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Verstand und Gefühl

Titel: Verstand und Gefühl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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daraus, wie mürrisch er zu ihr sei, da sie ja zusammenleben müßten. Unmöglich konnte es jemand geben, der noch gutmütiger oder noch fester entschlossen war, glücklich zu sein, als Mrs.   Palmer. Die ausgesuchte Gleichgültigkeit, Unverschämtheit und Unzufriedenheit ihres Gatten bereitete ihr keinen Kummer; und wenn er sie beschimpfte oder beleidigte, fand sie das höchst unterhaltsam.
    »Mr.   Palmer ist so komisch!« sagte sie im Flüsterton zu Elinor. »Er hat ständig schlechte Laune.«
    Elinor traute ihm nach ein wenig Beobachtung eigentlich nicht zu, daß er von Natur aus so ernstlich und ungerührt boshaft und unhöflich war, wie er zu erscheinen wünschte. Er mochte vielleicht ein wenig verbittert sein, weil er, wie viele seines Geschlechts, feststellen mußte, daß er – einer seltsamen Vorliebe für Schönheit wegen – der Gatte einer sehr |127| törichten Frau geworden war; aber sie wußte auch, daß diese Art Fehler zu sehr verbreitet war, als daß ein vernünftiger Mann auf Dauer Schaden daran genommen hätte. Sie glaubte, daß vielmehr der Wunsch, sich von anderen zu unterscheiden, die Ursache für seine verächtliche Behandlung aller und sein allgemeines Schimpfen über alles, was ihm begegnete, war. Es war der Wunsch, vor anderen Leuten überlegen zu erscheinen. Das gab es viel zu häufig, als daß man sich darüber wundern könnte; doch die Mittel, wie erfolgreich sie auch seine Überlegenheit an ungezogenem Benehmen beweisen mochten, würden außer seiner Frau kaum jemand für ihn einnehmen.
    »Oh, meine liebe Miss Dashwood«, sagte Mrs.   Palmer bald danach, »ich möchte Sie und Ihre Schwester um einen ganz großen Gefallen bitten. Würden Sie zu Weihnachten nach Cleveland kommen und dort einige Zeit mit uns verbringen? O ja, bitte – und kommen Sie, während die Westons bei uns sind. Sie können sich nicht vorstellen, wie glücklich ich sein würde! Es wäre ganz wunderbar! – Mein Lieber«, und sie wandte sich an ihren Gatten, »möchtest du nicht auch unbedingt, daß die Misses Dashwood nach Cleveland kommen?«
    »Aber gewiß«, erwiderte er mit einem spöttischen Lächeln, »ich bin mit keinem anderen Ziel nach Devonshire gekommen.«
    »Na bitte«, sagte seine Gattin, »Sie sehen, Mr.   Palmer erwartet Sie; Sie können es uns also nicht abschlagen.«
    Doch beide lehnten diese Einladung lebhaft und bestimmt ab.
    »Aber wirklich, Sie müssen und werden kommen. Ich bin sicher, es wird Ihnen ungemein gefallen. Die Westons sind dann auch bei uns, es wird ganz wunderbar werden. Sie können sich nicht vorstellen, was Cleveland für ein entzückendes Anwesen ist; und wir sind so fröhlich jetzt, denn Mr.   Palmer fährt ständig im Land umher und wirbt um Stimmen für die Wahl; und es kommen so viele Leute zu uns zum Dinner, die ich noch nie vorher gesehen habe, es ist ganz bezaubernd! |128| Aber, der Arme, es ist sehr anstrengend für ihn, denn er ist gezwungen, sich bei jedermann beliebt zu machen.«
    Elinor konnte kaum ernst bleiben, als sie ihr zustimmte, welche Mühe eine solche Verpflichtung mit sich bringen müsse.
    »Wie reizend es sein wird«, sagte Charlotte, »wenn er im Parlament ist! Nicht wahr? Wie es mich amüsieren wird! Es wird so absurd sein, alle Briefe an ihn mit einem M.P. auf der Adresse zu sehen. Aber wissen Sie, er sagt, er will meine Briefe niemals mit einem Freistempel frankieren. Er hat mir erklärt, das wird er nicht tun. Stimmt’s, Mr.   Palmer?«
    Mr.   Palmer beachtete sie nicht.
    »Er haßt es zu schreiben, wissen Sie«, fuhr sie fort; »er sagt, das ist ganz schrecklich.«
    »Nein«, sagte er, »ich habe niemals etwas so Unvernünftiges gesagt. Schieb mir nicht deine ganze ungereimte Ausdrucksweise in die Schuhe.«
    »Na bitte, da sehen Sie, wie komisch er ist. So ist es immer bei ihm. Manchmal spricht er einen halben Tag lang nicht mit mir, und dann kommt er mit etwas so Komischem heraus – was ihm gerade einfällt.«
    Als sie in den Salon zurückgingen, überraschte sie Elinor sehr mit der Frage, ob ihr Mr.   Palmer nicht ganz außerordentlich gefalle.
    »Gewiß«, sagte Elinor, »er scheint sehr liebenswürdig zu sein.«
    »Na, das freut mich sehr. Ich dachte es mir, er ist ja so freundlich; und Mr.   Palmer ist so entzückt von Ihnen und Ihren Schwestern, das kann ich Ihnen sagen; Sie haben keine Ahnung, wie enttäuscht er sein wird, wenn Sie nicht nach Cleveland kommen. Ich kann mir nicht vorstellen, warum Sie etwas dagegen haben

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