Verstehen Sie das, Herr Schmidt? (German Edition)
Ulbricht und die Kommunisten wollen. Darauf habe ich in ähnlicher Weise geantwortet und gesagt, es sei eigentlich zu bedauern, dass die Deutschen nie eine Revolution zustande gebracht hätten, die dieser Art von adligen Großgrundbesitzern die materielle Grundlage entzogen hätte. Das war spontan. Aber Guttenberg und ich sind später sehr gute Kollegen geworden.
Welcher SPD-Politiker konnte am einfachsten, aber auch am überzeugendsten zu den Menschen sprechen – Anwesende mal ausgenommen?
Unter den Sozialdemokraten gab es mehrere, die das konnten, insbesondere Ernst Reuter, der leider sehr früh, 1953, gestorben ist, aber auch Fritz Erler, der ebenfalls sehr früh gestorben ist, 1967.
Und unter den Unionspolitikern?
Strauß stand ganz zweifellos an erster Stelle, er war die größte Begabung. Jemanden wie Richard von Weizsäcker würde ich auch nennen. Natürlich hatte die damalige Opposition zwischen 1969 und 1982, als es sozialdemokratisch geführte Bundesregierungen gab, eine Reihe von tüchtigen Rednern. Manche leben inzwischen nicht mehr. Aber auf Parlamentsebene ragte Strauß durchaus heraus.
Haben Sie und Strauß sich eigentlich gemocht?
Gemocht ist vielleicht zu viel gesagt, aber wir haben uns auch privat ausgetauscht und unterhalten, und das nicht nur einmal.
Was deutsche Politiker heute auszeichnet, ist, dass sie sich mit Machtdemonstrationen in aller Regel zurückhalten und, gemessen an anderen Ländern, geradezu bescheiden auftreten.
Ich teile Ihre Einschätzung nicht. Wenn zum Beispiel die gegenwärtige Bundeskanzlerin wegen der Griechenlandkrise gleichzeitig erstens den Chef des Internationalen Währungsfonds, zweitens den Chef der Internationalen Handelsorganisation, drittens den Chef der Weltbank und viertens den Chef der Europäischen Zentralbank nach Berlin bittet, dann kann man das wirklich nicht als bescheiden bezeichnen.
Nehmen Sie nur die Ausstattung der Regierungsmitglieder, man gönnt sich hier viel weniger als etwa in Frankreich.
Ich hoffe, dass Sie recht haben. Aber es gibt auch andere Beispiele. Schauen Sie sich diesen hässlichen Bau des neuen Kanzleramts in Berlin an. Den finde ich gar nicht bescheiden, den finde ich sehr unbescheiden!
Wie fanden Sie Ihren Kanzlerbungalow?
Brauchbar.
Haben Sie darin auch selbst gewohnt?
Ja.
War er einigermaßen komfortabel?
Nein! (lange Pause)
Warum nicht?
Es war ein typischer Architektenbau – schön anzusehen, aber unpraktisch. Für Empfänge von Staatsgästen war der Kasten allerdings zu gebrauchen.
Sie haben immer wieder betont, dass Sie zum Leben nur wenig brauchen. Ist das ganz aufrichtig, oder sagen Sie das auch, weil man es von Ihnen erwartet?
Es ist erstens aufrichtig, und zweitens habe ich es nicht überbetont, sondern lediglich geantwortet, wenn ich danach gefragt wurde. Es ist ganz einfach: Es entspricht der Wahrheit.
Sie haben mal gesagt, Ihr Luxus sei auf den Besitz von Bildern und Büchern beschränkt.
Ja, das stimmt. Bilder insbesondere, seitdem mir die Musik versagt ist.
Wird es eines Tages ein Helmut-Schmidt-Museum geben, in dem Ihre Bilder ausgestellt werden?
Das wohl nicht, aber mein Haus, mit allem, was drin ist, allen Büchern und Bildern, gehört einer Stiftung, und die wird es sicherlich der Öffentlichkeit zugänglich machen, so ähnlich, wie es mit Adenauers Haus in Rhöndorf geschehen und wie es in Amerika schon seit langer Zeit für beinahe jeden Präsidenten üblich ist – aber in meinem Falle natürlich in sehr bescheidenem Rahmen.
Hat es Sie jemals gereizt, in die Wirtschaft zu gehen und viel Geld zu verdienen?
Nein, hat es nicht. Es war mir aber immer wichtig, im Alter versorgt zu sein. Deshalb wollte ich am Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre auch aus der Politik ausscheiden. Ich habe damals darauf spekuliert, dass mir schon irgendjemand eine Stelle in der Wirtschaft anbieten würde; und ich habe gehofft, dass diese Stelle es mir erlauben würde, im Rentenalter vom Ersparten zu leben. Das war in einer Zeit, in der es noch keine Abgeordnetenpensionen gab. Als sich das später änderte, habe ich nie mehr über eine Karriere in der Wirtschaft nachgedacht.
Es kamen ja dann auch die Einnahmen aus Ihren Reden und Büchern hinzu.
Ja, aber das war nicht mehr wichtig. Denn es gab inzwischen nicht nur eine ausreichende Pension für die Abgeordneten, sondern auch eine Pension für den ehemaligen Bundesminister und späteren Bundeskanzler. Da spielte das Geld für mich keine wichtige Rolle
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