Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)
allmählich zu einem einheitlichen Bild zusammengesetzt hatte. Sie berichtete, wie man Gyerőffys Gleichgültigkeit und fehlende Sachkenntnis missbraucht hatte. Er habe sein Gut auf zehn Jahre für einen Pfifferling verpachtet, das Geld im Voraus aufgenommen, sodass er nun kaum mehr etwas besitze, von dem er leben könne. Man habe seine Notlage ausgenutzt. Eine sehr, sehr hässliche Geschichte. Eine böse, verwerfliche Angelegenheit, die man nicht dulden dürfe, nein, man dürfe nicht!
»Hm, das ist recht schwerwiegend«, antwortete Bálint, nachdem das Mädchen ihre Mitteilung beendet hatte, »und ich habe Ähnliches auch geahnt. Bloß gibt es da einen Haken, dass László mich seit langem meidet. Auch sonst, wenn er die Sache rechtskräftig anerkannt hat, sehe ich nicht, wie sich daran etwas ändern ließe …«
»Doch, es lässt sich ändern«, unterbrach ihn Dodó siegesbewusst. »Derjenige, der das mit László angestellt hat, ist Ihr Gutsverwalter, ein gewisser Ázbej. Darum auch habe ich mich an Sie gewandt, denn wenn Sie sich einschalten und ihm gegenüber eine Drohung aussprechen … Am Ende ist das doch eine Schurkerei, einsperren müsste man ihn deswegen!«
»Kristóf Ázbej? Tatsächlich? Der Anwalt meiner Mutter? Ich frage, weil es manch einen mit diesem Namen gibt.«
»Oh, ganz bestimmt! Die beiden haben sich ja bei Ihnen in Dénestornya kennengelernt.« Dodó lachte nun. »Und László, dieser Esel, ist ihm noch dankbar, er meint, Ázbej habe ein Opfer gebracht. Da habe ich die Angaben notiert, so wie sie Gyerőffy genannt hat. Ich glaube, sie stimmen genau.«
Und das Mädchen überreichte ihm einen kleinen Zettel. Abády sah sich das Blatt an.
»Nun denn, das darf damit nicht sein Bewenden haben!«, ließ sich darauf Bálint vernehmen; der Helferinstinkt, der ihm schon so oft Unannehmlichkeiten bereitet hatte, war in ihm gleich erwacht. »Ich werde mir den Kerl vorknöpfen. Ist doch unerhört … und dazu mit einem unserer Verwandten … Ich danke Ihnen wirklich sehr, Gräfin Dodó, dass Sie mir das mitgeteilt haben.«
»Ich danke Ihnen, wenn Sie etwas unternehmen«, antwortete Dodó, und sie errötete tief, als habe sie etwas Unziemliches gesagt. Vielleicht lag es daran, dass sie sich sogleich erhob und in den großen Salon hinübereilte.
Der junge Mann blieb in der Mitte des Zimmers stehen. Durch die Tür, deren Flügel man geöffnet hatte, sah er, dass das Mädchen zu ihrer Mutter trat, ihr die Hand auf die Schulter legte, worauf ihre Mama sofort aufstand; die beiden grüßten und entfernten sich. Ein braves, kluges Mädel ist diese Dodó, dachte Bálint, sie täte László so gut: Sie würde bei ihm für Ordnung sorgen. Dann kam ihm wieder in den Sinn, was er über Ázbej vernommen hatte. Er würde ihn mit einem Telegramm zu sich bestellen, ihn verhören. Und wenn die Dinge wirklich so stehen sollten, dann würde er auch der Mutter alles erzählen. Zuvor noch nicht, hernach aber unbedingt. Am Ende war es doch unerhört, dass ihr Angestellter solch schmutzigen Handel trieb. Und er würde ihn rausschmeißen lassen. Er schickte dem Anwalt noch gleichen Tags ein Telegramm nach Dénestornya: »Besuchen Sie mich sofort in der Stadt.«
Am nächsten Tag gab es von Ázbej noch keine Neuigkeiten. Nach dem Mittagessen hingegen wandte sich Frau Abády mit der Frage an ihren Sohn: »Du hast Ázbej kommen lassen? Warum?«
Die Frage überraschte Bálint ein wenig. Spionierte man also seine Telegramme aus? Er antwortete deshalb ein klein wenig trockener, als es sich gehört hätte: »Ja, ich habe mit ihm zu reden.«
»In was für einer Angelegenheit? Geht es ums Hochgebirgsgut oder etwa um deinen Wahlkreis?«
»Nein, Mama, es geht um anderes, das ich von ihm erfahren will … Die Sache betrifft nicht unmittelbar uns …«
»Ich aber will wissen, warum du einen meiner Leute zu dir bestellst. Am Ende, so meine ich, habe ich darauf ein Anrecht«, unterbrach ihn Frau Róza streng, und sie wandte sich auf dem Kanapee leicht Bálint zu, als erwarte sie eine Meldung. So blieb Bálint nichts anderes übrig, als gegen seine Absicht im Wesentlichen doch zu erzählen, was er von der Gyerőffy-Pacht gehört hatte.
Während er sprach, blickte er auf die beiden Haushälterinnen, da er sich entsann, dass es vielleicht doch nicht ratsam war, die Geschichte vor ihnen abzuhandeln. Doch Frau Tóthy und Frau Baczó saßen wie zwei dicke Götzen gleichgültig auf ihren steifen Stühlen, und mit zusammengepressten
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