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Verstand und Gefühl

Titel: Verstand und Gefühl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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und nur unter Schwierigkeiten konnte Elinor sie dazu bringen, ein paar der einfachsten Mittel einzunehmen.

|332| Kapitel 43
    Marianne stand am nächsten Morgen zu ihrer gewöhnlichen Zeit auf; auf jede Anfrage antwortete sie, daß es ihr bessergehe, und sie versuchte es sich zu beweisen, indem sie ihren üblichen Beschäftigungen nachgehen wollte. Doch nachdem sie den ganzen Tag damit verbracht hatte, zitternd mit einem Buch in der Hand am Feuer zu sitzen, gar nicht imstande, darin zu lesen, oder, erschöpft und matt, auf einem Sofa zu liegen, sprach sie nicht mehr viel von Besserung; und als sie schließlich zeitig zu Bett ging, da sie sich immer unwohler fühlte, war Colonel Brandon nur erstaunt über die Gelassenheit ihrer Schwester, die – obgleich sie Marianne gegen deren Willen den ganzen Tag betreut und ihr am Abend eine ordentliche Medizin aufgezwungen hatte   –, wie Marianne selbst, der Wirksamkeit eines guten Schlafes vertraute und keine wirkliche Besorgnis empfand.
    Eine sehr ruhelose Nacht mit hohem Fieber machte jedoch die Hoffnung beider zunichte; und als Marianne, nachdem sie darauf bestanden hatte, aufzustehen, schließlich zugab, daß sie nicht imstande sei, aufzubleiben, und sich freiwillig wieder ins Bett legte, war Elinor sehr bereit, Mrs.   Jennings’ Rat zu befolgen und nach dem Doktor der Palmers zu schicken.
    Er kam, untersuchte die Patientin, und obgleich er Miss Dashwood Hoffnung machte, daß ihre Schwester in ganz wenigen Tagen wiederhergestellt sein würde, versetzte er Mrs.   Palmer durch seine Erklärung, daß ihre Erkrankung eine Tendenz zur Diphterie habe, und dadurch, daß er sich das Wort
Infektion
entschlüpfen ließ, wegen des Babys augenblicklich in Schrecken. Mrs.   Jennings, die von Anfang an dazu geneigt |333| hatte, Mariannes Beschwerden ernster als Elinor zu nehmen, machte jetzt bei Mr.   Harris’ Bericht ein sehr ernstes Gesicht; und da sie Charlottes Befürchtungen und Vorsicht teilte, legte sie ihr eindringlich nahe, sofort mit dem Kind abzureisen; und obgleich Mr.   Palmer ihre Befürchtungen als unnütz abtat, konnte er sich der großen Besorgnis und den beharrlichen Bitten seiner Gattin schließlich nicht widersetzen. Ihre Abreise wurde deshalb beschlossen; und eine Stunde nach Mr.   Harris’ Erscheinen, brach sie mit ihrem kleinen Jungen und seiner Amme zu einer nahen Verwandten Mr.   Palmers auf, die ein paar Meilen jenseits von Bath lebte, wohin ihr Gatte ihr auf ihre dringenden Bitten in ein paar Tagen nachzukommen versprach – und wohin sie ihre Mutter fast ebenso dringend bat, sie zu begleiten. Doch Mrs.   Jennings erklärte in ihrer Herzensgüte, für die Elinor sie wahrhaft liebte, daß sie entschlossen sei, sich nicht von Cleveland fortzubegeben, solange Marianne krank sei, und sich mit ihrer eigenen sorgsamen Pflege zu bemühen, die Stelle ihrer Mutter bei ihr zu vertreten, der sie sie fortgenommen hatte; und Elinor fand in ihr bei jeder Gelegenheit eine bereitwillige und rege Gehilfin, die all ihre Mühsal mit ihr zu teilen wünschte und die oft wegen ihrer größeren Erfahrung in der Krankenpflege von großem Nutzen war.
    Die arme Marianne, matt und kraftlos durch ihre Krankheit und da sie sich ganz allgemein schlechtfühlte, konnte nun nicht mehr hoffen, daß sie am nächsten Tag wiederhergestellt sein würde; und der Gedanke, was der morgige Tag ihr ohne diese unglückselige Krankheit gebracht hätte, machte alle ihre Beschwerden noch schlimmer, denn an diesem Tag hätten sie ihre Reise nach Hause antreten sollen, und, auf ihrem ganzen Weg begleitet von Mrs.   Jennings’ Diener, hätten sie am darauffolgenden Vormittag ihre Mutter dann mit ihrem Kommen überrascht. Das wenige, was sie sagte, waren nur Klagen über diese unvermeidliche Verzögerung; doch Elinor versuchte, sie aufzumuntern und sie glauben zu machen – wie sie es zu der Zeit wirklich selbst noch glaubte   –, daß es nur eine sehr kurze Verzögerung sein würde.
    |334| Der nächste Tag brachte wenig oder keine Veränderung im Zustand der Patientin; ganz gewiß ging es ihr nicht besser, aber wenn es auch keine Besserung gab, so schien es doch auch nicht schlimmer geworden zu sein. Ihr Kreis war nun noch kleiner geworden, denn Mr.   Palmer wurde, wenn er auch sehr ungern fortging – sowohl aus echter Menschlichkeit und Gefälligkeit als auch, weil er nicht den Anschein erwecken wollte, daß er sich von seiner Gattin forttreiben ließ   –, schließlich von Colonel

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