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Verschwörungsmelange

Verschwörungsmelange

Titel: Verschwörungsmelange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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die nackte
Existenz. Der Vorstand versucht schon, mit allen möglichen Lockmitteln neue
Mitglieder an Land zu ziehen, die für die Fusion stimmen. Das versuchen wir
natürlich auch. Wir nennen uns ›Freunde der Eintracht‹.«
    »Ist das nicht ein etwas einfallsloser Name?«
    »Vielleicht, aber egal. Es brennt der Hut. Was glaubst du,
was es plötzlich für ein Theater gibt, wenn jemand Mitglied werden möchte, der
von uns geworben wurde. Früher waren sie froh, wenn sie ihr Geld bekommen
haben. Man hat seinen Betrag für ein Jahr hingelegt und war sofort dabei, ohne
Wenn und Aber. Jetzt heißt es zunächst einmal, man solle die weitere
Entwicklung abwarten, zum Mitgliedwerden sei im Herbst noch Zeit genug. Und
wenn man sich dadurch nicht abschütteln lässt, schicken sie einen einmal zum
Einzahlen auf die Bank, und dann heißt es, es müssen noch alle Daten in den
Computer und lauter solcher Quatsch. Die wollen nur verhindern, dass wir neue Stimmberechtigte
zur Versammlung bringen. Falsche Bande!«
    »Und was wollt ihr machen? Ich meine, du gibst ja selbst zu,
dass alles ein abgekartetes Spiel ist, dass es kaum ein Gegenmittel gibt.«
    Wittmann seufzte. »Du denkst viel zu negativ, Leopold. Ich
glaube schon, dass wir die Fusion verhindern können. Dann müssen wir versuchen,
Sonnleitner zum Bleiben zu überreden und den einen oder anderen Sponsor für uns
zu gewinnen. Leicht wird es nicht, aber was bleibt uns schon anderes übrig?
Mein Gott, seit dieser Joe Brown wieder in Wien ist, geht er auf unserem Platz
ein und aus, als ob es schon sein eigener wäre. Da redet er dann in seinem
Kauderwelsch, dass einem ganz übel wird, tut recht freundlich, hat aber nur
eines im Sinn: uns seinen Kickers einzuverleiben. Und der Ehrentraut, dieses
schleimige Arschgesicht, macht ihm noch den Hof. Der trägt meiner Meinung nach
ja die Hauptschuld, dass es so weit gekommen ist. Hat den Sonnleitner
weggeekelt und glaubt, er kann jetzt den großen Chef spielen. Wenn es den nicht
mehr gäbe, täten wir uns schon leichter.«
    Leopold wusste, was man sich von Ehrentrauts undurchsichtigen
Machenschaften erzählte, und dass er bei allem, was er tat, danach trachtete,
etwas für sich auf die Seite zu schlagen. »Wie viele Leute werdet ihr denn sein?«,
fragte er Wittmann.
    »Vielleicht zehn? Fünfzehn? Zwanzig? Oder gar mehr?« Wittmann
lächelte, als ob er einen kommenden Triumph ahnte. »Wir wollen doch sehen, wie
viele wahre ›Freunde der Eintracht‹ wir auf die Beine stellen können«,
verkündete er kampfesmutig.
    »Am besten ist es, ich setze euch nach hinten zu den
Kartenspielern«, überlegte Leopold. »Allerdings ist es eine Platzfrage. Wir
haben morgen mindestens eine Tarockpartie …«
    »Die Tarockpartie ist mir wurscht«, hörte er da Frau Heller
lautstark hinter sich. Offensichtlich hatte sie die letzten Teile des Gesprächs
mitbekommen, während sie durch ihre kleine Küche gehuscht war. »Ich habe Ihnen
ja gesagt, Leopold, wie wichtig es ist, sich jetzt dem Fußball zu öffnen. Wenn
eine taktische Besprechung bei uns vorgesehen ist, wird sich dem alles
unterordnen müssen.«
    Und schon war sie in ein intensives Gespräch mit
Paul Wittmann vertieft: Wann die Besprechung anzusetzen sei; ob die
Herrschaften auch zu speisen gedachten; ob sie unter sich zu bleiben wünschten;
ob Tische und Sessel versammlungsmäßig zusammenzustellen waren; ob eine
Fußballhymne zu Beginn alle in die richtige Stimmung bringen würde, und so
weiter und so fort. Leopold war froh, als seine Ablöse ›Waldi‹ Waldbauer
endlich eintraf. Nicht, dass ihn dieses Treffen nicht interessierte – weit
gefehlt! Natürlich hoffte er, dass die letzten Enthusiasten, die ›Freunde der
Eintracht‹, einen Ruck in die gesamte Angelegenheit bringen und die Fusion im
letzten Augenblick verhindern würden. Aber die fußballerischen Ambitionen
seiner Chefin waren nun einmal nicht das geeignete Mittel, seine eigene
Missstimmung zu bekämpfen.
    Als er dann draußen im Freien stand, wo alles um ihn herum
lachte und lebte, überlegte er wieder einmal, ob es nur der Alkohol vom Vortag
war, der seinen Körper hemmte und ihn ins Grübeln kommen ließ. Sein Freund
Korber hatte recht: Der Sommer war im Anflug. Weshalb gerade jetzt missmutig
sein und ans Alter denken?
    Wie ein Blitzschlag kam ihm dann die Erleuchtung: Fröhliche
Menschen waren fröhlich, so einfach war alles. Sie betrugen sich heiter und
ausgeglichen.

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