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Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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Vorgehensweise des Anwalts Stimmen laut geworden waren. Aber Boros ist nun einmal ein mächtiger Mann und ein gewaltiger Redner.
    J’ai tout de suite flairé une cochonnerie! – für mich roch das gleich nach Schweinerei. Jetzt nach Deiner Wortmeldung besann ich mich darauf, und obwohl ich in der Minderheit, aber Hauptaktionär bin, begann ich in der Buchhaltung der Holzindustrie AG nachzuforschen. Am Ende bin ich fündig geworden: Boros hat von uns über Weissfelds Bank achtzigtausend Kronen bekommen. Die Unterlagen sind bei mir. Soll ich sie Dir zustellen? Damit kannst Du Boros das Genick brechen.«
    An dieser Stelle folgten einige scherzhafte französische Sprüche und danach der Schluss: »Ich versuche nun durchzusetzen, dass die Eigentümergemeinschaft eine Wiederaufnahme des Prozesses gegen unser Familienunternehmen anstrengt. Ich würde mich mächtig freuen, wenn das gelänge. Kein Zweifel, auch ich selber erlitte dabei großen Schaden, doch das ist mir gleichgültig, denn mein Bruder Jenő ginge auch zugrunde, ebenso meine Schwester Alice, die sich mir gegenüber immer gemein benommen hat. So emsig habe ich vielleicht noch nie im Leben gearbeitet.«
    Bálint warf den Brief verärgert vor sich auf den Tisch. Was der Absender berichtete, traf gewiss zu. Es stimmte auch damit überein, was Dinóra im Sommer in Dénestornya ausgeplaudert hatte, dass nämlich Zsigmond Boros eine größere Summe erwarte. Doch Bálint empörte sich über den Hass gegen die Geschwister, der aus jedem Wort des Briefes schrill herausklang. Nie hätte er gedacht, dass Tamás Laczók, den er einmal in Vásárhely in einer Kneipe getroffen hatte, so rachsüchtig sein könnte. Dabei war er ein so gemütlicher und humorvoller Mann. Mit seiner gedrungenen Gestalt und dem mongolisch geschnittenen, feisten Gesicht wirkte er wie die vollkommene Kopie des älteren Bruders – als handle es sich um Zwillinge. Der einzige Unterschied: Jenő trug bloß einen Schnurrbart, Tamás aber einen dünnen, länglichen Kinnbart. Vielleicht hassten sich die beiden gerade darum, weil sie einander so ähnlich sahen.
    Bálint schmiss die übrigen Briefe in eine Schublade, doch diesen einen beantwortete er. Er ließ den anderen wissen, dass er das Wort einzig im öffentlichen Interesse ergriffen habe und sich mit Menschenjagd nicht befasse. Er meinte, die Angelegenheit seinerseits abgeschlossen zu haben.

II.

    Boros ersuchte die Anwaltskammer von Vásárhely um eine Untersuchung gegen sich selber. Die Kammer entlastete ihn. Etwas anderes konnte sie auch nicht tun, denn die außerhalb des Prozesses vollzogene Einigung war von der Eigentümergemeinschaft zur Kenntnis genommen worden, und das Schmiergeld, das die Laczók-Seite bezahlt hatte, figurierte nicht in den Büchern; es ließ sich folglich nicht nachweisen. Boros sorgte dafür, dass die Blätter seinen moralischen Triumph breit verkündeten. Auf sein Geheiß wurde auch die wunderschöne Rede publiziert, die er vor seinen Richtern gehalten hatte. Dann ließ er für sich selber ein Bankett mit vielen Trinksprüchen und Hochrufen geben. Auch hier hielt er eine Ansprache. Gewaltige Begeisterung entfachte vor allem der Satz, der sich offenkundig auf Abády bezog und in dem es hieß, die heimlich lauernden Bösewichter und ewigen Gegner der Unabhängigkeitsidee hätten ihn, den Freiheitskämpfer, zu verleumden gesucht. Und er stand vor dem weißen Tisch, stand mit hocherhobenem, kahlem Haupt und mit dem wohlgepflegten Bart in gerader Haltung da, elegant, männlich und stolz – wie die lebendige Statue der Redlichkeit.
    Etwa zu dieser Zeit erschien im Wirtschaftsteil einiger hauptstädtischer Blätter eine kurze Nachricht. Laut dieser Meldung hatten die Staatsbahnen mit der Firma Eisler einen auf zehn Jahre befristeten Vertrag geschlossen und sich darin verpflichtet, während dieser Zeit Schwellen einzig bei diesem Unternehmen zu kaufen. Das Publikum beachtete dies damals noch nicht. Es gab reichlich anderen Stoff, der es in Anspruch nahm.
    Um Neujahr veröffentlichten Wekerle und Kossuth eine Erklärung, in der sie die Notwendigkeit betonten, die Zahl der neu einberufenen Rekruten und die Militärausgaben zu erhöhen. Diese Nachricht veranlasste manche am äußersten Flügel der Unabhängigen, sich flugs an Gyula Justh zu wenden. Sie gedachten mit seiner Hilfe wegen der Erklärung großen Krach zu schlagen. Und nun geschah etwas Unerwartetes: Justh gab sich als Befürworter der Bestandserhöhung zu erkennen,

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