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Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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Haupttreppe hinauf, während sich durch das Tor die Menge der Gewehrlader und Jäger ergoss; sie brachten Waffen, Munitionssäcke und Kassetten, Jägerüberwürfe und Mäntel mit und verloren sich unter den hinteren Bögen des klosterartigen Hofes, wo die Bedienstetenwohnungen, die Reinigungsräume und die Gesindezimmer lagen.

    Die Hausfrau und ihre verwitwete Schwägerin empfingen die zurückkehrenden Gäste in dem kleinen Eckzimmer, das im Haus vielleicht der einzige einigermaßen modern eingerichtete Salon war. In allen übrigen dominierte das Rokoko nach dem Wiener Geschmack vom Ende des 18. Jahrhunderts, der sogenannte Maria-Theresia-Stil. Die Möbel in diesem kleinen Salon hingegen hatte sich das Gastgeber-Ehepaar bei seiner Heirat aus Paris kommen lassen. Sie trugen noch die Merkmale des Second Empire.
    Jeder Fauteuil, jedes Kanapee und auch die kleinen gepolsterten Stühle waren mit rotem Rips bezogen, und bei allen verlief ein breites, schwarz und golden gemustertes Band in der Mitte. Die Wände wiederholten das Bild, das gleiche Band bildete rund um den Saal eine Kante und ließ gesonderte Flächen entstehen. Es gab eine Unmenge von Familienporträts aus der jüngsten Zeit, unter ihnen auch die Siebenbürger Verwandten der Hausherrin; die Abádys: Tamás, ihr Großvater, ihr Onkel, Herr Péter als Aquarell, ihre Eltern, das Ehepaar Gyerőffy sowie die drei Geschwister, der arme Mihály Gyerőffy, der Selbstmord begangen hat, Ágnes, die spätere Frau Kollonich, und sie selber, Élize, als Kinder auf einem von Barabás 42 gemalten Gruppenbild.
    Miniaturen und unzählige Fotografien von Élizes Kindern und ihrem Ehemann sah man auf winzigen Ständern, ebenso kleine Souvenirs aus verschiedensten Zeiten und allerlei Vasen und viele Blumen – all dies auf Tischen, deren Samtdecken bis zum Boden reichten. Das Parkett selber war mit einem hohen, weichen Teppich ausgelegt. Gewiss, der kleine Salon mit der Unmenge von Gegenständen und den sich wölbenden Möbeln, die überall herumstanden, wirkte überfüllt, er war aber doch harmonisch und schön, heimatlich gemütlich wie ein weiches, warmes Nest.
    Frau Szent-Györgyi saß immer hier am Fenster, abgeschirmt auch noch durch einen zweifach verglasten Paravent. Denn sie war sehr kälteempfindlich. In den anderen Räumen erkältete sie sich sehr leicht. Im Herbst und im Winter verließ sie ihr Gemach nur zu den Mahlzeiten, und sie war nach dem Abendessen auch diesmal aus dem großen Wohntrakt gleich hierhergekommen. Außer Frau Illésváry befand sich noch Frau Wárday, die junge Klára Kollonich, in ihrer Gesellschaft. Da sie schwanger war, und zwar wohl schon über den sechsten Monat hinaus, hatte sie die Jäger nicht begleiten können, sondern bereits früher zusammen mit ihrer Tante das Gabelfrühstück eingenommen und hier auf die Rückkehr ihres Mannes gewartet.
    Die Gäste stellten sich einzeln ein, küssten der Gräfin die Hand, berichteten mit einigen Worten über die Ereignisse und schlenderten dann hinüber ins Esszimmer, wo sie sich ungezwungen zu Tisch setzten, gerade nur in der Reihenfolge, wie sie angekommen waren, denn dies war nur eine Art Imbiss – kalter Braten, warmer Pfannkuchen, Tee und Sherry –, sie hatten ja vor dem Aufbruch üppig getafelt, dies nun galt als eine Ersatzmahlzeit, die nach dem langen Marsch allerdings guttat.
    Szent-Györgyi verweilte länger bei seiner Frau. Er ging erst hinüber, nachdem er ausführlich alles erzählt hatte: Was hat sich abgespielt, wie ging es dabei zu, wer hat was und wie viel erlegt. Er sprach mit großer Zuneigung und brauchte Wörter einer Geheimsprache, an die sich Menschen zu gewöhnen pflegen, die immer zusammen sind und einander sehr innig verstehen.
    »Was du geschossen hast, das sagst du nicht. Natürlich hast du das meiste erlegt?«, warf die Frau lächelnd ein.
    »O nein. Bálint an der Ecke rechts, glaube ich, hat mehr an Stücken.«
    »Aber Fasane und Rebhühner? Lüg mir nicht!«, lachte die Frau.
    »Nun ja, bei denen liege natürlich ich vorn, aber in der Mitte kommen sie auch dichter …«, antwortete Szent-Györgyi, und er lachte selber über die eigene Art, den Bescheidenen zu mimen.
    Als er ins Esszimmer hinüberging, wo er stehend bloß eine Tasse Tee trank, wandte sich Imre Wárday an ihn: »Erlaubst du, dass ich mir, bevor es eindunkelt, deine Braunviehzucht anschaue? Für mich ist das sehr lehrreich.«
    »Aber freilich, verfüge über mich …«, antwortete Antal Szent-Györgyi

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