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Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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Genossenschaften oder wie zuvor schon oft um anderes handelte. Die Dienstfertigkeit pflegte er nur vorzuschützen. Ebenso gewiss hasste er die im Hochgebirgsgut eingeführte neue Ordnung, hatte er doch bis zur Pensionierung Nyiressys, des alten Forstverwalters, in den herrschaftlichen Wäldern mit der Hundemeute Treibjagden veranstaltet, welchen Anlässen ein großes Gastmahl folgte; ebenso hatte er für sich und andere Holz fällen lassen, wo es ihm nur beliebte. Wie ein kleiner Potentat, so hatte er geherrscht, bis Abády allem ein Ende setzte. Es mochte auch andere, ernsthaftere Gründe geben. Möglich, dass er es nicht wagte, das ganze Dorf gegen sich aufzubringen. Er hatte das Volk schon bisher geschunden, und er tat es weiterhin, aber geschädigt wurden dadurch nur Einzelne. Man hatte deshalb im Wald auf ihn geschossen. Daran, dass man die Tiere im verbotenen Revier weiden ließ, war jedoch die ganze Gemeinde beteiligt. Er wäre dem gesamten Dorf gegenübergestanden, wenn man die Herde erwischt hätte, und er musste sich gesagt haben, dass dies für ihn einen verhängnisvollen Ausgang nehmen könnte. Es lag jetzt schon auf der Hand, dass er sich fürchtete, und er brauchte zur Angst nicht noch mehr Gründe.
    Bálint legte sich seine Gedanken auf solche Weise zurecht. Dabei kam er zum Schluss, dass er der Schädigung auf diesem Weg nicht würde Einhalt gebieten können. Man musste anders vorgehen. Vielleicht das Komitat oder den Obergespan um Hilfe ersuchen. Der Kamm von Intreapa bildete zu einem guten Teil auch die Bezirksgrenze. Ob es nicht möglich wäre, aus der Nachbarschaft Gendarmen herzubitten, ohne dass Simó eingeweiht wäre?
    Ja, das müsste man versuchen …

II.

    Die Glocke läutete gerade zum zweiten Mal, als Frau Abády und ihr Sohn sich auf den Weg machten, die nordwestliche Bastei umgingen und den Schlosshügel hinabstiegen. So war es schon immer gewesen, sie hatten beim Gang in die Kirche stets diesen Augenblick abgewartet. So hatten sie es in früheren Zeiten an jedem Sonntagmorgen gehalten, damals, als Bálint noch ein kleiner Junge war, später, wenn er als Theresianer seine Ferien zu Hause verbrachte, oder noch später zu seiner Diplomatenzeit, wenn er im Urlaub in Dénestornya weilte.
    So in die Kirche zu pilgern – dies bedeutete auch für Gräfin Róza eine alte Tradition. Auf diesem Pfad war sie zum Gottesdienst hinuntergestiegen zu den Zeiten, da sie, das einzige Kind in dem riesigen Gebäude, sich als kleine Schlossherrin gefühlt hatte, und hier schritt sie in den Jahren danach mit ihrem Mann und dann wieder allein als Witwe, wie schon so viele Generationen vor ihr auf dem gleichen Pfad gewandelt waren. Deshalb waren die wenigen Stufen, die den kiesbestreuten Weg da und dort unterbrachen, so ausgetreten; denn zu einem anderen Ziel als zur Mauer des Kirchhofs und dort zu dem kleinen, verschlossenen Tor, dessen Schlüssel sie immer mitbrachten, gelangte man hier nicht.
    Mit der Kutsche fuhren sie nie dahin, welches Wetter auch herrschte. Man hätte allerdings auch einen großen Umweg machen müssen, oben die Straße vom hufeisenförmigen Stallhof zur Meierei nehmen und dann vom Dorf zurück eine Kurve beschreiben, um zum Tor des Kirchhofs zu gelangen, wo drei Rokoko-Steinengel standen; in spiralförmiger Pose hielten sie alle etwas in der Hand, der erste hob die Tafel mit den Zehn Geboten hoch, der zweite das Abády-Wappen, während sich der dritte auf eine lange Posaune stützte und darauf wartete, sie dereinst am Jüngsten Tag zu blasen.
    Frau Abády ließ an Sonntagen ohnehin nie anspannen, denn sie achtete darauf, ihren Bediensteten Zeit zum Kirchenbesuch zu lassen. Bálint blieb für einen Augenblick am Rand des schmalen Schlossgartens stehen. Er liebte es, von hier hinabzuschauen. Dichter, junger Tannenwald bedeckte die Flanke des Hügels, durch vereinzelte Lücken sah man trotzdem hindurch. Der Blick schweifte aufwärts über die reiche Ebene des Keresztesmező, die am Ende von der senkrechten Wand des Tordaer Risses abgeschlossen wurde, während sich dahinter die bläulichen Wellenlinien der Schneeberge von Jára abzeichneten. Hier in der Nähe aber blinkte die Fassade der Kirche durch die Bäume, und weiter entfernt, zwischen den dicht stehenden Ulmen und Linden, schimmerte ein rotes Ziegeldach, das Herrenhaus, wo sein Großvater, Péter Abády, gewohnt hatte. Vielleicht war es diese Erinnerung, die ihn hier jedes Mal kurz rasten ließ.
    Hier war er als kleiner Junge oft

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