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Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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Gnade, mich hinzubestellen? Was Sie anordnen, da bin ich jederzeit …«
    »Ich benötige einige Angaben«, antwortete Abády, »es wäre daher am besten, wir gingen ins Büro.« Auf die Frage des Gutsverwalters teilte er ihm mit, dass er das Verzeichnis der Möbel seines Großvaters einsehen wolle.
    »Ja, bitte, das habe ich da in meiner Schreibstube. Hier bewahre ich jedes ältere Dokument. Geruhen Sie, bitte … Haben Sie die Freundlichkeit, bitte …«
    Bálint sah sich also gezwungen, das Haus zu betreten, obwohl ihm davor grauste. Der erste Raum war das frühere Esszimmer. Als Grundton hatte darin einst Hellgrün dominiert, und Familienbilder hingen an den Wänden. Dies war nun der Salon. Rote Plüschsofas standen darin, viele mit Decken und herabhängenden Quasten verzierte kleine Tische, sogenannte orientalische Möbel, die man aus winzigen Holzkugeln schnörkelig zusammengefügt hatte; auch die Wand war rot gestrichen, bis zur Höhe der Türen mit Goldbrokat verziert, darüber hatte man einen Fries gemalt und die Decke mit einem Anstrich überzogen, der Eichenmaserung imitierte.
    Nun betraten sie das Arbeitszimmer des Großvaters. Dieser Raum hatte sich am wenigsten verändert. Amerikanische Gestelle nahmen den Platz der Empire-Bücherwand ein, und auch der Schreibtisch stand am gleichen Ort wie einst derjenige des alten Herrn. Natürlich waren auch der Tisch wie die Wandschränke modernen Fabrikats. Immerhin gab es hier keine solchen Grässlichkeiten wie anderswo; das Gewölbe, obwohl schon etwas angerußt, zeigte seine frühere weiße Farbe. Ázbej hatte die Wohnung offensichtlich nur für seine Frau »schmuck gemacht«.
    Unter den Schriften hielt er anscheinend Ordnung. Schon nach einigen Minuten überreichte er dem jungen Herrn das Verzeichnis der Möbel. Bálint prüfte es ausführlich. Der kleine, dicke Verwalter stand neben ihm. Ein forschendes Licht glänzte in seinen Rosspflaumen-Augen.
    Bálint sagte, nachdem er die Lektüre beendet hatte: »Ich denke über die Miete einer Wohnung in Budapest nach. Die Unterkunft in einem Hotel ist viel kostspieliger … Es bereitet sodann Umstände, meine Akten immer hin und her reisen zu lassen. Auch mit meinen Büchern dort weiß ich nichts anzufangen. Ich habe also vor, mich dort mit diesen Möbeln einzurichten. Ich bitte Sie folglich, für mich eine Kopie dieses Verzeichnisses zu besorgen. Wie viel davon ich nach Budapest schaffen lasse, weiß ich natürlich noch nicht. Wenn ich so weit bin, werde ich die einzelnen Stücke bezeichnen.«
    Ázbejs kirschroter Mund, der sich zwischen den vielen Haaren so unerwartet weich und winzig ausnahm, verzog sich spitz zu einem Lächeln der Huldigung.
    »Das hier ist das Bündel von Akten über die Hinterlassenschaft des seligen gnädigen Herrn«, sagte er, als wäre ihm klar, was Abády zu ihm geführt hatte. »Geruhen Sie, auch dies zu prüfen, wenn Sie, Herr Graf, mir schon die Ehre erweisen.« Und er überreichte die Schriften. »Ich habe lange die Gelegenheit erwartet, sie vorzeigen, Rechenschaft ablegen zu dürfen …«
    Bálint durchblätterte die Akten. Bald stieß er auf das gesuchte Gut im Jára-Tal. »Das ist jetzt verpachtet? Für wie viel?« Er fragte so leichthin, so nebenbei, als spräche er nur zufällig. Der kleine, dicke Mann ließ sich aber hierdurch nicht täuschen, obwohl sein ausdruckloses Gesicht nicht das Geringste verriet. »Für 1600 Kronen«, meldete er untertänig, »aber der Vertrag läuft demnächst am Michaelstag aus. Hernach könnten wir, wenn Euer Gnaden befehlen, die Pacht recht bedeutend erhöhen. Ja, recht bedeutend …«
    Als Abády aufstand und gehen wollte, fügte Ázbej noch etwas hinzu. Er möge, sagte er, die Schriften seines Großvaters mitnehmen. Er selber benötige sie nicht, sie seien bei ihm in Abschriften vorhanden. »Sie gehören Ihnen, Herr Graf, Ihnen allein«, wiederholte er einige Male mit kaum wahrnehmbarer Betonung. Bálint nahm das Angebot an und entfernte sich, das Bündel unter dem Arm. Der kleine, gedrungene Anwalt begleitete ihn bis zum Tor des Kirchhofs. Dort machte er noch drei Bücklinge, bis das Schloss zuklappte. Dann aber richtete er sich auf. Er rieb sich die kleinen, fetten Hände, und Freude glänzte in seinen Augen. Schadenfreude. Das war gut. Das war vorzüglich. Das ließ sich nutzen!
    Und während er in Richtung der froschgrün bemalten Säulen des Vorbaus zurückschritt, stellte er bereits Überlegungen an, wie Abádys Mutter einzuflößen sei, dass

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