Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)
Lippen und niedergeschlagenen Augen strickten sie emsig. Die Arbeit schien ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, wie sie in raschem Takt die Nadeln wechselten.
»Das wäre eine sehr hässliche Sache. Aber von wem hast du das gehört?«, fragte Róza Abády, nachdem der Sohn seinen Bericht beendet hatte.
»Das kann ich dir wirklich nicht sagen.«
»Vielleicht von László, diesem Tunichtgut?«
»Nein. Nicht von ihm.«
»Von wem denn? Eine Denunzierung etwa?«
»Verzeih, man hat es mir vertraulich erzählt.«
»So, vertraulich. Und du kannst es auch mir nicht sagen? Nun gut. Ich aber habe von deinem seligen Vater gelernt, dass man Denunzierungen keinen Glauben schenken darf. Und daran habe ich mich immer gehalten und werde es auch künftig tun.«
Die kleine, alte Frau verstummte für eine Weile, dann hob sie das dickliche Gesicht mit einer imperialen Geste und befahl: »Ázbej soll, wenn du mit ihm gesprochen hast, auch zu mir herüberkommen.«
Und damit war die Sache für diesen Tag abgetan.
Bálint nutzte den Nachmittag dazu, Lászlós einstigen Vormund, den greisen Szaniszló Gyerőffy, aufzusuchen, und er erbat von ihm Angaben über das Gut von Kozárd.
Der kleine, runde Anwalt betrat am folgenden Tag gegen Mittag unter Bücklingen Bálints Raum.
»Geruhen Sie über mich zu verfügen, und haben Sie die Gnade, mir zu verzeihen, dass ich mich nicht bereits gestern gemeldet habe, aber man fand mich erst am Abend, um mir das Telegramm zu übergeben, denn ich war in einer Angelegenheit der gnädigen Frau Gräfin in Torda beim Bezirksgericht. Oh, es ist mir sehr peinlich, wirklich …«
So entströmten die Worte seinem winzigen Mund, den zu einem Lächeln verzogenen, wulstigen Lippen, die sich in dem igelartig stacheligen Gesicht unerwartet weich öffneten. Doch seine großen, wie Pflaumen geschnittenen Augen beobachteten besorgt Abády, wie er hinter seinem Schreibtisch saß.
»Nehmen Sie bitte Platz«, sagte ihm dieser.
Ázbej trug von der Wand gegenüber einen einfachen Stuhl herbei, obwohl ein Lehnstuhl in der Nähe stand. Selbst jetzt setzte er sich nur an den äußersten Stuhlrand – sei es wegen seiner kurzen Beine, sei es aus lauter Ehrerbietung. Seine kleinen, behaarten Hände legte er auf die Mitte der Oberschenkel wie ein aufmerksamer Schüler vor dem Herrn Lehrer.
»Sie haben genau vor einem Jahr von László Gyerőffy das Gut Szamoskozárd für zehn Jahre in Pacht genommen?«
»Jawohl, bitte sehr, genau, wie Sie zu sagen belieben. Das heißt nicht ich, sondern meine Frau. Ich habe die zehn Jahre im Voraus aus ihrer Mitgift bezahlt. Ich, bitte, hätte so viel Geld nicht gehabt. Woher auch sollte ich es haben? Seine Gnaden, Graf Gyerőffy, brauchte aber dringend eine sehr, sehr große Summe, und ich habe keine andere Lösung gefunden, um ihm zu Diensten zu stehen. Ich habe mich sehr gefreut, es auf solche Weise tun zu können.«
»Das glaube ich Ihnen gern. Da es sich um ein schön fettes Geschäft handelt. Sie haben mit den 90.000 Kronen nicht nur die Pacht für 1800 Joch erstklassiges Ackerland und 300 Joch Weide für zehn Jahre bezahlt, sondern auch die ganze landwirtschaftliche Ausstattung gekauft. Stimmt das?«
Ázbejs Gesichtshaut färbte sich zwischen den Haaren leicht rot. Vielleicht war er nicht darauf vorbereitet, dass Bálint dies alles im Einzelnen so genau kannte.
»Auch die habe ich kaufen müssen, anders wäre die Summe nicht zustande gekommen, und, nicht wahr, bitte, weil ich mit dem Geld meiner Frau wirtschaftete, da also … das, Sie geruhen es wohl einzusehen … auch sonst ja, was es dort an Viehbestand und an Maschinen gab, das war ja nicht der Rede wert!« Und er begann auseinanderzusetzen, dass bei den zehn Ochsengespannen der größte Teil unvollständig gewesen sei, dass es kaum einige Kühe und Kälber gegeben habe, bloß eine Schweineherde und zwei Schafherden, auch die nur gemischt. Und er spuckte Zahlen und nannte Preise mit blitzartiger, betörender Geschwindigkeit, ja, einen großen Teil des solcherart schlechten Bestands habe er veräußern und dafür Ersatz kaufen müssen, auch dergleichen gehe mit beträchtlichen Ausgaben einher, und eilig addierte und subtrahierte er Zahlen; es war eine richtige mathematische Demonstration, die er vollführte – und unterdessen hörte er nicht auf, Abádys Gesicht zu mustern, ob sich sein Blick wohl erweichen werde. Bálints Miene blieb finster und hart. Er ließ Ázbej reden, der in seinem langen Monolog
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