Wir können zusammenwachsen. Nur eins: Wir müssen raus
aus dieser Scheißliga, sonst könnt ihr das Projekt vergessen. Ein weiteres
Provinzjahr interessiert mich nicht.
Also, wie schaut’s mit euren Träumen aus? Wollt ihr nicht
auch mal ordentlich verdienen, anstatt für ein Butterbrot zu spielen?«
Plötzlich wurde Brown durch einen dunkelhäutigen Spieler irritiert, der sich
offenbar mehr für sein Handy interessierte als für seine Ausführungen. »He, du
da«, rief er ihm zu. »He, schwarzer Mann. What are you doing? Du zuhören,
kapiert?«
»Bis jetzt hab ich alles verstanden«, sagte der Dunkelhäutige
in perfektem Deutsch.
»Wie heißen?«, wollte Brown wissen. »Wo kommst du her?«
Der Dunkelhäutige seufzte. »Ich heiße Said. Said Khairi. Aus
Marokko.«
»Du schon lange hier?«
»Seit meiner Kindheit. Ich bin da aufgewachsen«, antwortete
Khairi verärgert.
»Und Frau? Hast du Frau? Und Kinder? Viele Kinder?« Brown
machte einige unmissverständliche Handbewegungen.
»Nein, aber was soll der Quatsch?«, fragte Khairi wütend.
»Immer mit der Ruhe, mein schwarzer Freund. Es ist besser,
wenn man aufpasst, wenn ich was sage. Eines Tages wirst du nämlich Frau und
Kinder haben, das ist bei euch so üblich. Statistik, you know? Und dann wirst
du mit dem bisschen, das du hier bekommst, nicht weit kommen. Aber wenn du und
alle anderen ordentlich mit dem Fußball abkassieren, dann seid ihr nicht
abhängig von der Economy, ob ihr einen Job bekommt, mit dem ihr eure Family
ernähren könnt.« Brown paffte ungeniert an einer großen Zigarre. Dabei stand er
genau dort, wo ein Schild ›Rauchen verboten‹ angebracht war. »As I said,
betrifft das euch alle hier«, fuhr er fort, nachdem er genüsslich den Rauch
ausgeblasen hatte. »Money makes the world go around. Ich kann euch was
bezahlen, ich kann euch Geld geben, Kohle, Pinkepinke. Aber jetzt hört zu:
Meine Floridsdorfer Kickers müssen dazu Meister werden. Dann drehen wir die
Lichter hier ab, gehen zusammen in ein neues Stadion vom Feinsten und schreiben
Fußballgeschichte.«
»Die meisten von uns werden nach so einer Fusion gar nicht
dableiben
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