Versehentlich verliebt (German Edition)
geht um mich, um meine Dämonen und den Rest der Welt.
„Paris?“
„Ist doch eine aufregende Stadt und da du alleine nicht auf Streifzug gehen willst, würde ich dir gerne die schönsten Plätze zeigen. Irgendwann müssen wir ja anfangen. Deine Liste ist ziemlich lang.“
„Das ist ... ich meine ...“
Ich lasse die Blätter zwischen meine Finger gleiten und mir wird bewusst, wie nah dran ich bin, mich endgültig in ihn zu verlieben. Mir kommt dieser Reiseführer unglaublich vertraut vor. Ich habe ihn bearbeiten dürfen und kenne die meisten Sätze darin auswendig, aber jetzt fühlt es sich ganz anders als bei der Arbeit an. Seit Benny habe ich nur Männer kennen gelernt, die alle nett und charmant waren; aber kurz, bevor ich mein Herz verliere, machen sie etwas ganz furchtbar Dummes, was mich abschreckt. Ich zögere und dann ist es eigentlich vorbei. Jetzt ist es zu spät. Lukas kann nichts Dummes mehr machen. Ich weiß nicht, was ich sagen soll und so greift er nach dem Reiseführer.
„Ich habe mir mindestens sechs Stück angesehen, aber dieser hier ist der Beste. Hinten stehen die Hotels und Restaurants, die man nicht auslassen darf, die Sehenswürdigkeiten und natürlich die Geheimtipps von Insidern.“
„Ich weiß.“
„Oh nein! Du hast diesen Reiseführer bearbeitet?“
„Ja, aber ich nehme es als Kompliment.“
Ich lege meine Hand auf seine und er hält kurz inne. Er ist unsicher. Vielleicht hat er ja das falsche Geschenk gekauft oder vielleicht hat er mich gekränkt, weil es Städte sind, die ich nicht sehen werde. Aber so ist es nicht. Ich lächele ihn an und erkenne ein kleines Licht in seinen Augen. Wenn Menschen mit den Augen lächeln können, dann ist das so wunderbar. Ich kann mir dann sicher sein, dass dieser Mensch lebt. Er hat eine Seele. Das klingt idiotisch, aber so ist es doch. Ich muss spüren, dass es etwas gibt, was man mit jeder Faser seines Körpers entdecken will. So ein Gefühl habe ich jetzt. Genau in diesem Augenblick.
„So etwas hat noch nie jemand für mich gemacht.“
Er beugt sich etwas näher zu mir rüber und sein Lächeln wird etwas sanfter. Ich spüre ihn ganz nah, wie er durch mein Haar an mein Ohr flüstert.
„Dann hat noch nie jemand so genau hingesehen. Jeder, der an dir vorbeigelaufen ist, muss blind sein. Ich bin froh darüber, weil ich meine Chance nicht verpassen will.“
Ich schließe kurz die Augen. Diese Gänsehaut muss ich genießen. Ich überlege mir kurz, ob Lukas echt ist. Auf jeden Fall werde ich ihn eine kleine Weile für mich behalten, denn wenn ich es ausgesprochen habe, kann ich es nicht mehr zurücknehmen. Dann werden andere einen Teil von meiner Erinnerung an Lukas in Anspruch nehmen. Ich muss meine Gefühle, Gedanken und Erinnerungen mit irgendjemand teilen. Das wäre ja alles nicht so schlimm, aber noch immer bin ich mir nicht sicher, ob ich ihn jemals wiedersehen werde.
„Ich freue mich auf Paris.“
Wir verbringen eine ganze Weile damit, den Reiseführer zu durchblättern. Bei bestimmten Fotos und Berichten halten wir an, um uns Gedanken zu machen, in welcher Reihenfolge wir welche Plätze besuchen wollen. Er erzählt mir auch, dass er ein bisschen Französisch sprechen kann. Es reicht zumindest, um nicht völlig ahnungslos von Museum zu Museum zu stolpern. Paris ist mir plötzlich so unheimlich wichtig, dass ich es auch zu schaffen glaube: ich werde diese Stadt sehen! Dieses Gefühl hatte ich bisher noch nie.
Eine festliche Stimmung scheint sich auf den gesamten Flughafen auszubreiten. Sogar die wenigen, die noch meckernd an den Schaltern standen oder um schnelle Hilfe bettelten, sitzen inzwischen irgendwo in Decken gehüllt; einige telefonieren mit ihren Lieben daheim oder nehmen dankend die warmen Getränke an, die kostenlos verteilt werden. Ich lehne an Lukas' Schulter, genieße seine Nähe und kämpfe gegen die Müdigkeit an. Nicht einschlafen, Pippa. Nicht jetzt. Aber es wird immer später und früher oder später, werde ich den Kampf gegen die Müdigkeit ja doch verlieren.
Lukas zieht ein dickes Buch heraus, welches ich vorhin schon mal gesehen habe. Meine Telefonnummer steht auf dem Umschlag.
„Was wird das? Tobias Hobbit liest ausgewählte Stücke aus J.R.R. Tolkiens Herr der Ringe ?“
„Du willst es doch auch.“
Er scheint eine ganz bestimmte Stelle zu suchen. Ich habe Herr der Ringe aufgegeben, weil mir die Texte zu schwer waren. Außerdem fällt es mir schwer, mich in die imaginäre Welt von Mittelerde zu
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