Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)
Lächeln, ein leicht bitteres und leicht spöttisches Lächeln, und an der Stirn zeichnete sich eine tiefe Falte ab, die es dort zuvor nie gegeben hatte. Bálint fiel ein, dass Kadacsay sich letztes Jahr bei seinem Besuch in Dénestornya aus der Bibliothek einen Band Schopenhauer zur Abendlektüre erbeten hatte.
Was für ein heimlicher Kulturhunger steckte wohl in diesem immer reitenden, zu Scherzen immer aufgelegten Komödianten?
Zakata indessen hörte nicht auf, die Sage vom Krieg vorzutragen. Dazwischen lachte er immer wieder unbändig, konnte aber mit seiner Geschichte kein Ende finden. Unter allerlei Vorwänden erhob sich ein Gast nach dem anderen, bis zuletzt seine Töchter erklärten, dass es jetzt für ihn und für jedermann Schlafenszeit sei.
»Nun gut, meine Vögelein, gehen wir schlafen«, stimmte der alte Herr zu, »aber morgen erzähle ich euch den Rest. Ihr werdet sehen, die Begebenheit ist einmalig!«
Als die Männer sich zu den Gastzimmern begaben, legte Bálint die Hand auf Gazsis Schulter. »Es war sehr interessant, was du vorgetragen hast.«
Der andere jedoch wies das Kompliment zurück: »Dech alte Zakata hat Checht, das ist doch bloß so Eselszeug.«
Und er lachte linkisch, als schäme er sich dafür, über seine Denkweise etwas verraten zu haben.
III.
Nach den wenigen auf der Siebenbürger Heide verbrachten Tagen kehrte Bálint nach Dénestornya zurück. Der Székler Kongress sollte während der nachfolgenden Woche in Homoródfürdő eröffnet werden. Darauf bereitete er sich schon seit langem vor, und auch der Mutter hatte er einige Male darüber berichtet. So sollte es nicht auffallen, dass er sich von zu Hause wieder wegbegab. Er wäre auf jeden Fall verreist. Das Verhältnis zwischen ihm und der Mutter wurde allmählich immer gespannter. Vergeblich setzte Bálint ihr auseinander, was er in Kalotaszeg in der Sache der Genossenschaft verrichtet und für das Familiengut getan hatte, vergeblich flossen vom Forstbesitz zuvor niemals gesehene Gewinnsummen ein, vergeblich berichtete er über die Entwicklung und das Gedeihen der Mustergärtnerei und des Landwirtevereins in Lélbánya, die Mutter hörte sich all dies mit frostiger Miene an. Hie und da stellte sie eine Frage, sie tat, als wolle sie Interesse bekunden. Trotzdem war offenkundig, dass der Sohn, was er auch erzählen mochte, ins Leere sprach. Róza Abády hatte nur einen Gedanken, sie war sich einer einzigen Sache sicher, nämlich dass Bálints Wege stets dorthin führten, wo sich Adrienne Milóth befand, diese verwünschte Frau.
Ihr war tatsächlich alles bekannt, obwohl sie darüber kein Wort verlor. Ázbej hatte um den jungen Herrn sein Spionagenetz gewoben. Das war nicht schwer. Der Forstverwalter des Abády-Guts im Hochgebirge, der alte Nyiressy, konnte die vielen Neuerungen in seinem Reich, die Bálint eingeführt hatte, nicht verwinden. Er war bisher allmächtig gewesen, hinter seiner Meerschaumpfeife Herr über Leben und Tod. Jetzt hatte man ihm einen jungen Forstingenieur zur Seite gestellt, ohne den er nichts mehr unternehmen durfte. Dies war umso unerträglicher, als der neue Mann in das geräumige herrschaftliche Haus in Béles einzog, das Nyiressy während dreißig Jahren für seinen eigenen Sitz gehalten hatte. Zwei seiner Zimmer waren ihm weggenommen worden! Zwei Räume, in denen er bisher seine Gäste einzuquartieren pflegte. Mit dem Gemach, das für Bálint Abády reserviert war, handelte es sich also schon um drei Zimmer. Nun konnte er keine Besucher aus der Ferne empfangen, nur noch seine beiden Freunde, Gaszton Simó, den Notar von Gyurkuca, sowie den Direktor des staatlichen Sägewerks in der Nachbarschaft; sie wohnten selber im Hochgebirge. Aus größerer Distanz kam nun aber niemand mehr, denn es gab kein Zimmer, wo man hätte übernachten können. Nyiressy war nun nicht einmal mehr imstande, eine Tarockpartie zu organisieren. Ihm fehlte ebenso die Möglichkeit, fröhliche Gelage zu veranstalten, mit denen er früher sein einsames Leben zu würzen pflegte. So bat er um die Pensionierung und als Abfindung um das Herrenhaus der Abádys in Bánffyhunyad, das man bisher vermietet hatte. Der Wunsch war nicht unbeträchtlich, aber Bálint gab ihm statt, da er sich vom Verwalter reibungslos trennen wollte, und auch Gräfin Róza willigte ein, denn Ázbej hatte sich über das Haus sehr geringschätzig geäußert, und die Miete, die er abrechnete, war ohnehin bescheiden.
Folglich wohnte der alte Nyiressy seit dem
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