Verstohlene Kuesse
Minute vorher noch hatte sie seinen Kuss mit einer Leidenschaft erwidert, die ihm die Knochen hatte schmelzen lassen, und im nächsten Moment hatte sie sich geweigert, auch nur darüber nachzudenken, ihn zu heiraten.
Er fragte sich, wann ihm selbst zum ersten Mal dieser Gedanke gekommen war. Es war, als hätte er die Idee bereits gehabt, als er ihr zum ersten Mal begegnet war.
»Ich bin sicher, es ist eine große Erleichterung für Sie zu wissen, dass ich tatsächlich nicht richtig mit Ihrem Enkel verlobt bin, Lady Exbridge«, sagte Emma in aufmunterndem Ton. »Ich spiele diese Rolle nur, um ihm bei der Suche nach einem Dieb behilflich zu sein.«
Am liebsten hätte Edison den Raum durchquert, sie auf die Füße gezerrt und ihr gesagt, dass die Leidenschaft, die sie füreinander empfanden, alles andere als unecht war.
»Aus Gründen, die offensichtlich sind«, fuhr Emma unbekümmert fort, »konnte ich diese Einzelheiten natürlich nicht erklären, als ich bei Ihnen zum Tee geladen war. Aber durch den Tod von Lady Ames ist die Situation gewissermaßen unhaltbar geworden.«
»Das ist noch milde ausgedrückt«, stellte Victoria trocken fest.
Edison drehte sich zu den beiden Frauen um. »Verdammt, ich habe Ihnen doch gesagt, dass es niemals funktionieren würde, Emma. Kommen Sie, wir gehen. Hier vergeuden wir nur unsere Zeit.«
Sie rührte sich nicht. »Also wirklich, Sir, das Mindeste, was Sie tun können, ist, Ihrer Großmutter ein wenig Zeit zu lassen, über die Angelegenheit nachzudenken. Wir sind schließlich ohne jede Vorwarnung hier aufgetaucht. Da braucht sie natürlich einen Moment, um sich die Sache zu überlegen. Meinen Sie nicht auch?«
Victoria bedachte sie mit einem eigenartigen Blick. »Sie sagen, mein Enkel hätte Sie angeheuert, um ihm bei der Suche nach diesem verschwundenen Buch behilflich zu sein?«
»Ja, Madam, ich sollte als Köder fungieren.« Emma sah sie mit einem traurigen Lächeln an. »Ich brauchte dringend eine neue Anstellung, und so habe ich den Posten angenommen, da Ihr Enkel mir eine sehr gute Bezahlung und ein ordentliches Empfehlungsschreiben versprach.«
»Ein Empfehlungsschreiben?« Victoria runzelte verständnislos die Stirn.
»Ich bin sicher, dass eine Referenz von einem Gentleman wie Mr. Stokes mir viele Türen öffnen würde, und da ich nicht weiß, wie lange ich noch warten muss, bis eine Investition, die ich getätigt habe, Früchte trägt, ist es möglich, dass ich mir einen neuen Posten suchen ...«
»Emma«, knurrte Edison. »Sie kommen mal wieder vom Thema ab.«
»Das stimmt«, pflichtete sie ihm zu seinem Erstaunen bei. »Nun, Madam, wie ich bereits sagte, ist die ganze Situation ziemlich verfahren, und Mr. Stokes ist der Ansicht, dass wir jemanden brauchen, dem wir vertrauen können, wenn wir mit unseren Nachforschungen fortfahren wollen. Da haben wir natürlich umgehend an Sie gedacht.«
»Hrumph.«
»Lady Mayfield ist eine Seele von einem Menschen, die uns, natürlich ohne es zu wissen, einen großen Dienst erwiesen hat«, fuhr Emma geradezu verwegen fort. »Aber wir wagen es einfach nicht, sie in unser Vertrauen zu ziehen. Ich bin sicher, dass Sie das verstehen.«
Victoria stieß ein undamenhaftes Schnauben aus. »Letty könnte noch nicht einmal dann ein Geheimnis bewahren, hinge ihr eigenes Leben davon ab. Sie ist eine unverbesserliche Klatschbase.«
»Ich fürchte, da haben Sie Recht, Madam.«
Victoria bedachte Edison mit einem rätselhaften Blick. »Und weshalb, wenn ich fragen darf, haben Sie beschlossen, mich in dieser Sache um Hilfe zu bitten?«
»Mr. Stokes hatte das Gefühl, dass er ein so bedeutendes Geheimnis nur einem Mitglied seiner eigenen Familie anvertrauen kann.« Emma machte eine Pause. »Und da Sie seine einzige Verwandte sind, haben wir uns folgerichtig umgehend an Sie gewandt.«
Edison wandte sich abermals dem Fenster zu. Er wartete nur darauf, dass Victoria lautstark verkünden würde, dass sie nicht im Geringsten verpflichtet war, ihm in irgendeiner Weise behilflich zu sein.
»Das erste, was wir tun müssen«, ordnete Victoria in strengem Ton an, »ist, eine ordentliche Schneiderin für Sie zu finden, Miss Greyson. Das einzige, was noch schlimmer ist als Lettys Geschwätzigkeit, ist ihr Kleidergeschmack. Der Ausschnitt des Kleides, das Sie tragen, sitzt viel zu tief.«
26. Kapitel
»Ich habe Ihnen doch gesagt, dass sie uns helfen würde«, stellte Emma selbstzufrieden fest, als sie später an jenem Abend mit Edison
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