Verschwörungsmelange
was das für eine Angie war.
Du als geschulter Pädagoge bist meine letzte Hoffnung. Harry wirkt auf mich wie
ein kleiner Junge, der Angst vor einer Schularbeit hat und sich ein wenig Mut
antrinkt. Bei so jemandem erreichst du am ehesten etwas.«
»Ich weiß nicht so recht.
Das ist doch gefährlich. Du hast selbst gesagt, dass du Harry für den Mörder
hältst.«
»Ach was«, versuchte Leopold ihn zu beruhigen. »Wenn er zu
viel hat, schreit er herum, ist aber im Grunde harmlos. Außerdem bin ich ja
auch noch da.«
Korber zögerte, stand dann aber doch auf und ging nach vorn.
Leopold hörte, wie er bei Gretl Posch zwei kleine Bier und einen Weinbrand
bestellte.
Im selben Augenblick stürzte Helmut Sturm, aufgewühlt von den
Ereignissen vorher, zur Tür herein. »Eine Flasche Mineralwasser«, rief er Gretl
hastig zu. Dann stieß er plötzlich Thomas Korber an. »Was tun Sie da?«, empörte
er sich. »Warum zahlen Sie Harry ein Bier und einen Schnaps? Wollen Sie, dass
er sich zu Tode säuft? Ihr dürft ihm nichts mehr geben, ein für allemal«,
beschuldigte er Gretl.
Die schien nur darauf gewartet zu haben, ihre schlechte Laune
an jemandem auszulassen. »Was heißt, wir dürfen ihm nichts mehr geben«, fauchte
sie entrüstet. »Willst du mir etwa vorschreiben, was ich an wen zu verkaufen
habe? Heute nehmen sie mir mit dem Freibier sowieso schon das ganze Geschäft
weg. Und den Bertl halten sie auf dem Kommissariat fest.«
»Ach so?«, fragte Sturm. Auch Leopold wurde gleich hellhörig.
»Ja, jetzt verdächtigen sie ihn auch schon wegen dem Mord.
Und dann kommst du, und möchtest mir Befehle erteilen. Ich glaube, ich sperre
den Laden demnächst zu. Heute ist kein guter Tag.«
»An Betrunkene darf kein Alkohol ausgeschenkt werden, so
einfach ist das«, erklärte Sturm.
»Jetzt willst du mir auf meine alten Tage erklären, wer
betrunken ist«, sagte Gretl Posch und kippte in ihrer Aufregung wieder einmal
einen Klaren hinunter. »Weißt du was? Geh lieber zu deiner Mannschaft, solange
du noch eine hast.«
Sturm nahm sein Mineralwasser und ein Glas und stellte sich
wortlos an einen der Stehtische.
»Entschuldigung«, redete Leopold ihn an und stellte sich
neben ihn. »Ich möchte mich da nicht einmischen, aber vor zwei Tagen habe ich
gesehen, wie Sie selbst Harry ein Bier und einen Schnaps spendiert haben. Was
ist so schlimm daran, wenn ihm heute mein Freund was bezahlt?«
Sturm wirkte nervös. Seine Hände, die jetzt eine Zigarette
hielten, zitterten leicht. »Ach wissen Sie«, erklärte er. »Vielleicht bin ich
momentan etwas schief gewickelt, weil ich gerade Ärger hatte. Aber man kann es
nicht zulassen, dass sich dieser Mensch jeden Tag volllaufen lässt. Das richtet
ihn ja zugrunde. Ich als sein Freund habe es vielleicht auch lange Zeit zu gut
mit ihm gemeint. Damit ist jetzt Schluss.«
»Ist alles mit dem Foul gekommen, nicht wahr?«, sinnierte
Leopold. »Schon tragisch, wie so etwas einen Menschen verändern kann.«
»Ja, furchtbar«, pflichtete Sturm ihm gedankenverloren bei. Er
trank hastig von seinem Mineralwasser und schaute auf die Uhr.
»Sie waren doch damals Harrys Trainer. Wie ist es eigentlich
zu diesem schweren Foul gekommen?«, wollte Leopold wissen. »Hat es vorher
vielleicht eine Auseinandersetzung zwischen Harry und diesem Robert Zeleny
gegeben?«
»Roman Zeleny, nicht Robert«, korrigierte Sturm. »Nein, nein,
was denken Sie. Früher wurde in der Landesliga einfach wahnsinnig hart
gespielt. Man wollte es den Großen in der Bundesliga nachmachen, aber Kraft und
Kondition dazu haben gefehlt. Da hat es dann schon böse Attacken gegeben, wenn
der Ehrgeiz größer als das Können war. Und jetzt stellen Sie sich diesen Roman
Zeleny vor, ein Bär von einem Mann, ein Riese. Allerdings hat er es schon
ziemlich schwer gehabt, mit dem Tempo mitzuhalten. Harry, schnell wie ein
Pfeil, war an ihm vorbei, und dann kam die böse Blutgrätsche.«
»Also keine Absicht?«
Sturm zuckte mit den Achseln. »Sicher nicht so, wie Sie
denken. Es ist eben passiert. Wer weiß denn, wie alles wirklich war, nach so vielen
Jahren. Das Training, Sie wissen schon.« Er stürzte den Rest von seinem Glas
hinunter und machte eine entschuldigende Handbewegung.
»Vielleicht können Sie mir eine letzte Frage beantworten«,
blieb Leopold hartnäckig. »Hatte Harry damals eine Freundin, die Angie hieß?«
»Das kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen«, meinte
Sturm
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