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Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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sage, dass ich das nicht glaube …« Und er suchte die Hand der Mutter zu ergreifen, um sie zu küssen, aber sie entzog sie ihm.
    »Ich will davon nichts mehr hören. Und geh jetzt! Diese ganze Geschichte hat mich sehr aufgeregt. Geh! Sprechen wir nicht mehr darüber!«

    Drei bis vier Tage lang blieb das Verhältnis zwischen Bálint und seiner Mutter ziemlich frostig. Der junge Mann versuchte einige Male, auf das Thema zurückzukommen, aber die Mutter wies ihn stets zurück. Daher kam es, dass er zwar anstandshalber die Mahlzeiten zu Hause einnahm, hernach aber bald das Weite suchte, so unerträglich empfand er die verschlossene Miene der Mutter und noch unerträglicher die ewige Anwesenheit der zwei korpulenten Haushälterinnen, die zwar nur auf Fragen hin sprachen, doch stets bei Frau Abády saßen wie zwei Gefängniswärterinnen. Er besuchte folglich das Casino, in seiner Langeweile spielte er mit älteren Herren Tarock um einige Groschen, und er fand die Stadt mit jedem Tag leerer. In diesen Tagen traf die Nachricht ein, dass Frau Milóth in Wien gestorben sei. Dies war die einzige gesellschaftliche Neuigkeit, die Bálint zur Kenntnis nahm.
    Umso ernsthafter betrafen ihn die politischen Nachrichten. Apponyi hatte den Gesetzesentwurf für die Volksschulen vorgelegt. Die Abgeordneten der Nationalitäten antworteten mit Obstruktion, und die Diskussion begann zu entarten. Bei der Lektüre der Blätter beschloss Bálint jäh, nach Budapest zurückzureisen. Hier kann ich nicht länger bleiben, sagte er sich selber. Ich muss weg, dies wird für alle das Beste sein.
    Das Verhältnis zwischen ihm und der Mutter entspannte sich tatsächlich auf die Mitteilung hin, dass er in zwei Tagen abreisen werde. Frau Abády erkundigte sich, wann Bálint zurückkehren wolle, und sie sprach – vielleicht um den Frieden zu betonen, ohne dass sie im Geringsten nachgegeben hätte – über die Verwaltung ihres Forstbesitzes. »Ich bin mit der Reform, die du im Hochgebirge durchgeführt hast, sehr zufrieden. Du hast dich in diese Dinge gut eingearbeitet. Ich würde mich freuen, wenn du unsere tiefer gelegenen Forstbetriebe auch übernehmen wolltest. Du weißt, die Eichen- und Buchenwälder in der Nähe von Hunyad. Ich übergebe dir dort das Regiment ganz. Du sollst mir nur die wichtigsten Angelegenheiten vorlegen.«
    Bálint küsste ihr die Hand. Frau Abády setzte ihre Rede fort: »Als Forstverwalter eignet sich der alte Nyiressy nun in keiner Weise mehr. Daraus kannst du auch ersehen, dass ich schon weiß, wer wozu taugt. Ich lasse einen Brief an ihn aufsetzen« – sie vermied so, Ázbej beim Namen zu nennen –, »dass künftig du dort direkt deine Verfügungen triffst. Aber wann kommst du zurück?«
    »Leider weiß ich das nicht genau. Solange die Aussprache über die Vorschläge Apponyis fortdauert, gehört es sich, dass ich dort bleibe. Vielleicht werde ich mich auch zu Wort melden. Aber ich komme, sobald die Debatte zu Ende geht.«
    »Gut, sehr gut«, sagte Frau Róza, und zum Zeichen des Friedens streichelte sie – freilich ein wenig kühl – die Wangen des Sohns.
    Die beiden Haushälterinnen waren bei diesem Gespräch nicht anwesend, doch da sie sich stets in Frau Abádys nächster Nähe aufhielten und aufgrund der langjährigen Erfahrung bereits auf halbe, fallengelassene Wörter der Gräfin ihren Reim machten, unterrichteten sie unverzüglich ihren Verbündeten über diesen Frieden. Es empfehle sich, Vorsicht walten zu lassen.
    Daher kam es, dass Ázbej bereits einen Tag später in die Stadt hastete. Er war ein kluger Mann. In der Frage der Pacht von Kozárd, das war wohl wahr, hatte ihn die Gräfin in Schutz genommen, trotzdem musste er auch mit Herrn Bálint rechnen. Ihm war auch etwas zu Gefallen zu tun, denn einmal – wer weiß? – könnte es geschehen, dass die Gräfin ihrem Sohn Gehör schenkt. Besser, in der Gyerőffy-Angelegenheit etwas nachzugeben. Er bat also Bálint um eine Unterredung.
    Ázbej benahm sich noch unterwürfiger als beim ersten Mal. Er habe, trug er vor, inzwischen nachgerechnet, geplant und Überlegungen angestellt. So sei er zum Ergebnis gekommen, dass er bei forcierter Produktion und bei einer Aufwertung der Ausstattung imstande sein würde, auch jährliche Pachtzinsen zu entrichten, und zwar 2400 Kronen. Er habe mittlerweile seine Frau dazu gebracht, diese zusätzliche Belastung zu akzeptieren …
    Abády warf spöttisch ein: »Und Ihren Schwager auch?«
    Doch Ázbej lächelte hierauf bloß.

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