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Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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Richtung abgaben, rannten sie mit großen Sprüngen davon. Erst vor dem Tor sammelten sie alle Kraft und stürmten wie im Wirbelwind auf die Öffnung zu – die armen Hasen! –, die Geschwindigkeit bot ihnen die einzige Rettung.
    Freilich gab es unter ihnen welche, die sich duckten und die Treiber erwarteten, um sich dann zwischen ihnen durch eine Bresche den Weg zurück zu bahnen; es hieß, dies seien Weibchen. Man hatte angeordnet, diese Tiere ziehen zu lassen, sodass in der ersten halben Stunde nicht einmal Wuelffenstein es wagte, auf sie zu schießen, da er ja als Nebenmann des Hausherrn marschierte. Es gab sodann Hasen, die einen weiten Kreis beschrieben, um hernach in raschem Lauf auf die Mitte zuzuhalten. Gegen sie war eine mächtige Kanonade im Gang. Die meisten Tiere aber kamen zu den beiden Ecken, sodass Abády und neben ihm Wárday reichlich zu tun hatten. Die Sammler ihrer Beute, jeweils zwei Männer, paradierten stolz: Zehn bis fünfzehn Hasen hingen bereits an der Stange, die sie auf der Schulter trugen.
    Die riesigen Ackerflächen waren durch beschnittene Gleditschien-Hecken abgegrenzt, wo es für alle Jäger offene Durchgänge gab. Hatte man sie hinter sich, musste man warten, bis sich die Treiber neu formierten. Dann tönten die Hörner, und die Rufe erschallten: »Vyrovnate, chlapci!« – stellt euch auf, Burschen – hierauf ein neues Hornsignal, und abermals zogen alle los.
    Nun folgte ein Luzernenfeld. Kaum hatten es Bálint und seine begleitende kleine Dame betreten, als ihnen lautes Vogelgezwitscher entgegenschlug. Eine große Schar von Rebhühnern flog mit gewaltigem Gedröhn vor ihnen auf. Rasch beschrieben sie eine Linkskurve, und da der Wind aus Norden wehte, schwenkten sie in schwindelerregendem Tempo und in großer Höhe zurück, der Mitte zu. »Ach, wie schön sie sind!«, sagte Lili unwillkürlich und blickte ihnen nach. Die beiden verfolgten mit den Augen die Vogelschar nicht vergeblich; sie flog gerade auf Szent-Györgyi zu. Er pflegte auch darum den Platz in der Mitte zu wählen, weil Winter-Rebhühner, die schnellsten der einheimischen Vögel, zumeist da vorbeizogen. Wie der Sturmwind, so kamen sie geflogen. Vier Schüsse knallten, zwei nach vorn, zwei nach hinten gerichtet, und vier kleine Punkte stürzten vom Himmel zur Erde, wo sie sich bei der großen Geschwindigkeit einige Male überschlugen. Dies wiederholte sich mehrmals, und die Meisterschaft des Hausherrn als Schütze imponierte Abády dermaßen, dass in solchen Augenblicken nicht wenige Hasen an ihm vorbeihuschten und sich retteten.

    Ein Acker folgte dem anderen, Hecken und Baumreihen, einige von Mauern umgebene Meierhöfe, wie man sie in Österreich sieht, auch breite Hürden, wo Elektoral-Negretti-Schafe, Eigentümer der feinsten Wolle, stumpfsinnig das Heer der vorbeiziehenden Treiber bestaunten.
    Die Jagd unterschied sich bis dahin nicht von verschiedenen anderen, gut organisierten Treibjagden. Jetzt aber begann sich das Bild zu ändern. Einzelne Gruppen von Tannen standen inselartig inmitten der gut bestellten Äcker, wie in einem Park gepflanzt, am Ufer von Bächen wuchsen hohe italienische Pappeln, dichte Eichenreihen säumten die Senken der an beiden Seiten anstoßenden Magerwiesen, und all dies hatte man mit Sachkenntnis und dem Willen zu möglichst vielen Variationen geplant, wenn das Wild lief und die Vögel flogen. Die Hasen rannten tatsächlich nicht mehr so gleichförmig, sie verschwanden im Gebüsch, huschten an den Ecken vorbei, die Rebhühner, wie aus der Pistole geschossen, sausten über die Rabatten hinweg, und die aufflatternden Fasane stiegen turmhoch, um über die Pappelspitzen zu segeln und sich drüben ins Dickicht zu stürzen. Ein jeder Schuss war anders, jeder Treffer schön. Während die Schützen an den Ecken noch auf freiem Feld marschierten, verschwanden die sechs Jäger der inneren Front wiederholt in länglichen und schmalen Wäldchen. Auch hier wimmelte es überall von Hähnen; sie schwirrten und flatterten hin und her, und Hasen und närrische kleine Wildkaninchen schlugen im Unterholz blitzschnell ihre Haken; die Treiber wurden lebhafter. Der Wald widerhallte von ihren Rufen: »Zajac! Zajac! Nalavo! Napravo!« – Hase links, Hase rechts! Und da ein Hahn, dort ein Hahn – »Kohút!« Im Wald krachten auch die Büchsen lauter, schriller. Doch dies war nichts im Vergleich mit dem Geschrei, das plötzlich ertönte. Nachdem die Reihe der Jäger und Treiber abermals ein Roggenfeld hinter

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