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Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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kam wohl eher zufällig etwas herunter, und obwohl die beiden jungen Hausherren und Luika Kollonich als sehr gute Schützen galten, so fielen oft, vom verspäteten Schrot getroffen, nur Schwanzfedern herab, und unablässig tönten die Rufe: »Nalavo zajac« und »napravo« und Schnepfe, »zelenka«, und dann wieder »kohút« und »kohút« und »kohút« …
    Einzig Szent-Györgyi blieb so gemessen wie immer. Seine große, schmale Gestalt schien sich nicht einmal schneller zu bewegen. Seine drei Gewehre wurden pausenlos gewechselt, als ob ihm ein Uhrwerk zuarbeiten würde, und nach jedem seiner Schüsse, nach vorn und nach hinten abgegeben, stürzte ein Vogel; paarweise fielen sie, stets am Kopf getroffen, mit geschlossenen Flügeln in einem Bogen, wie auf ein Zauberwort von oben heruntergeholt: zwei rechts und zwei links. Ob er nach vorn schoss oder sich nach hinten wandte, er tat es stets gleich, mit einer unbeirrbaren Genauigkeit. Er war in solchen Augenblicken wahrhaftig eine königliche Figur.
    So dauerte es lange fort, bis sich dann gegenüber, unterhalb des Hügels, die bunte Schar der Treiberinnen zeigte. Jetzt rannten nur noch die Hasen wie wahnwitzig herum und fielen hin, stürzten manchmal auch in Haufen übereinander. Auch dies entsprach der Regel. So wie man die früh zurücklaufenden Hasen schonen musste, da sie Weibchen waren, so hatte man die in die Sperre geratenen Tiere abzuschießen, denn bei ihnen handelte es sich größtenteils um Männchen, von denen, da sie sonst Schaden anrichteten, nicht zu viele am Leben bleiben durften. Als dann die letzten Schüsse krachten, standen auch schon die Kaleschen bereit.

    Die schönen Apfelschimmel trabten in langsamem Takt zwischen den Scharen von Treibern, die sich am Straßenrand versammelt hatten. Eine Fasanenfeder ragte bereits auf der Mütze jedes Burschen empor, und als Slawatas Gefährt an ihnen vorbeizog, schwenkten sie gewaltig die Hüte und grüßten mit Hochrufen, war doch das der »pan Graf«, der die seltene Bestie, den Fuchs, getötet hatte. Vielleicht gab es aber auch einige, die ihn aus anderen Gründen feierten. Denn während Luika Kollonich sich fleißig damit befasst hatte, dem Gast zuvorzukommen und die zulaufenden Hasen abzuschießen, unterhielt sich Slawata dort in der linken Ecke mit den nächststehenden Treibern lieber über Politik – wenn auch nicht in deren Sprache, sondern auf Tschechisch. Und da die aus Mähren herübersickernde, antiungarisch ausgerichtete Sokol-Bewegung in Nord-Nyitra schon manchen Anhänger besaß, mochten diese zu den lautesten Hurrarufern gehören.
    Hinter seinen schweren Brillengläsern grüßte Slawata aus der Kutsche zufrieden zurück. Er freute sich nicht des Fuchses wegen. Er hatte dazu andere Ursachen. Auf den Feldwegen, am Waldrand oder bei einer Baumreihe war das Treiben oft zum Stehen gebracht worden, damit alle Zurückgebliebenen wieder aufschließen konnten. Dies ergab Gelegenheit zu längeren Gesprächen, namentlich über die Auswirkungen des Vorfalls in Rózsahegy.
    Dies war eine schlimme, eine unangenehme Angelegenheit. Die Volksstimmung hatte sich in den nordöstlichen Komitaten, wo bei den Wahlen zum ersten Mal Kandidaten slowakischer Nationalität aufgetreten waren, nicht aufgehellt. Die Zahl der politischen Prozesse nahm ständig zu. In diesem Jahr waren in der Region 33 Prozesse im Gang. Zweifellos nicht ohne Grund. Betrachten wir sie aber nicht nur juristisch, sondern prüfen sie auch mit Blick auf ihre politische Wirkung, dann lässt sich diese Art, Märtyrer zu schaffen, nicht gerade weise nennen: Die Betroffenen kamen mit einigen Monaten im gemütlichen Staatsgefängnis billig zur Märtyrerglorie. Nachdem aber die Regierung einmal den Weg der Repression betreten hatte, blieb ihr kaum mehr eine andere Wahl, und dies umso weniger, als die Bewegung immer kühner wurde, wie wenn sie von irgendwoher ermuntert würde. In diese bis zur Leidenschaftlichkeit gesteigerte Stimmung platzte die Rebellion von Csernova.
    Der in Rózsahegy amtierende Priester Hlinka 40 wurde aus disziplinarischen Gründen von seinem Bischof suspendiert, der vom gleichen Ort stammte. Der lokale Gerichtshof verurteilte ihn wegen Aufwiegelung. Als dann Hlinka in seinem Geburtsdorf, im benachbarten Csernova, eine auf eigene Kosten erbaute Kirche selber weihen wollte, sprach sein Bischof ein Verbot aus und ordnete an, dass andere Priester aus Rózsahegy hinzufahren hätten. Die Einwohner von Csernova gerieten in gewaltige

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