Verstohlene Kuesse
uralten Legende Glauben schenken?«
»Ein Mitglied der Vanzagarianischen Gesellschaft«, erklärte Edison.
»Aber die Mitglieder dieser Gesellschaft sind doch sicher gebildete Gentlemen wie Sie, Sir. Sie sollten doch wissen, dass das Rezept nichts anderes als ein interessantes Stück alter Geschichte ist. Sicher würde doch keiner von ihnen einen Mord begehen, nur damit er es in die Hand bekommt.«
»Sie kennen die Mitglieder der Vanzagarianischen Gesellschaft nicht. Die meisten sind nichts weiter als begeisterte Schüler der Vanza-Philosophie. Aber einige haben sich derart in die Sache vertieft, dass sie jede Perspektive verloren haben. Sie glauben selbst den größten Unsinn, solange er auch nur im Entferntesten mit Vanza in Verbindung steht.« Edison blickte an dem Baum vorbei auf Lettys Haus. »Und in diesem Fall ist einer von ihnen sogar so weit gegangen, seiner Überzeugung wegen einen Mord zu begehen.«
Emma unterdrückte das Unbehagen, das sie bei diesen Worten befiel. Sie brauchte wirklich keine böse Vorahnung, stellte sie grimmig fest. Sie war auch so schon besorgt genug. »Tja, dann sehen wir die Sache besser von der positiven Seite, Sir. Falls diese geheimnisvolle Person Miranda wegen des Rezepts getötet hat und meint, mich zur Realisierung ihres Vorhabens zu brauchen, dann bringt sie mich sicher nicht um.«
»Das stimmt, aber vielleicht hat sie die Absicht, Sie zu kidnappen.«
»Oh.« Emma dachte kurz darüber nach. »Ich nehme an, dass Ihnen das nicht sonderlich gelegen käme, Sir.«
Er lächelte. »Ganz und gar nicht.« Sein Lächeln legte sich ebenso schnell wie es gekommen war. »Die Sache ist die, ich glaube nicht, dass Sie in Lady Mayfields Haus noch länger sicher sind.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Ich habe die Absicht, ein paar Detektive anzuheuern, die auf Sie aufpassen. Aber das wird nicht möglich sein, ohne dass ich zuvor Lady Mayfield davon in Kenntnis setze«, sagte er.
»Und wo sehen Sie da ein Problem?« Emma rollte mit den Augen. »Wie ich Letty kenne, fände sie das alles sicher herrlich aufregend.«
»Dagegen hätte ich ja nichts, aber ich bin sicher, dass sie die Sache nicht für sich behalten könnte. Noch vor Mitternacht wüsste die ganze Stadt darüber Bescheid. Aber falls meine Nachforschungen bekannt würden, wäre der Mörder gewarnt und würde sich aus dem Staub machen, ehe ich ihn ausfindig gemacht hätte.«
Emma nickte. Edison hatte Recht. Letty könnte der Versuchung, über diese Dinge zu sprechen, auf Dauer nicht widerstehen. »Ich verstehe, was Sie meinen.«
»Also muss ich einen anderen Ort finden, an dem Sie sicher sind.«
»Ich wünschte, Sie würden nicht von mir sprechen, als wäre ich irgendein wertvoller Stein, den man vor irgendwelchen Dieben schützen muss«, murmelte sie.
»Ah, aber Sie sind tatsächlich äußerst wertvoll für mich, Miss Greyson. Und ich möchte Sie nur ungern verlieren.« Sie wusste nicht, ob er sich einen Spaß mit ihr erlaubte, und so kam sie zu dem Schluss, dass sie am besten tat, als hätte sie diese Bemerkung nicht gehört. »Wollen Sie mich etwa auf eins ihrer Güter verfrachten so wie Swan?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, das wäre keine gute Idee. Wenn ich Sie fortschicken würde, käme der Mörder sicher zu dem Schluss, dass ich ihm auf den Fersen bin. Und dadurch würde er vielleicht etwas so Übereiltes tun wie aus dem Land zu fliehen.«
Sie breitete die Hände aus. »Es scheint, als würde durch mich alles furchtbar kompliziert. Was werden Sie also mit mir machen, Sir?«
»Das Praktischste wäre«, sagte er, »wenn Sie zu mir zögen.« Sie starrte ihn entgeistert an. »Nein. Vollkommen unmöglich. Das kann ja wohl nicht Ihr Ernst sein, Sir.«
Er sah sie fragend an. »Und warum nicht?«
»Warum nicht? Sind Sie vollkommen übergeschnappt? Ein Gentleman lädt nicht einfach seine Verlobte ein, zu ihm in sein Haus zu ziehen. Dann wäre ich in den Augen der Leute nichts weiter als Ihre Geliebte, und keine Referenz, egal, wie lobend sie auch wäre, würde einen solchen Makel jemals wieder wettmachen.«
»Emma -«
»Ich müsste meinen Namen ändern, mir die Haare färben und mir eine vollkommen neue Vergangenheit zulegen. Das wäre ziemlich kompliziert. Und dann muss ich auch an meine Schwester denken. Schließlich kann ich nicht einfach spurlos verschwinden und so tun, als gäbe es mich nicht mehr.«
»Emma, hören Sie mir zu.«
»Nein, ich höre ganz bestimmt nicht zu, wenn Sie versuchen, mich zu
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