Verstohlene Blicke - Erotischer Roman
irgendwie leidtat. Die Vergangenheit musste irgendwann vergangen sein, sie konnte nicht ewig aus diffusen Schuldgefühlen heraus Dinge tun, die sie nicht wirklich wollte. Sie musste an sich denken.
Cordula
Sie hatte gefühlte zwei Stunden vor dem Kleiderschrank gestanden, mindestens zehn komplette Outfits anprobiert und wieder verworfen. Jetzt war sie so schlau wie zuvor. Was sollte sie bloß anziehen? Auf ihrem Bett verteilte sich der Inhalt ihres halben Kleiderschranks. Um das Bett herum standen an die zwanzig Paar Schuhe. Verdammt, sie hatte keine Zeit mehr! Schließlich entschied sie sich für ein dunkelrotes körperbetontes Etuikleid, zu dem sie dunkelgrüne Nubukpumps und einen Seidenschal in derselben Farbe tragen würde. Das harmonierte mit ihren Katzenaugen, denen sie noch einen Hauch grünen Lidschatten verpasste. Ihre blonden Locken hatte sie mit einem grünen Samtband gebändigt. Nur einzelne Strähnen fielen ihr ins Gesicht und verliehen ihr einen mädchenhaften Ausdruck. Jetzt noch einen schwarzen Leinenblazer und ihre schwarze Clutch und ab ging’s.
Natürlich war sie wieder zu spät. Als sie das Luigi betrat, war es schon gut gefüllt. Während sie sich noch suchend umsah, erhob sich an den hinteren Tischen ein Mann und winkte ihr zu. War er das? Irgendwie konnte sich Cordula gar nicht mehr richtig an sein Gesicht erinnern. Außerdem beschlug gerade jetzt ihre Brille. Graue Haare hatte er gehabt, das wusste sie noch, und gerochen hatte er auch gut. Cordula, jetzt reiß dich mal zusammen, bevor du hier noch den ganzen Boden vollsabberst! Der Kellner kam zu ihr und geleitete sie zu dem Tisch, an dem Michael sie lächelnd mit einem Küsschen auf die Wange begrüßte. Er roch immer noch gut. Cordula sog den Duft aus markantem Männerparfüm, Rasierwasser und Eigengeruch tief ein. Sie liebte es, wenn ein Mann gut roch!
»Es freut mich sehr, Sie wiederzusehen.«
Sie? Wieso ging er zu dem förmlichen Sie über? Sie waren doch schon beim Du gewesen, oder? Cordula beschloss, sich davon nicht verwirren zu lassen. Dann würde sie ihn eben auch siezen. Er schob ihr den Stuhl zurecht und sie setzte sich.
»Nehmen wir einen Aperitif?«
Ja, am besten gleich eine ganze Flasche! Cordula brauchte dringend Alkohol, um wenigstens ein bisschen Lockerheit zu erlangen. Im Moment fühlte sie sich alles andere als wohl und sicher.
»Was mögen Sie?«
»Einen Aperol, bitte«, hauchte sie. Mein Gott, wo war ihre Stimme geblieben?
Michael bestellte beim Kellner zwei Aperol und reichte ihr die Karte. Hinter der konnte sie sich wenigstens verstecken, so groß war die. Als sie wieder auftauchte, sah sie in sein grinsendes Gesicht und entdeckte zwei Grübchen neben seinen vollen Lippen. Er schien sich seiner Wirkung auf Frauen bewusst zu sein, wahrscheinlich fielen sie scharenweise in seinem Dunstkreis in Ohnmacht.
»Was möchten Sie als Vorspeise?«
Hatte sie da eben irgendwas in der Karte gelesen? Wenn ja, war es in dem Moment ihrem Hirn entglitten, als sie seine sexy Stimme hörte. Er schien ihre Nöte zu ahnen, denn er schlug vor, dass sie sich eine Antipasti-Platte teilten.
Ich teile mit dir sogar meine Zahnbürste, wenn’s sein muss!
»Und was nehmen Sie als Hauptspeise? Der Fisch soll hier auch sehr gut sein.«
Fisch? Hm, warum nicht? Musste ja nicht immer Pasta sein. »Gern, ich mag Fisch!« Blöde Bemerkung. Er musste sie wirklich für schwachsinnig halten. Aber sein Gesicht verriet nichts. Weiterhin lächelte er wissend. Er weiß sicher auch, dass mein Höschen so nass ist, dass ich vermutlich einen dunklen Fleck auf dem Polster des Stuhls hinterlasse, wenn ich aufstehe.
Nachdem die Bestellerei abgeschlossen war, beschloss Cordula, ihm zu beweisen, dass sie in der Lage war, vollständige und grammatikalisch einwandfreie Sätze von sich zu geben. »Darf ich fragen, was du … äh … Sie beruflich machen?« Nun, ja, zugegeben, das war nicht besonders originell, doch originell, so beschloss Cordula kurzerhand, originell, das war heute nicht.
»Ich bin Drehbuchautor.«
Wow. Ein Künstler. Ein Geistesmensch. Ein Feingeist. Sicher sensibel und kommunikativ. Nicht so ein Schweiger, wie sie auch schon welche hatte. »Was für Filme schreiben Sie?«
»Alle möglichen. Vorabendserien, Tatorte , so was eben.«
Cordula staunte. Dann war es sogar wahrscheinlich, dass sie schon einen von den Filmen, für die er das Script geschrieben hatte, gesehen hatte. Nicht gerade die Vorabendserien, da saß sie meist noch in
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