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Versteckt wie Anne Frank

Versteckt wie Anne Frank

Titel: Versteckt wie Anne Frank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Prins , Peter Henk Steenhuis
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Gericht zu bringen, die im Krieg mit den Nationalsozialisten zusammengearbeitet hatten. Maas wurde zu ein paar Monaten Haftstrafe verurteilt.
    Als er wieder freikam, mietete er ein Zimmer bei uns im Haus. Zu vielen Wohnungen gehörte damals noch ein Dachzimmer auf der vierten Etage. Ausgerechnet das bot die Mieterin unter uns Herrn Maas an. Um zu seinem Zimmer zu gelangen, musste er bei uns vorbeigehen. Als meine Mutter ihn das erste Mal nach oben gehen hörte, sprach sie ihn an: »Sie gehen nicht über meine Treppe, denn ich habe nicht vor, den Dreck eines NSB -Mitglieds wegzuputzen. Für Sie steht hier ein Beil bereit, und ich schlage Ihnen den Schädel ein, wenn Sie noch ein einziges Mal über meine Treppe gehen.«
    Herr Maas beklagte sich bei der Polizei. Ein paar Tage später klingelte ein Polizist an. »Stimmt es, dass Sie Ihren Nachbarn mit einem Beil bedroht haben?«
    »Ja«, sagte meine Mutter, »sehen Sie nur, hier steht es. Ich habe ihm gesagt, dass ich ihm den Schädel einschlage, sobald er über meine Treppe geht.«
    Darauf sagte der Polizist: »Wenn Sie mir versprechen, das Beil wegzuschaffen, sorge ich dafür, dass er Ihre Treppe nicht mehr benutzt.«
    Das machte er tatsächlich, der Mann bekam ein Zimmer in der Wohnung der Mieterin unter uns. Er ist nie wieder über unsere Treppe gegangen. Meine Mutter und er begegneten sich natürlich ab und zu unten im Treppenhaus. Dann ging sie nicht zur Seite, niemals. Er musste ausweichen.
    Das war nach dem Krieg, an die Zeit davor habe ich wenige Erinnerungen. Ich bin 1937 geboren und war eben erst drei, als der Krieg anfing 2 .
    Mein Vater, Salomon Meijer, war Straßenbahnschaffner in Amsterdam. Weil Juden, die bei der Stadt angestellt waren, von den Deutschen sofort entlassen wurden, verlor er als einer der Ersten seine Arbeit. Er musste in der Nähe von Staphorst im Waldbau arbeiten. Eines Tages durfte eine Gruppe von Arbeitern ein paar Tage nach Hause. Weil ein paar von ihnen flohen und untertauchten, fuhr der Zug mit der zweiten Gruppe zur Strafe nach Westerbork . Zu dieser Gruppe gehörte mein Vater.
    Meine Mutter, Esther Jas, hatte früher als Mützennäherin in einem Atelier gearbeitet, damit aber aufgehört, als sie heiratete. Als mein Vater nach Westerbork kam – woran ich keine Erinnerung habe –, hatten wir also kein Einkommen mehr. Ich vermute, der älteste Bruder meiner Mutter steckte uns in dieser Zeit ab und zu ein wenig Geld zu.
    Meine Mutter hatte einen vorausschauenden Blick: Wir tauchten unter, ehe die Jagd auf Juden wirklich in Gang kam. Zunächst versteckten wir uns bei meiner Tante Lena Talhuizen, bei der wir auf dem Dachboden schliefen. Aber das wurde schnell zu gefährlich. Wir waren nur ganz kurz dort. Mein Bruder und ich waren ohne meine Mutter untergetaucht, aber ich kann mich nicht erinnern, dass wir eines Tages Abschied nehmen mussten. Meine Mutter war im Untergrund tätig und wohnte mal hier und mal dort in der Stadt – bis sie geschnappt wurde.
    Sie wurde zum Hauptquartier des deutschen Sicherheitsdienstes gebracht. Anfangs wurde sie nur wegen ihrer Arbeit für den Widerstand verdächtigt, bis eine frühere Nachbarin von uns dort aufkreuzte. Sie verriet, dass meine Mutter Jüdin war, und erzählte auch gleich, sie habe zwei untergetauchte jüdische Söhne. Um unseren Aufenthaltsort herauszufinden, wurde meine Mutter schwer misshandelt. Aber sie konnte nicht erzählen, wo wir waren, weil sie es wirklich nicht wusste.
    Über den Utrechter Hauptbahnhof, auf dem sie mich rein zufällig noch kurz aus der Ferne zu sehen bekam, wurde sie später nach Vught transportiert, in ein Konzentrationslager bei Den Bosch. Später folgte auch noch Westerbork und am 5. September, dem Dolle Dinsdag ,dem Tag, an dem die Niederlande die Befreiung erwarteten, wurde sie nach Auschwitz deportiert.
    Ab dem Moment, als wir zum ersten Mal in die Hollandsche Schouwburg kamen, kann ich mich etwas besser erinnern. Ob wir zuvor verraten und anschließend verhaftet wurden, das weiß ich nicht mehr. Auch nicht, ob wir in einem Überfallwagen zur Hollandsche Schouwburg gebracht wurden. Ich erinnere mich vor allem an das gedämpfte Licht im Theater und an die roten Sitze, auf denen wir warten mussten. Genau wie die anderen Kinder wurden auch wir zum Kinderhort gegenüber gebracht. Mithilfe des Personals dort sind wir über die Gärten entwischt und wurden zu meiner Tante Lena gebracht, zur Nieuwe Herengracht.
    Sie war mit Eli Talhuizen verheiratet, einem

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